Im Kreis Straubing-Bogen profitiert Hälfte der Beschäftigten nicht vom Teilzeit-Gesetz
(ra) Mal etwas weniger arbeiten, um Zeit für Kinder, Angehörige oder auch sich selbst zu haben – danach aber wieder voll in den Beruf einsteigen: Für Tausende Beschäftigte im Kreis Straubing-Bogen soll das ab 2019 per Gesetz möglich sein. Tatsächlich dürften jedoch 15.400 Arbeitnehmer im Landkreis nicht vom sogenannten Rückkehrrecht in Vollzeit profitieren – weil ihr Betrieb weniger als 45 Mitarbeiter hat. „Das sind 50 Prozent aller Beschäftigten, an denen das Gesetz komplett vorbeigeht“, kritisiert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Niederbayern. In der Stadt Straubing dürften 12.000 Arbeitnehmer nicht vom sogenannten Rückkehrrecht in Vollzeit profitieren. Das sind 35 Prozent aller Beschäftigten.
Die NGG beruft sich dabei auf aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit. Ein Großteil der Beschäftigten in Bäckereien und Metzgereien dürfte danach nichts von der geplanten Brückenteilzeit haben. Im Gastgewerbe wären laut Statistik im Kreis Straubing-Bogen sogar 75 Prozent des Personals vom Gesetz ausgenommen.
Auf die Untergrenze von 45 Beschäftigten hatte sich die Große Koalition verständigt. Die Unionsparteien setzten sich in diesem Punkt gegen die SPD durch. Das Gesetz soll noch im Oktober den Bundestag passieren. „In den vielen Kleinbetrieben im Handwerk und in der Gastronomie ist die Teilzeit-Novelle damit reine Makulatur“, sagt NGG-Geschäftsführer Kurt Haberl. Er ruft die heimischen Bundestagsabgeordneten dazu auf, sich in Berlin für Änderungen am Gesetz stark zu machen. „Die Einschränkung für kleine Betriebe muss wegfallen“, so Haberl. Denn die Idee der Reform gehe in die richtige Richtung: „Tausende wünschen sich mehr Souveränität bei der Arbeitszeit.“
Hinzu kommt: Rund 11.400 Beschäftigte im Kreis Straubing-Bogen arbeiten bereits jetzt in Teilzeit. Nach Angaben der Arbeitsagentur ist ihre Zahl in den letzten zehn Jahren fast um die Hälfte gestiegen. „Diesen Menschen bringt das Gesetz auch keine Verbesserungen“, bemängelt Haberl. Denn einen Anspruch auf eine Vollzeit-Stelle habe nach den Plänen der GroKo nur, wer vorher schon einmal in Vollzeit gearbeitet hat. Das sei aber in vielen Branchen die Ausnahme. So liegt die Teilzeitquote hier laut Statistik bei 37 Prozent. In Hotels, Pensionen und Restaurants ist der Anteil mit 69 Prozent besonders hoch.
Nach Einschätzung der NGG hilft das Gesetz auch kaum gegen Altersarmut, von der Frauen besonders häufig betroffen sind. „Denn Frauen arbeiten überdurchschnittlich oft in Kleinbetrieben – oder haben seit vielen Jahren nur einen Halbtagsjob“, so Haberl.