Aus dem Gerichtssaal

Arbeitsamt betrogen – Aber wer hat das Fahrrad gestohlen? – Zwei blaue Augen für Angeklagten

(jh) Eines war am Ende einer zweistündigen Verhandlung am Amtsgericht unbestritten: Michael T. (27) hat das Arbeitsamt um 670 Euro beschissen. Er war im vergangenen Jahr einen Monat lang bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt und hat dies dem JobCenter nicht mitgeteilt. Am Dienstag hat er dafür die Quittung bekommen: In Einbeziehung einer früheren Strafe wurde er zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt. „Im Zweifel für den Angeklagten“ urteilte das Gericht beim zweiten Anklagepunkt, dem Diebstahl eines Fahrrades. 

„Ich glaube Ihnen Ihre Geschichte nicht. Aber ich kann Ihnen die Schuld nicht nachweisen“. Schweren Herzens sprach der Vorsitzende Richter Michael T. bezüglich dem Vorwurf, im April vergangenen Jahres auf dem Gelände einer Firma in Geiselhöring ein rund 1.500 Euro teures Fahrrad geklaut zu haben, frei: „Ich habe Sie freigesprochen, aber nicht weil ich von Ihrer Unschuld überzeugt bin.“

Für den 27-jährigen Angeklagten ging es am Dienstag um eine Menge. Nach mehreren Vorstrafen – er musste auch ein paar Jahre eine Jugendstrafe absitzen – stand eine erneute Freiheitsstrafe im Raum. Der Staatsanwalt hatte zwei Anklagepunkte angeführt: Michael T. hatte im Frühjahr einen Monat lang bei einer Zeitarbeitsfirma gearbeitet und während dieser Zeit – auch später nicht – dem JobCenter dies nicht mitgeteilt. Nein, im Gegenteil. Er hat das Arbeitslosengeld II genauso eingesteckt, wie den Lohn seines Arbeitsgebers. Außerdem soll er in der Nacht zum 18. April auf dem Gelände eines Unternehmens in Geiselhöring ein Fahrrad im Wert von rund 1.500 Euro gestohlen haben.

Das Arbeitsamt zu bescheißen so gut wie nicht möglich. Spätestens beim Datenausgleich bezüglich Kranken- und Rentenkasse kommt der Betrug zu Tage. So auch bei Michael T.. „Ich wollte schon dem Arbeitsamt mitteilen, aber ich habe hart gearbeitet, bin heimgekommen, habe gegessen und anschließend gleich geschlafen. Da habe ich es vergessen.“ Aber ansonsten gestand er, den Betrug gegenüber dem JobCenter uneingeschränkt. Die Beweislast war auch unumstritten.

Anders bei dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass Michael T. ein Fahrrad gestohlen haben sollte. Obwohl genau zu diesem Zeitraum der Angeklagte über eine Zeitfirma bei dem Unternehmen in Geiselhöring arbeitete, wo auch das Rad entwendet wurde, gab Michael T. an, über Ebay-Kleinanzeigen – wo er öfters Käufe tätigt – das Gefährt erworben zu haben. Ein „Daniel aus Aiterhofen“ hätte das Fahrrad für 500 Euro ihm verkauft. Es gab nichts Schriftliches, nicht einmal Internet-Daten. Stattdessen sprang seine 19-jährige Freundin in die Presche. Sie will die Übergabe des Fahrrades beobachtet haben. Näher beschreiben könne sie den „Daniel aus Aiterhofen“ aber nicht. Dass Geld den Besitzer gewechselt hätte ebenfalls nicht.

Nach dem Erwerb habe er das Herrenfahrrad, welches für seine Freundin bestimmt war, an mehreren Stellen umgebaut. Räder, Sattel und andere Dinge wurden ersetzt. Als er dann kurze Zeit später wieder einmal finanziell klamm war, verkaufte er das Rad an einen Bekannten für 1.000 Euro. Nicht schlecht staunte dieser dann, als er im Straubinger Stadtbereich von der Polizei und dem eigentlichen Radbesitzer angehalten und das Gefährt beschlagnahmt wurde.

Der Deal mit dem Bekannten war schriftliche belegt gewesen. Diesen bestritt der Angeklagte auch nicht. Aber er wollte den Diebstahl des Rades nicht gestehen. Er blieb vielmehr bei seiner „Daniel aus Aiterhofen“-Geschichte. Am Schluss war sich wohl der Staatsanwalt sicher, dass Michael T. das Fahrrad gestohlen hatte, und forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Michael T.’s Verteidiger zweifelte zum einen an, dass das Fahrrad tatsächlich dem im Prozess erwähnten Besitzer gehöre, und beharrte auf der Einlassung seines Mandanten, das Vehicle über Ebay-Kleinanzeigen rechtmäßig erworben zu haben, und plädierte bezüglich diesem Anklagepunkt für einen Freispruch.