Anspruchsvoll, doch zauberhaft: die Main-Steigerwald-Route
(ra). Radeln bringt Erholung und fördert die Fitness. Vor allem, wenn der Weg quer durch eine wunderschöne Natur führt, hat auch die Seele etwas von dieser besonderen Freizeitbeschäftigung. Deutschland hält viele verschiedene ausgewiesene Radwanderwege bereit, eine davon ist die Main-Steigerwald-Route mit ihren zahlreichen landschaftlichen und kulturellen Highlights. Langweilig wird es auf dieser Strecke nie, eher kann der Adrenalinspiegel zwischendurch auch deutlich steigen.
Die Route entlang des Mains bis in die Tiefen des Steigerwalds ist gespickt von den unterschiedlichsten Sehenswürdigkeiten für jeden Geschmack. Nicht nur erklärte Freunde der heimischen Natur und der indirekt daraus resultierenden Weinkultur kommen hier auf ihre Kosten, sondern es locken auch Unterhaltung und Spektakel am Wegesrand. Stets begleitet von grünen Hügeln, saftigen Wiesen und üppigen Reben, gerät die Entertainment-Hochburg Bad Kissingen ins Visier.
Deutschlands beliebtester Kurort liegt zwar leicht abseits der Hauptroute, ist aber ohne Frage einen Abstecher wert. Ein interessanter Mix aus Entspannung und Abwechslung ist hier an der Tagesordnung, sogar ein ordentlicher Nervenkitzel steht mit auf dem Plan. Dafür sorgt die kurhauseigene Spielbank, die traditionell zum abendlichen Roulette-, Blackjack- und Pokerspiel einlädt. Das Pokern, das es in den unterschiedlichsten Varianten gibt, erfreut sich in diesem glamourösen Etablissement besonderer Beliebtheit. Da gerät es für ein paar fesselnde Stunden schnell in Vergessenheit, dass noch viele Kilometer Radweg in Richtung Nord-Osten zu bewältigen sind. Denn jetzt dreht sich erst einmal alles nur ums spielen, spielen, spielen.
Vom Motocross bis zum kulturellen Sightseeing
Insgesamt misst der Main-Steigerwald-Radweg knapp 70 Kilometer in der Länge. Er führt sowohl über Radwege als auch über Nebenstraßen, nicht nur vorbei an dem historischen Bad Kissingen, sondern auch an vielen anderen bezaubernden Orten. Der Startpunkt liegt in Sand am Main, ein 3.000-Seelen-Dorf mit eigenem Baggersee und einer Motorcross-Strecke. Dementsprechend liegen auch hier Idylle und Action sehr eng beieinander und der Radler kann es sich aussuchen, ob er für einige Zeit verweilt, die Wanderwege im Naturpark Haßberge nutzt oder direkt in die Pedalen tritt, ein anderes Ziel vor Augen. Jedenfalls reihen sich entlang der Strecke typisch fränkische Dörfer wie Perlen an einer Schnur, und irgendwo ergibt sich ganz sicher eine Möglichkeit zur gemütlichen Einkehr.
Spätestens in Oberschwappach betätigen die meisten Radler ihre Bremse, um das gleichnamige Schloss mit seinem liebevoll gepflegten Garten zu besichtigen. Das Gebäude stammt aus dem frühen 18. Jahrhundert und ist im üppigen Barockstil errichtet. Gleich darauf folgt Gerolzhofen mit seiner gut erhaltenen mittelalterlichen Altstadt. Die Architektur stammt teilweise aus dem 15. Jahrhundert und weist zahlreiche gotische Stilelemente auf. Das alte Rathaus brüstet sich beispielsweise mit markanten Treppengiebeln aus jener Epoche, die sich den Sieg über die starre Fassade auf die Fahnen geschrieben hat. Die alte Stadtmauer weist noch 10 hervorragend erhaltene, wehrhafte Türme auf, darunter das ehemalige Centgefängnis.
Der Wein: ein hohes fränkisches Kulturgut im Blick
Jetzt drängen sich die weitläufigen Weinanbaugebiete geradezu auf, überall wuchern sie, die stolzen, sonnenverwöhnten Reben. Inmitten dieser Pracht hat sich der Ort Oberschwarzach angesiedelt, ganz nahe am malerischen Grundsee. Die örtlichen Winzer lassen sich nicht lumpen, sie bieten ihren Gästen Führungen und Weinproben an. Der Frankenwein steht hier natürlich im Mittelpunkt des Interesses, denn er hat es zu weltweiter Berühmtheit geschafft. Wer trotz der bis dahin schon recht langen Radtour noch gut zu Fuß ist, der steigt hinauf zur Ruine Stollberg, nicht nur, um von dort oben die spektakuläre Aussicht zu genießen. Die Wanderstrecke trägt seit Neustem den offiziellen Namen „terroir f – Punkt“, denn hier gibt es jede Menge Know-how zur Weltgeschichte des Weinbaus einzuholen. Den Anfang machte Georgien vor rund 8.000 Jahren, weit entfernt von dem modernen, mechanisierten Anbau der Neuzeit.
Verschnaufpause zwischen trutzigen Stadtmauern
Dann geht es ganz gemütlich weiter, vorbei an kleinen Wäldchen und stillen Teichen bis nach Grosslangheim, wo die Reste eines historischen Wasserschlosses auf den Radfahrer warten. Die Ruinen liegen eingebettet in eine idyllische Parkanlage, die zum Flanieren einlädt. Hinter diesem Ort erstreckt sich der Stollberg mit seinen steilen Weinhängen: eine wunderbare Aussicht, nicht nur optisch, sondern auch kulinarisch. Die kleine Landstadt Mainbernheim hat ihre Wurzeln im 9. Jahrhundert, sie umgibt sich mit einer trutzigen Stadtmauer. Ganz standesgemäß wartet auch dieser Ort mit einer schönen Altstadt auf, die dazu einlädt, sich eine Pause bei einem leckeren Eis oder einem Gläschen Wein zu gönnen. Danach wartet als weiteres Leckerli die Weinstadt Iphofen, die Gelegenheit bietet, sich quer durch die örtliche Weinkarte zu probieren. Aber Achtung: Falls es am selben Tag noch weitergehen soll, ist Zurückhaltung gefragt, denn auch beim Radfahren sollte man möglichst nüchtern sein! Ansonsten bieten sich in Iphofen genügend Übernachtungsmöglichkeiten mit üppigem Frühstück, um Rausch und Kater glücklich zu überdauern.
In Mönchsondheim liegt das endgültige Ziel der Reise, doch dort angekommen, muss der Radfahrer gar nicht traurig sein. Denn bei diesem Ort handelt es sich um einen Stadtteil von Iphofen mit eigenem Freilandmuseum, dem Kirchenburgmuseum. Wer sich dafür entscheidet, durch die weitläufige Museumsanlage zu bummeln, erlebt hautnah ein altes fränkischen Dorf, lernt viele Details über das historische dörfliche Handwerk und – wie könnte es anders sein – begegnet auch wieder dem fränkischen Weinbau. Ein krönender Abschluss für eine Radtour tief ins Herz des Frankenlandes!