Neues und Wissenswertes über das Superorgan Darm
(ra) Mit einem Informationsabend zum Thema „Darm – verschlungene Geheimnisse“ hat sich die Klinik Mallersdorf am Dienstag an der Themenwoche des bayernweiten Klinikverbunds Klinik-Kompetenz-Bayern beteiligt. Im voll besetzten Klinikspeisesaal referierten Chefärztin Dr. Claudia Schott von der Inneren Medizin, Gastroenterologie und Chefärztin Annette Buchert von der Allgemein-, Viszeral- und minimal invasiven Chirurgie.

Dr. Schott gelang es, ihre Begeisterung für den Mikrokosmos Darmflora auf das Publikum zu übertragen. Sie skizzierte die Besiedelung der Darmschleimhaut von Geburt an, idealerweise durch Kontakt mit den gesundheitsfördernden Bakterien aus dem Geburtskanal. Verschiedene weitere Keime kommen über Nahrung, Luft und Umwelt über die Jahre hinzu und vermehren sich, bis sie gemeinsam rund 3 Kilogramm auf die Waage bringen.
Vielversprechendes aus der Darmforschung
„Das Mikrobiom ist bei jedem Menschen einzigartig wie ein Fingerabdruck“, erklärte die Gastroenterologin. Sie stellte Darmkeime von freundlich über lästig bis feindlich vor. Kritisch betrachtete sie die Wirkung von Antibiotika auf die Darmflora und gab Tipps, diese durch begleitende Einnahme von Prä- und Probiotika zu schützen. In der Darmforschung habe die Stuhlübertragung, zunächst bei Mausexperimenten, inzwischen auch am Menschen, vielversprechende Erkenntnisse geliefert. Demnach stehen Krankheiten wie Parkinson, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Adipositas und auch Depressionen in engem Zusammenhang mit dem Mikrobiom.
„Was Sie anpflanzen, gedeiht auch.“
Trotz genetischer Veranlagung lasse sich die Zusammensetzung des Mikrobioms auch aktiv beeinflussen: „Das, was Sie in Ihrem Garten anpflanzen und pflegen, gedeiht auch“, stellte Dr. Schott fest und empfahl: „Überlegen Sie gut, was Sie sich mit Ihren Essgewohnheiten heranzüchten.“ Fett- und zuckerverwertende Kulturen wachsen bei ungesunder Ernährung übermäßig heran und fördern über Botenstoffe sogleich den Appetit nach immer mehr davon: „ein Teufelskreis“. Umgekehrt begünstigt eine ausgewogene, gesunde Ernährung die Lust auf ebendiese. „Von der Mikrobiom-Pille, die gesund oder schlank macht, sind wir leider noch weit entfernt“, schränkte die Chefärztin ein – verbunden mit der Hoffnung, „dass die Darmforschung in Zukunft einen ebenso hohen Stellenwert wie die Hirnforschung erlangen sollte“.
Mechanische, entzündliche und bösartige Darmleiden
Entsprechend der vielfältigen Aufgaben des Darms gibt es verschiedenste Krankheitsbilder, für die nach Ausschöpfung konservativer Therapien moderne chirurgische Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Diese stellte Chefärztin Buchert vor. Bei kritischen Verwachsungen, Verdrehungen und Bauchwandbrüchen aller Art sei die operative Behandlung das Mittel der Wahl, um die Verdauungswege und deren Durchblutung sicherzustellen. Moderne Bauchspiegelungstechnik, inzwischen auch mit 3D-Bildgebung, eigne sich besser als offene Operationen, um erneuten Verwachsungen vorzubeugen.
Gut leben mit kürzerem Darm, aber nicht mit Darmverschluss
Während „ein Darmverschluss nicht mit dem Leben vereinbar ist“, könne man mit der Entfernung bestimmter Darmabschnitte gut leben. „Die häufigste entzündliche Darmerkrankung ist die Blinddarmentzündung“, berichtete die Viszeralchirurgin. Dickdarmabschnitte werden gelegentlich bei gutartigen oder entzündlichen Darmerkrankungen entfernt, insbesondere, wenn die Krankheitsschübe die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Als Beispiel nannte die Chefärztin schwere Verläufe der Divertikelkrankheit und von Morbus Crohn. Bei Darmkrebs werden zwar zur Verhinderung eines Wiederauftretens größere Darmabschnitte inklusive versorgender Blut- und Lymphgefäße entfernt, doch auch hier stelle sich die Verdauung schnell auf die verkürzte Darmpassage ein, so dass ein künstlicher Ausgang die Ausnahme bleibt. Die Rundumversorgung an der Klinik Mallersdorf reicht bei Darmkrebs von der endoskopischen Früherkennung mittels Darmspiegelung über die operative Behandlung, bedarfsweise Chemotherapie, Psychoonkologische Betreuung und Qualitätszertifizierung durch das Westdeutsche Darm Centrum seit 2012.