(ra) Fachkräftemangel prägt vielerorts den Gesundheitstourismus. Der European Campus Rottal-Inn (ECRI) der Technischen Hochschule Deggendorf (THD) hat deshalb in einem dreijährigen INTERREG-Projekt nachhaltige Strategien erarbeitet, um länderübergreifend Fachkräfte zu gewinnen. Partner waren der Bezirk Niederbayern, die FH Gesundheitsberufe OÖ GmbH und die Gasteiner Kur-, Reha- und Heilstollen Betriebsgesellschaft FlexCo. Das abschließende Netzwerk-Treffen am Donnerstag im Artrium in Bad Birnbach dokumentierte zentrale Erkenntnisse und den Stand der Zusammenarbeit.

Nach drei Jahren Laufzeit kommt das grenzübergreifende INTERREG-Projekt „WORK FORce HEALTH & TOURISM“ zum Abschluss. Unter dem Titel „Gemeinsam zurückblicken & vernetzt vorausdenken“ zogen die beteiligten Partner im Artrium in Bad Birnbach ein positives Fazit. Das Projektteam führten (von links) Prof. Dr. Christian Steckenbauer, Sebastian Markov, Corinna Pippirs (alle ECRI), Franz Altmannsperger und Nadja Lill (Bezirk Niederbayern), Michaela Tauber und Maga Heidelinde Fröller (FH Gesundheitsberufe OÖ) sowie Ralf Pade und Christoph Köstinger (Gasteiner Kur-, Reha- und Heilstollen Betriebsgesellschaft FlexCo). – Foto: ECRI/THD

Projektfokus: Bindung statt Rekrutierung

Der offizielle Titel lautet „Nachhaltige Strategien zur Fachkräfteentwicklung in Thermen- und Gesundheitsdestinationen in Bayern und Österreich.“ Die Forschenden stützten ihre Arbeit unter anderem auf mehrere Befragungen mit insgesamt über 4000 Teilnehmenden. Corinna Pippirs (ECRI) brachte das Ergebnis auf einen zentralen Punkt: „Die eigentliche Herausforderung besteht weniger in der Rekrutierung von Fachkräften, sondern in ihrer Bindung an Unternehmen.“

Als wesentliche Ursachen einer sogenannten Fachkräfteresignation nannte Pippirs unzureichende Bezahlung, geringe Wertschätzung und schlechte Arbeitsbedingungen. Entsprechend setzt die Empfehlung des Projektteams nicht bei kurzfristigen Kampagnen an, sondern bei den Bedingungen im Arbeitsalltag.

Was Betriebe verändern sollen

Konkret rät das Projektteam dazu, Wertschätzung im Unternehmen zu steigern, ein angemessenes Gehalt zu bieten sowie persönliche Aufstiegs- und Entwicklungsperspektiven sicherzustellen. Ein ähnliches Bild zeige sich bei Auszubildenden: Den Untersuchungen zufolge stehen „gute Entwicklungsmöglichkeiten, Wertschätzung sowie Work-Life-Balance“ hoch im Kurs.

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Für Führungskräfte formulierte Pippirs einen Leitsatz, der auf Kultur und Kommunikation zielt: „Echte Veränderung beginnt mit ehrlichem zuhören.“ Speziell für internationale Mitarbeitende empfiehlt die Forschergruppe ein Buddy-Programm, also das gezielte Einsetzen von Willkommensbotschafter*innen.

Pilotansatz für Physiotherapie und Studienangebote

Sebastian Markov (ECRI) berichtete über einen Pilotversuch, gemeinsam mit der Agentur für Arbeit beziehungsweise der europäischen Plattform EURES benötigte Physiotherapeut*innen aus dem EU-Ausland zu rekrutieren. Bei Mangelberufen bleibe dies allerdings schwierig, so Markov. Als weiterer Ansatz wurden gezielt eingerichtete Studiengänge genannt, darunter „Business Administration and Service Management“ an der THD, die einen Beitrag zur Entlastung leisten sollen.

Netzwerk soll über Projektende hinaus wirken

Auch wenn das Projekt Ende 2025 offiziell ausläuft, wollen die vier Hauptakteure zusammen mit Kooperationspartnern und dem aufgebauten Netzwerk die gesetzten Impulse fortführen. Als Rahmen dafür wird der bereits bestehende Europäische Verbund für territoriale Zusammenarbeit (EVTZ) genannt, in dem der European Campus und die Fachhochschule Oberösterreich grenzüberschreitend kooperieren.

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Als stellvertretender EVTZ-Direktor fungiert Dekan Prof. Dr. Christian Steckenbauer, auf ECRI-Seite der dritte im Bunde beim INTERREG-Projekt. Er bezeichnete die Initiative als „wegweisend dafür, die Fachkräfteentwicklung nachhaltig in Angriff zu nehmen“. Zudem unterstrichen die Partner die Notwendigkeit eines gemeinsamen Vorgehens, wie Pippirs formulierte: „Wir brauchen eine grenzübergreifende Allianz für die Region, um passgenaue, lokale Lösungen zu finden.“

Förderung und weiterer Hintergrund

Kofinanziert wird das Projekt von der Europäischen Union im Rahmen des INTERREG VI-A-Programms Bayern-Österreich 2021–2027, einem von 73 grenzübergreifenden Förderprogrammen zur Europäischen Territorialen Zusammenarbeit (ETZ). Für die Projektlaufzeit stehen den ausführenden Partnern bis zu 885.390 Euro zur Verfügung, was bis zu 75 Prozent der Gesamtkosten von rund 1,18 Mio Euro abdeckt. Weitere Informationen: https://th-deg.de/work-force-health-tourism