War es Mord oder Notwehr?
(jh) Wurde der 69-jährige Peter v. U. aus Grafentraubach bei Laberweinting (Landkreis Straubing-Bogen) von seiner Frau ermordet (61) oder hat sie ihn aus Notwehr getötet? Am Montag haben am Landgericht Regensburg Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Plädoyers gehalten. Während die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe fordert, plädierten die drei Verteidiger von Cheryl v. U. auf Freispruch. Das Urteil soll am Freitag gefällt werden.
Die Leiche von Peter v. U. war am 25. November 2018 von Spaziergängern im Böhmerwald gefunden worden. Der zunächst unbekannte Tote lag sieben Meter von einem Wanderweg entfernt im Wald bei Nová Pec: nackt und zahnlos. Zehn Wochen später wurde die Witwe – Mutter von zwei erwachsenen Töchtern – festgenommen. Cheryl von U. wurde vorgeworfen, ihren Mann im November 2018 aus Habgier erdrosselt zu haben.
Über ein Jahr hat die Polizei ermittelt. Dann hat die Staatsanwaltschaft Regensburg Anklage gegen die Kinderzahnärztin Cheryl von U. aus Laberweinting erhoben. Darin wird ihr vorgeworfen, im November 2018 ihren Ehemann Peter ermordet zu haben. Über die Eröffnung des Hauptverfahrens soll in den nächsten Monaten entschieden werden. Am 19. März begann vor dem Landgericht Regesnburg der Mordprozess.
Am Montag sind nun die Plädoyers gehalten worden. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Verurteilung der Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Sie hatte bereits kurz nach der Tat bei der Polizei eingeräumt, ihren Mann mit einer Drahtschlinge (Garotte) erdrosselt zu haben. Dies sei aber ihrer Aussage zufolge aus Notwehr geschehen, denn sie sei vorher von ihrem Mann mit der Drahtschlinge bedroht worden. In einem Kampf habe sei es ihr gelungen, ihren Mann zu überwältigen und dann zu töten. Eine Notwehr konnte der Staatsanwalt jedoch nicht erkennen. Stattdessen gibt es Suchanfragen im Internet, die auf ein geplantes Vorgehen hindeuten. Die Angeklagte habe seiner Aussage nach deutlich versucht, die Tat zu verschleiern. Das Motiv sieht die Staatsanwaltschaft darin, dass die Frau bei einer Scheidung einen hohen finanziellen Schaden gehabt hätte. Die Angeklagte sei deshalb wegen Mordes aus Habgier zur lebenslangen Strafe zu verurteilen.
Noch nicht geklärt werden konnte bisher, wer der Angeklagten bei der Beseitigung der Leiche geholfen hatte. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagte die Leiche ihres Mannes nicht alleine ins Auto gepackt und nach Tschechien gebraucht habe. Im Visier der Ermittler seht Gärtner-Ehepaar, das für die Angeklagte auf dem Anwesen in Grafentraubach gearbeitet hatte und nach der Tat ungewöhnlich hohe Summen von der Angeklagten bekommen haben soll.
Die Verteidigung pladierte am Montagnachmittag auf Freispruch. Den Mord-Vorwurf der Anklage haben die drei Verteidiger in ihren Plädoyers zurückgewiesen. Eine Tat aus Habgier liege nicht vor, so eine Anwältin, denn die Angeklagte sei finanziell unabhängig gewesen. Außerdem habe sie hohe Einnahmen zu erwarten gehabt und hätte somit auch nach einer Scheidung keine finanziellen Schwierigkeiten gehabt. Die beiden anderen Verteidiger gingen auf die Beziehung des Ehepaars ein, wobei die Angeklagte enorm unter ihrem aggressvien und gewalttätigen Mann gelitten hätte.
Der Getötete haben „wie die Made im Speck“ vom Geld der Angeklagten gelebt. Deshalb hätte sich die Angeklagte auch von ihrem Mann trennen wollen. Dies wollte ihr Mann aber verhindern, sei aggressiv geworden und habe im Haus randaliert. Eine Notwehrsituation sei durchaus denkbar, so einer der Anwälte. Sollte das Gericht dennoch von einem Totschlag ausgehen, liege nach Ansicht seiner Kollegin lediglich ein minderschwerer Fall vor. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Angeklagte massiv unter ihrem Mann zu leiden hatte. In diesem Fall könne höchstens eine Freiheitstrafe von fünf Jahren ausgesprochen werden, führte die Anwältin an.