29. Juli 2025
Geld & Finanzen

Wenn Regeln lähmen: Was Wirtschaft wirklich wieder beweglich macht

(ra). Prof. Dr. Carolin Häussler, renommierte Wirtschaftswissenschaftlerin an der Universität Passau und Mitglied der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), hat kürzlich eine klare Botschaft gesendet: Deutschland verliert an wirtschaftlicher Beweglichkeit – nicht aus Mangel an Ideen, sondern wegen struktureller Bremsen. Ihre Warnung zielt nicht nur auf föderale Langsamkeit, sondern auch auf eine Förderlogik, die Innovation zu oft in Formularen und Prüfzyklen verliert.

Foto: Unsplash/Nicolas Arnold

Bürokratie koste nicht nur Zeit, sondern auch Vertrauen, so Häussler. Besonders betroffen: kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sowie forschungsnahe Start-ups, die zwar visionär denken, sich aber durch Antragsdschungel und Zuständigkeitswirrwarr kämpfen müssen. Diese Blockaden sind längst nicht mehr nur ein „gefühltes“ Problem – sie lassen sich an Innovationszahlen und Gründungsquoten belegen, die im internationalen Vergleich stagnieren.

Zwischen Amtsschimmel und Aufbruch: Beispiele aus Niederbayern

Ein Blick auf die regionale Wirtschaft zeigt: Auch in Niederbayern ist das Spannungsfeld zwischen Innovationsdrang und Regularien deutlich spürbar. Unternehmen, die etwa nachhaltige Materialien entwickeln oder in zirkuläre Produktionsprozesse investieren wollen, berichten regelmäßig von Wartezeiten, behördlicher Unsicherheit und unklaren Zuständigkeiten.

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Ein mittelständischer Betrieb im Landkreis Straubing, der auf biologische Verpackungslösungen spezialisiert ist, erhielt für seine Entwicklung erst nach zwei Jahren eine Innovationsförderung – obwohl das Projekt längst umgesetzt war. Eine andere Firma musste eine geplante Kooperation mit einer Hochschule abbrechen, weil steuerrechtliche Fragen ungeklärt blieben. Beide Fälle zeigen, wie fragile Fortschrittsprozesse sein können, wenn sie ständig zwischen Gremien und Genehmigungen pendeln.

Und dennoch gibt es Gegenbewegungen – dort, wo Menschen statt auf Förderbescheide auf Eigeninitiative setzen, Netzwerke schaffen und neue Kooperationsformen ausprobieren.

Innovationsschübe ohne Umwege: Quantenforschung in München

Während viele KMU in der Fläche noch mit administrativen Barrieren kämpfen, entstehen in Zentren wie München neue Innovationscluster. Besonders die Quantenforschung rund um das Munich Quantum Valley hat sich als Beispiel für dynamische Projektentwicklung etabliert – getragen von wissenschaftlichen Allianzen, agilen Unternehmen und klaren politischen Signalen.

Was dort auffällt: Die Wege zwischen Forschung, Anwendung und Markt sind kürzer. Statt monatelanger Bewilligungsphasen gibt es schnelle Pilotprojekte, modulare Fördermechanismen und flexible Partnerschaften. Diese Offenheit schafft Räume für Experimente – etwa in der Verbindung von Quantencomputing und Medizintechnik oder bei neuartigen Verschlüsselungssystemen.

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Auch hier zeigt sich: Wenn Regeln angepasst und Prozesse beschleunigt werden, kann Innovationskraft direkt wirken. Und zwar auch im engen Takt technologischer Entwicklungen, die sich nicht an Kalender der Bürokratie halten.

Abseits der Zentren: Digitale Beweglichkeit im ländlichen Raum

Nicht nur in Hightech-Clustern zeigt sich, was wirtschaftliche Beweglichkeit bedeuten kann. Auch kleinere Orte und Regionen setzen vermehrt auf digitale Eigeninitiativen. So entwickeln sich in niederbayerischen Gemeinden digitale Coworking-Hubs, lokale Plattformen für Austausch, oder neue Bildungsangebote abseits klassischer Schulformen.

Beispielhaft ist ein Projekt im Raum Deggendorf, bei dem sich Handwerksbetriebe mit Start-ups aus der Region zusammentun, um ihre Prozesse zu digitalisieren – ohne externe Berater, dafür mit selbst entwickelten Tools und regionalem Know-how. Diese Bewegungen entstehen meist dort, wo klassische Förderlogik nicht greift oder schlicht zu langsam ist.

Was viele dieser Projekte vereint: Sie funktionieren nicht nach den Regeln zentraler Planung, sondern basieren auf lokaler Initiative, Vernetzung und Pragmatismus. Und sie sind oft resilienter als erwartet, weil sie aus echtem Bedarf heraus entstehen – nicht aus Fördertöpfen.

Alternative Wirtschaftsräume: Wenn Symbolkraft mehr zählt als Formulare

Während große Wirtschaftsverbände über fehlende Planungssicherheit klagen und politische Maßnahmen oft Monate auf sich warten lassen, entstehen andernorts längst Gegenmodelle. Manche davon operieren außerhalb klassischer Rahmenbedingungen – etwa in digital vernetzten Communities, in denen Geschwindigkeit und Symbolwirkung mehr zählen als Gesetzeslage oder Förderbescheide.

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Besonders deutlich zeigt sich das in der Welt der Kryptowährungen (für mehr Infos: https://99bitcoins.com/de/krypto-kaufen/meme-coins/), wo Projekte innerhalb weniger Tage Millionen mobilisieren, auf kollektive Trends reagieren und sich in ständiger Bewegung befinden. Dass darunter auch Phänomene wie Meme Coins fallen, unterstreicht, wie stark sich ökonomische Dynamik derzeit von klassischen Wachstumslogiken entkoppeln kann.

Diese Parallelräume sind nicht notwendigerweise stabil oder langfristig tragfähig – doch sie zeigen, dass sich wirtschaftliches Handeln längst nicht mehr nur in der Sprache von Businessplänen und Rechtsformen ausdrückt. Vielmehr entstehen hybride Formen aus Hype, Technologie und Community, in denen Regeln sekundär sind.

Beweglichkeit braucht mehr als Deregulierung

Die Hoffnung, dass weniger Regeln automatisch zu mehr Innovation führen, greift dennoch zu kurz. Wirtschaftliche Beweglichkeit entsteht nicht durch Regellosigkeit – sondern durch Verlässlichkeit, Transparenz und die Fähigkeit, schnell auf neue Bedingungen zu reagieren. Dazu gehören klar kommunizierte Verfahren ebenso wie der Mut, starre Förderarchitekturen aufzubrechen und individuelle Lösungen zuzulassen.

Prof. Häussler spricht nicht von einem Rückzug des Staates, sondern von einem mentalen Wandel: weg von Misstrauenslogik, hin zu einem Klima, in dem Experimentieren kein Risiko, sondern eine Ressource ist. Wer wirtschaftliche Dynamik will, muss nicht nur Vorschriften anpassen – sondern Denkweisen. In der Region genauso wie auf Bundesebene.