Landkreis Landshut

Landratsamt Landshut schiebt einen geduldeten Familienvater ab

„Grausamkeit kennt bei Abschiebeinteressen keine Grenzen. Hier wurde der Schutz von Ehe und Familie mit Füßen getreten“, so am Freitag Jana Weidhaase vom Bayerischen Flüchtlingsrat, nachdem bekannt wurde, dass am Morgen kurz vor Inkrafttreten des Chancenaufenthaltsrechts durch das Landratsamt Landshut ein geduldeten Familienvater nach Sierra Leone abgeschoben worden ist.

Der Familienvater wurde am Morgen vom Münchner Flughafen abgeschoben, obwohl er vom Chancenaufenthalt profitieren würde. Dieses tritt voraussichtlich Anfang 2023 in Kraft. Die Abschiebung kam für die Familie völlig überraschend. Laut einem Rechtsanwalt erfüllt Herr K. alle Voraussetzungen für das Chancenaufenthaltsrecht. Herr K. lebt aber vor allem mit seiner Familie in Deutschland. Diese zu schützen und den Kindern das Recht auf ihren Vater zuzugestehen ist eigentlich unstrittig. Dennoch lehnte das Verwaltungsgericht einen Eilrechtsschutz gegen die Abschiebung am Freitagfrüh ab, der die Abschiebung jetzt noch verhindern hätte können. Dagegen wird jetzt eine Beschwerde eingelegt.

Der Rechtsanwalt hatte zudem die Ausländerbehörde des Landratsamt Landshut bereits darauf aufmerksam gemacht, dass Herr K. vom Chancenaufenthalt profitieren werde. Herr K. lebt seit mehr als fünf Jahren in Deutschland. Er hinterlässt hier seine Familie (schwangere Lebensgefährtin und drei Kinder) mit einem Aufenthaltsstatus aus humanitären Gründen. Zudem hatte die Familie letztes Jahr einen großen Schicksalsschlag erfahren. Das jüngste Kind war im Beisein der Mutter verstorben. Die Familie ist noch in Trauer und Herr K. unterstützt seine Lebensgefährtin und die Kinder in dieser enorm schweren Krise. Die gestrige Verhaftung ihres Lebensgefährten führte dazu, dass die Mutter stationär psychiatrisch behandelt werden muss.

Für das leibliche gemeinsame Kind und das noch ungeborene Kind, welches im März 2023 zur Welt kommen soll, liegen Vaterschaftsanerkennungen und Sorgeerklärungen vor.

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Seine Identität war bereits während des Asylverfahrens geklärt. Ein Pass lag vor. Er hatte sich bereits zur freiwilligen Ausreise entschieden, da ihm jegliches Aufenthaltsrecht bisher verwehrt wurde. Nur eine Terminvereinbarung in der deutschen Botschaft für das Visumsverfahren war seit September noch nicht möglich.

Bereits im August wurde ein dreifacher Familienvater nach Sierra Leone abgeschoben, weil er nicht das geforderte Visumsverfahren zur Familienzusammenführung nachgeholt hatte. Herr E. wurde im Sommer nach mehrmonatiger Haft und psychisch krank aufgrund der Inhaftierung, abgeschoben, obwohl seine Lebensgefährtin und die drei gemeinsamen Kinder mit Flüchtlingsschutz hier leben. Er kümmerte sich aktiv um die Kinder, unterstützte die Frau in der Erziehung und Sorge als auch finanziell. Anfang 2022 entzog ihm die Ausländerbehörde zusätzlich die Beschäftigungserlaubnis und damit jede finanzielle Grundlage für eine Ausreise und das Visumsverfahren mit Rückkehroption.

„Erneut erleben wir hier, wie Menschen, die ohne Zweifel vom geplanten Chancenaufenthaltsrecht profitieren werden, bewusst kurz vorher noch abgeschoben werden“, so Jana Weidhaase vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Statt eine Vorgriffsregelung zu erlassen, wie andere Bundesländer, schiebt Bayern rigoros ab“, kritisiert Weidhaase weiter.