Chinesische Billigprodukte: Vorsicht vor Online-Shops aus Fernost
(ra) Von Luxusprodukten bis zu billigen Konsumartikeln: Plattformen wie Temu, AliExpress und Shein fluten den europäischen Markt mit Billigprodukten aus China. Die Shops sind insbesondere bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen extrem beliebt. Wer dort einkauft, handelt zum einen nicht besonders nachhaltig. Außerdem besteht die Gefahr, dass das gekaufte Produkt nicht echt ist. Gefälscht wird heutzutage alles, was Profit verspricht. Um sich gegen die immer dreister werdenden Nachmachungen zu wehren, gehen Hersteller neue Wege. Sie führen Echtheitsprüfungen ihrer Produkte durch und setzen auf die Hilfe von Künstlicher Intelligenz.
In diesem Text erfahren Sie:
- Warum chinesische Online-Shops so beliebt sind
- Welche Folgen Fälschungen aus Asien für deutsche KMU haben
- Welche Risiken und Gefahren für Verbraucher entstehen können
- Welche Produktfälschungen 2025 mit dem Negativpreis „Plagiarius“ ausgezeichnet wurden
- Wie KI im Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie hilft
Der Hype um Temu, Shein & Co.
Online-Shops mit atemberaubend niedrigen Preisen begegnen uns im Internet fast überall. Sie werden mit breit gestreuten Werbekampagnen platziert. Auf den Webseiten asiatischer Billig-Händler wie Temu, AliExpress, Shein oder Wish ist inzwischen eine eigene Parallelwelt entstanden. Die Apps zählen zu den beliebtesten in den Downloadcharts. Der Grund: Ware, für die im Original teilweise Tausende Euro verlangt wird, kostet dort nur wenige Scheine. Die Plattformen aus Fernost sind aber auch ein Einfallstor für Produktfälschungen, die immensen wirtschaftlichen Schaden anrichten.

Ob Kopfhörer, Bluetooth-Boxen, ferngesteuerte Fahrzeuge oder Tablets – die Produkte ähneln dem Original bis hin zur exakten Kopie. Mehr als zwei Milliarden Päckchen von chinesischen Händlern landen jedes Jahr bei uns in Europa. Stichproben haben ergeben, dass viele Produkte eine geringe Qualität und schlechte Haltbarkeit aufweisen
Asia-Fakes bedrohen deutsche KMU
Deutsche Hersteller kostet die Produktpiraterie nach Angaben der Industrie- und Handelskammer pro Jahr Einnahmen im zweistelligen Milliardenbereich. Besonders für den Mittelstand sind die Aktivitäten asiatischer Plattformen eine große wirtschaftliche Bedrohung. Grundsätzlich können deutsche Markeninhaber zwar dagegen vorgehen, wenn Händler Fälschungen ihrer Produkte anbieten. Bei ausländischen Anbietern ist dafür jedoch internationale Rechtshilfe notwendig. Sie ist besonders in Asien komplex und langwierig. Eine Durchsetzung des eigenen Rechtsanspruchs ist deshalb nahezu unmöglich. Wer als Käufer auf ein gefälschtes Produkt beispielsweise in einem Online-Shop aufmerksam wird, sollte dennoch den Markeninhaber informieren. Dieser hat die alleinigen Verkaufs- und Verwertungsrechte an seiner Marke und kann zumindest versuchen, vor Gericht gegenüber den Fälschern Ansprüche auf Unterlassung und Schadenersatz durchsetzen.
Gefahren für Verbraucher
Produktfälschungen richten nicht nur Milliardenschäden an, sondern können auch gefährlich sein oder krank machen. Produkte aus asiatischen Märkten, die auf Wish, Temu oder AliExpress angeboten werden, entsprechen häufig nicht den europäischen Standards. So warnt unter anderem Stiftung Warentest vor gravierenden Mängeln in der Qualität und Sicherheit der Produkte, die dort verkauft werden. Dies betrifft vor allem Elektronikartikeln, Kinderspielzeug oder Kleidung. Denn in den Billigprodukten finden sich unter anderem immer wieder giftige Inhaltsstoffe, scharfe Kanten oder Kleinteile, die Kinder verschlucken können. Laut Stiftung Warentest sollte man bei elektronischen Geräten immer darauf achten, dass ein Produkt mit dem CE-Zeichen versehen ist, um mögliche Risiken zu minimieren. Der Verbraucherschutz NRW warnt außerdem davor, dass die persönlichen Daten in solchen Shops unsicher seien. Grundsätzlich herrsche wenig Transparenz darüber, wie die Daten der Nutzer gesammelt und verwendet werden.
Plagiarius“-Jury beklagt Billig-Boom
Auch der Negativpreis „Plagiarius“, der Jahr für Jahr auf besonders dreiste Marken- und Produktfälschungen aufmerksam macht, beleuchtet in diesem Jahr die zunehmende Problematik von Nachahmungen auf Plattformen wie Temu und Shein. Die Jury hebt hervor, dass mehr als 85 Prozent der auf diesen Plattformen beworbenen Produkte gegen EU-Sicherheitsstandards und -vorschriften verstoßen. Ein prominentes Beispiel ist die „Twingrip“-Zange der Firma Knipex aus Wuppertal. Trotz rechtlicher Schritte gegen Temu gelingt es den Fälschern immer wieder, identische Kopien dieses Werkzeugs anzubieten. Neben der Twingrip-Zange wurden auch Nachahmungen von Fahrradkörben, Mülleimern, Schraubendrehern und sogar der Frontpartie eines Mercedes-Benz mit dem „Plagiarius“ ausgezeichnet. Diese Fälle zeigen einmal mehr die Bandbreite der betroffenen Produktkategorien und die Kreativität der Fälscher, die keine Grenzen kennt.
Künstliche Intelligenz im Kampf gegen Produktpiraterie
Um ihre Originalprodukte von Fälschungen zu unterscheiden, können Hersteller spezielle Kennzeichnungen, holografische Etiketten, Seriennummern oder andere eindeutige Merkmale in ihre Produkte integrieren. Viele Unternehmen stellen ihre Vertriebswege um, arbeiten verstärkt mit Händlern zusammen oder bieten Apps für eine Echtheitsprüfung an. Ein positives Beispiel ist das „Transparency-Programm“ von Amazon, bei dem jedes Produkt mit einem individuellen Code beklebt wird. So können Kunden mit Hilfe der Amazon-App den QR-Code oder die Seriennummer eines Produkts scannen und so dessen Echtheit verifizieren. Einen anderen Weg geht der deutsche Sportartikelhersteller Puma. Er setzt bei der Bekämpfung von Online-Betrug und Produktfälschungen auf Künstliche Intelligenz. Nach Angaben des Unternehmens würden Betrüger vor allem auf Social-Media-Plattformen wie Tiktok in letzter Zeit verstärkt versuchen, Puma-Kunden mit Videos auf gefälschten Landingpages in die Falle zu locken. Deshalb scannt die KI-basierte Plattform „Red Points“ das Internet, um rechtsverletzende Einträge, URLs und soziale Konten zu erfassen und automatisch deren Löschung zu verlangen. In einem Zeitraum von 16 Monaten konnten auf diese Weise Fälschungen im Wert von mehr als 500 Millionen US-Dollar von Marktplätzen, Social-Media-Plattformen, Websites und Suchmaschinen entfernt werden. Davon betroffen waren insgesamt mehr als 760.000 gefälschte Artikel, die Puma erfolgreich aus dem Internet verbannen konnte.
Quelle: VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH