Fahrbericht Suzuki Vitara S: Dem Benziner wird jetzt Druck gemacht
(amp) „Darf’s ein bisschen mehr sein?“ Das fragten sich Autotester vor gut acht Monaten, als Suzuki seinen neuen Vitara nach Deutschland brachte. Das moderne Auto mit vielen guten Eigenschaften konnte für Benziner-Kunden nur einen etwas schmalbrüstigen Saugmotor bieten. Jetzt gibt es die dritte Antriebsvariante, weniger Hubraum, dafür aber Turbodruck.Der neue Vierzylinder leistet 103 kW / 140 PS und kommt dabei sogar mit weniger Drehzahl aus als der Saugmotor.
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Aber es sind, wie sich in der Praxis schnell zeigt, nicht die 20 Pferdestärken allein, die den Unterschied machen. Es gibt diesen Motor nur in Verbindung mit Allradantrieb und dazu noch eine umfangreiche Ausstattung. Schließlich soll auch der Preis von 26 790 Euro gerechtfertigt werden, der um 1200 Euro höher liegt als der des vergleichbaren Vitaras mit 1,6-Liter-Benziner.
Mit dem Start des kompakten SUV kann Suzuki mehr als zufrieden sein. Der Newcomer erreichte in Deutschland auf Anhieb Platz zwei der Beliebtheitsskala der Marke, überflügelte mit mehr als 5600 Neuzulassungen in nur neun Monaten sogar die Modelle SX4 und SX4 Classic zusammen. Mit einer Außenlänge von 4,18 Metern sortiert sich der Vitara und damit auch der „S“ rund fünf Zentimeter oberhalb des Renault Captur ein, zum Skoda Yeti fehlen ihm diese fünf Zentimeter. Stattlich wirkt der Suzuki dennoch, denn er ist immerhin mehr als 1,60 Meter hoch. Das Design ist eher zurückhaltend, nimmt vorsichtige Anleihen am Range Rover Evoque und der Wagen kommt standardmäßig auf 17-Zoll-Leichtmetallfelgen angerollt. Die Frontpartie ist gegenüber dem horizontal betonten Kühlergrill der beiden anderen Modelle von fünf bumerangförmigen Einlegern dominiert, daneben fallen die LED-Scheinwerfer auf, die ebenfalls Serie sind.
Was für den Vitara S spricht, ist sein vergleichweise geringes Gewicht. Trotz reichhaltiger Ausstattung und Allradantrieb bringt er nicht mehr als 1285 Kilogramm auf die Waage, was zum Beispiel rund 180 Kilo weniger sind als beim Yeti 4×4 mit 1,4-Liter-Motor. Der Captur ist etwa 100 Kilo leichter als der Vitara S, hat aber keinen Allradantrieb. Die Gewicht sparende Bauweise, die der Verbrauchsminderung dienen soll, hat allerdings einen Preis, den man mit jedem Zuschlagen der Türen bezahlt. Sie klingen dünn und blechern.
Gar nicht dünn ist, was der Motor zu bieten hat. Er ist nicht nur laufruhig und drehfreudig, sondern hat auch das zupackende Wesen, das man beim 1,6-Liter-Sauger vermisst. Um das volle Drehmoment von 156 Newtonmetern auszupacken, braucht der nämlich 4400 Kurbelwellen-Umdrehungen. Ein Wert, den man für eine wirtschaftliche Fahrweise besser meiden sollte. Der Vitara S bringt satte 64 Newtonmeter mehr an die Kurbelwelle und das sogar schon ab 1500 Touren. Kein Wunder, dass man ihn als deutlich temperamentvoller, agiler und sportlicher wahrnimmt. Den Biss des Diesel-Vitaras hat er allerdings nicht, denn der mobilisiert sogar 320 Newtonmeter.
Dank der gesteigerten Durchzugkraft, kann der „S“ sehr schaltfaul gefahren werden. Eine Schaltpunktanzeige ist dabei behilflich, die wirtschaftlichste Übersetzung zu finden. Eine Start-Stopp-Automatik hilft außerdem beim Spritsparen, nur bei Frost nimmt sie sich gern mal frei. Um ihre Vorzüge voll auszuschöpfen, muss der Motor warm gefahren sein. Reizt man ihn mit dem Gaspedal, schiebt er den Fünftürer 1,2 Sekunden schneller auf 100 km/h als der Sauger und in der Endgeschwindigkeit übertrifft er ihn sogar um 20 km/h. Übertroffen wurde erwartungsgemäß auch die Verbrauchsangabe des Herstellers. Nach EU-Norm kommt der Vitara S im Schnitt mit 5,4 Liter Super je 100 Kilometer aus, in diesem Test waren es 7,1 Liter.
Suzuki tritt eher selten mit Styling-Experimenten in Erscheinung, weshalb der Innenraum als klassisch-konservativ und funktionsorientiert anzusehen ist. Einzige Extravaganz, die sich die Designer erlaubten, sind die farbig eingefassten Lüftungs-Ausströmer sowie die Analog-Uhr, die in verschiedenen Ausführungen – unter anderem auch mit japanischen Schriftzeichen – bestellt werden kann. Darunter prangt als Sieben-Zoll-Touchscreen die Kommandozentrale für Kommunikation und Unterhaltung sowie für das serienmäßige Navigationssystem. Weil in diesem Bereich auf Schalter und Knöpfe gänzlich verzichtet wurde, muss man zum Beispiel die Lautstärkeregelung mit einer Wischbewegung auf der Schaltfläche vornehmen. Das ist eher lästig, weshalb der Fahrer oder die Fahrerin wohl bald dazu übergehen werden, es über die Lenkradtaste zu erledigen. Die Menüführung ist verschachtelt und bedarf einiger Übung, die Kopplung eines Telefons gelingt nicht immer im ersten Anlauf.
Als Bestandteil der serienmäßigen Sicherheits-Ausstattung liefert Suzuki eine Radar gestützte aktive Bremshilfe mit, die als Kollionswarner gute Dienste leistet, aber in Einzelfällen auch irritieren kann. Auf einigen abschüssigen Teststrecken nahm das Radar die vor dem Fahrzeug liegende Senke als Hindernis wahr und gab Alarm – darauf sollte man vorbereitet sein. Bergan- und –abfahrhilfe, Rückfahrkamera, Licht- und Regensensor, Nebenscheinwerfer, akustische Parkhilfe sowie Isofix-Kindersitz-Befestigungen gehören ebenfalls zum Lieferumfang.
Das hohe Dach sorgt dafür, dass sich weder vorn noch hinten die Passagiere beengt fühlen müssen. Jedoch lassen 2,50 Meter Radstand keinen Raum für üppige Beinfreiheit hinten. Nutzt der Fahrer seine Sitzschiene komplett aus, bleiben zwischen Rücklehne und Sitzpolster des Hintermanns 16 Zentimeter. Wer als Koffer mitreist, hat mehr Platz. Die Ladefläche misst nach Umlegen der Rücksitze bis zu 1,73 Meter, sie hat keine störenden Absätze und steigt lediglich zu den Vordersitzen hin etwas an. Die Ladekante ist mit etwas mehr als 70 Zentimetern erfreulich niedrig, während die Klappe ruhig eine Idee weiter aufschwingen könnte. Viele Menschen sind heute größer als 1,85 Meter und holen sich ungern Beulen am Klappenschloss.
Lenk-Genauigkeit und Federungskomfort sind guter Durchschnitt. Das Fahrwerk vermittelt die nötige Robustheit, die ein Fast-Geländewagen jenseits befestigter Wege besser haben sollte. Allerdings ist die Bodenfreiheit nicht auf Ausflüge in grobes Gelände ausgelegt. Dort wäre dann die „Lock“-Funktion des Allradantriebs angebracht. Bei den Fahrversuchen mit diesem Testwagen brachte die Automatik-Funktion des 4×4-Antriebs die besten Ergebnisse. Der Slalom auf schneebedeckter Fläche verlief erstaunlicher Weise stabiler als in der „Snow“-Stellung des Wahlschalters. Im täglichen Betrieb sollte man nicht vergessen, dass das Programm beim Ausschalten der Zündung wieder in den Automatik-Modus wechselt.
Fazit: Mit der Erweiterung der Motorenpalette geht Suzuki auf die Kunden zu. Der Vitara S macht das Modellangebot attraktiver. Wer mangels jährlicher Fahrleistung auf den (teureren) Diesel verzichten will, andererseits aber etwas Temperament und Dynamik von seinem kompakten Suzuki-SUV erwartet, wird an dem 140-PS-Modell die gesuchte Freude finden. Der Vitara S ist zudem umfangreich ausgestattet und bietet deshalb auch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Technische Daten: Suzuki Vitara S
Länge x Breite x Höhe (m): 4,18 x 1,78 x 1,61
Radstand (m): 2,5
Motor: R4-Benziner, 1373 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 103 kW / 140 PS bei 5500 U/min
Max. Drehmoment: 220 Nm bei 1500-4500 U/min
Kraftübertragung: Sechsgang-Schaltgetriebe, Allrad
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 10,2 Sek.
Verbrauch (Durchschnitt nach EU-Norm): 5,4 Liter
Testverbrauch: 7,1 Liter
Effizienzklasse: C
CO2-Emissionen: 127 g/km (Euro 5)
Leergewicht / Zuladung: 1285 kg / max. 520 kg
Kofferraumvolumen: 375–1120 Liter
Max. Anhängelast: 1200 kg
Wendekreis: 9,56 m
Bereifung: 215/55 R 17
Basispreis: 26 790 Euro
Testwagenpreis: 28 468 Euro