Kommentar: Die Türken haben gewählt – Die Türkei hat sich von der Demokratie verabschiedet

Das Ringen um die Zustimmung, dass Recep Tayyip Erdoğan, der Präsident der Türkei, noch mehr Befugnisse bekommen soll, hat am Ostersonntag seinen Höhepunkt erreicht. Von den in Deutschland lebenden Türken haben 63 Prozent dafür gestimmt, dass sich Erdoğan zum Hitler am Bosporus entwickeln kann. Im eigenen Land fand er lediglich eine Zustimmung von 51,4 Prozent. Nach demokratischem Verständnis reicht es für Erdoğan aus, seine Macht entscheidend auszuweiten.

Der Narzist Erdoğan wird die Türkei jetzt komplett neu gestalten. Jedoch nicht nach modernen Gesichtspunkten, sondern nach einem herrschaftlichem, diktatorischem Prinzip. Funktionen in der Gerichtsbarkeit werden genauso durch ihn bestimmt, wie er Oberbefehlshaber des Militärs sein wird. Wer soll da noch eine Handhabe gegen seinem Willen haben? Das Volk ab wenigsten. Sie werden ihm komplett ausgeliefert sein.

Sieht man sich das Wahlergebnis in den einzelnen Regionen an, dann stellt man unweigerlich fest, dass in Grenzgebieten, insbesondere auch in den vom Tourismus geprägten Gebieten, das Referndum gegen Erdoğan ausgefallen ist. Ja, die Menschen in diesen Regionen haben in den letzten Jahren erkannt, was es heißt, in den internationalen Wirtschaftsmarkt eingebunden zu sein.

Ihre Stimme reichte aber nicht. Der Tourismus – das zeigen heute schon die Umfragen bei deutschen Reisebüros – bricht in diesem Jahr gewaltig ein. Schon an Ostern waren viele Hotels kaum – teilweise sogar überhaupt nicht – gebucht worden. Der Sommer dürfte für sie katastrophal werden. Aber Hauptsache Recep Tayyip Erdoğan und seine Familie können ihrer Macht frönen. Es geht ausschließlich um ihren Egoismus.

 Johann Haas