Straubing

NGG: Beschäftigte mit Tarifvertrag verdienen im Schnitt fünf Euro mehr pro Stunde

(ra) Fünf Euro pro Stunde – so groß ist der statistische Unterschied bei der Bezahlung zwischen Betrieben mit und ohne Tarifvertrag. In Straubing macht das je nach Betrieb und Branche für einen Großteil der Beschäftigten ein Einkommensgefälle von monatlich mehreren Hundert Euro aus. Darauf hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hingewiesen.

„In tarifgebundenen Unternehmen verdienen Beschäftigte in Bayern laut Statistischem Landesamt im Schnitt 17,98 Euro pro Stunde. In Betrieben ohne Tarifbindung sind es nur 12,94 Euro“, so Kurt Haberl am Donnerstag gegenüber regio-aktuell24.

Der Geschäftsführer der NGG Niederbayern beklagt eine zunehmende „Tarifflucht“ vieler Unternehmen. Bundesweit verdienten lediglich 57 Prozent aller Vollzeit-Arbeitenden nach Tarif. Die Quote sinke seit Jahren. „Dabei zählt auch das Straubinger Gastgewerbe zu den traurigen Spitzenreitern, aber in der Industrie haben wir ebenfalls diesen Trend“, kritisiert Haberl.

Die NGG vertritt in Bayern die Interessen von gut 400.000 Beschäftigten in der Ernährungsindustrie, im Gastgewerbe sowie im Bäcker- und Fleischerhandwerk. Den letzten Tarifabschluss gab es in der Süßwarenindustrie: Hier handelte die Gewerkschaft eine Lohnerhöhung von 2,6 Prozent in diesem und weiteren 2,6 Prozent im nächsten Jahr aus. Haberl: „Das Ergebnis kann sich sehen lassen und bringt Gewerkschaftsmitgliedern ein sattes Plus. In unserer Region profitieren hiervon zum Beispiel die Beschäftigten bei Brandt Schokoladen.“

Ein Tarifvertrag bedeute nicht nur höhere Bezahlung mit mehr Weihnachtsgeld oder mehr Urlaubstagen, sagt Haberl. Er sorgt nach einer Untersuchung des WSI-Tarifarchivs auch für bessere Arbeitsbedingungen, eine höhere Zufriedenheit bei den Mitarbeitern und ein gutes Betriebsklima. „Das muss auch im Sinn der Unternehmen sein. Firmen, die nach Tarif zahlen, finden leichter Fachkräfte. Außerdem verhindern Tarifverträge einen Preiskampf nach untern und schieben der Schmutz-Konkurrenz einen Riegel vor.“

Nach Angaben der NGG seien die Unterschiede bei der Bezahlung besonders im Gastgewerbe immens. So bekommen Hotelfachleute, die nach Tarif bezahlt werden, etwa 21 Prozent mehr als ihre Kollegen ohne Tarifvertrag. Das ergab eine Umfrage der Plattform lohnspiegel.de. Demnach profitieren gerade Frauen: Sie haben für alle Branchen im Schnitt 9,2 Prozent mehr in der Tasche, wenn ihr Betrieb sie tariflich bezahlt.

Die NGG fordert die Politik auf, sich für eine stärkere Tarifbindung einzusetzen – sowohl bei der Bundestagswahl als auch bei der bayerischen Landtagswahl im nächsten Jahr. „Wer sich um die Zukunft der sozialen Marktwirtschaft sorgt, muss sich auch darum kümmern, dass die Sozialpartner gestärkt werden“, so Haberl. Unternehmen, die im Arbeitgeberverband seien, müssten dazu verpflichtet werden, sich an Tarifverträge zu halten.

Auch die Vergabe von öffentlichen Aufträgen solle an die Einhaltung von Tarifverträgen geknüpft werden. Durch höhere Einkommen spare der Staat etwa bei der Renten-, Kranken- und Sozialversicherung am anderen Ende enorme Summen ein. Haberl: „Tausende Tarifverträge allein in Bayern zeigen, wie gute Arbeit und faire Bezahlung aussehen – eine Win-win-Situation für die Beschäftigten und für die Wirtschaft.“