Bildungsgutschein – Was ist das und was kann er?
(ra). Der Bildungsgutschein ist ein Angebot der Arbeitsagentur und der Jobcenter an Menschen, die sich beruflich bilden möchten. Hierbei ist es nicht zwingend erforderlich als Leistungsempfänger bei den genannten Institutionen geführt zu werden. Ein Bildungsgutschein kann auch zur Vermeidung von drohender Arbeitslosigkeit genutzt werden, um sich mittels Qualifizierung innerhalb eines Unternehmens an eine andere Stelle versetzen zu lassen oder nach einer Weiterbildung seinen vorhandenen Arbeitsplatz kompetent ausfüllen zu können, wenn dieser mit modernisierten und automatisierten Prozessen und Maschinen versehen wurde.
Was genau ist der Bildungsgutschein?
Der Bildungsgutschein ist eine Zahlungszusicherung von Sozialträgern wie Arbeitsagenturen und Jobcentern, an Bildungsanbieter, die abrechnungsfähige Bildungsmaßnahmen anbieten. Dieser Gutschein wird über ein konkretes Bildungsziel definiert und nicht etwa über einen Geldbetrag. Außerdem ist er nicht an einen einzigen Bildungsanbieter gebunden, sondern kann bei einem beliebigen, aber zertifizierten Träger eingelöst werden, um das Bildungsziel zu erreichen.
Um dies zu verdeutlichen, ein Beispiel aus der Praxis: Eine Pflegekraft kann aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr aktiv in der Pflege arbeiten. Die Klinik möchte den Mitarbeiter jedoch halten und sucht nach Beschäftigungsalternativen. Da jeder Empfänger von Leistungen aus der Pflegekasse einen Rechtsanspruch auf eine Pflegeberatung hat, möchte die Klinik ein eigenes Case Management hierfür einrichten und diesen Mitarbeiter dafür qualifizieren lassen. Der Arbeitgeber bestätigt dem Mitarbeiter die Weiterbeschäftigung bei Vorliegen einer Qualifizierung zum Pflegeberater oder Case Manager.
Mit diesem Schreiben kann der Mitarbeiter bei der Arbeitsagentur einen Antrag auf den Bildungsgutschein mit dem Bildungsziel Case Manager stellen. Erhält er diesen Gutschein, kann er einen Träger suchen, der diesen Kurs anbietet und via Bildungsgutschein abrechnen darf. Dabei muss er nicht auf die Seminarkosten achten, die werden dann in der Höhe übernommen, in der sie anfallen. Zusätzlich gibt es noch einen Zuschuss zu eventuellen Fahrtkosten zur Weiterbildung oder zu entstehenden Kinderbetreuungskosten.
Welche Träger dürfen Bildungsgutscheine abrechnen?
Für Außenstehende erschließt sich nicht sofort, warum ein Bildungsanbieter den Gutschein abrechnen darf und ein anderer nicht. Ob die gewünschte Fortbildung mit diesem Förderinstrument abgerechnet werden kann, ist bei den Anbietern zu erfahren. Oft gilt der Hinweis auf die Abrechnungsfähigkeit auch als Marketinginstrument und ist auf Webseite oder in den Seminaranzeigen bereits erwähnt. Ansonsten sollten die Träger auf ihren Webseiten ausweisen, dass Sie AZAV zertifiziert sind. Diese Zertifizierung muss sowohl für den Träger, wie auch die Bildungsmaßnahme vorliegen. Erst dann darf mittels Bildungsgutschein der Arbeitsagentur abgerechnet werden.
Unterscheiden sich die Maßnahmen unterschiedlicher Bildungsanbieter inhaltlich?
Die Unterschiede bei den Seminarkosten beruhen selten auf extrem abweichende Inhalte. Vor allem wenn berufliche Weiterbildung mit regulierten Inhalten und Prüfungen bei zuständigen Stellen wie IHK o.ä. enden, sind die Kosten meist durch Personaleinsatz, besonderen Service oder erweiterten Inhalten begründet. Beliebt ist es, berufliche Weiterbildungen mit einem EDV Anteil zu versehen und so die Seminardauer zu erhöhen. Für einige Seminarteilnehmer mag das gut und wichtig sein, wer diese Kenntnisse jedoch bereits mitbringt, verschwendet seine Lebenszeit und Steuergelder. Daher empfiehlt es sich, bei dem Wunsch nach Weiterbildungen, darauf zu achten, dass die Angebote mit solchen Erweiterungen auch Modulweise abgerechnet werden können. Das Problem mit den Zertifizierungen ist nämlich, dass von den zertifizierten Maßnahmekonzepten nicht abgewichen werden darf.
Was kann der Bildungsgutschein?
Kurz gesagt – allerhand. Im Grunde ist ein Bildungsgutschein für Seminare einsetzbar, die von kurzen Auffrischungskursen über Berufsabschlüsse (Umschulungen) bis hin zu Studienabschlüssen reichen können, sofern Träger und Studiengang zertifiziert sind. Tatsächlich haben sich die namhaften Fernakademien inzwischen fast alle zertifizieren lassen. Damit können Studiengänge berufsbegleitend absolviert werden.
Gerade die Digitalisierung in Wirtschaft und Industrie hat einen hohen Weiterbildungsbedarf geschaffen und viele bildungsgutscheingeförderte Maßnahmen hervorgebracht. Verschiedene Berufsreformen haben komplett neue Studiengänge geschaffen und diverse Vorschriften zu Sicherheit und Datenschutz zwingen Unternehmen, Mitarbeiter qualifizieren zu lassen. Für Unternehmen gibt es zwar mittels Qualifizierungschancengesetz weitere Fördermöglichkeiten, doch gerade wenn Mitarbeiter sich Fortbildungen wünschen, die im Unternehmen nicht gut begründet werden können, wäre der Bildungsgutschein eine gute Lösung für den Bildungswilligen.
Bildungsgutschein und …
…Arbeitslosigkeit
Wer arbeitsuchend ist und einen Bildungsgutschein beispielsweise für ein Fernstudium beantragt, muss nicht die ganze Studiendauer über arbeitsuchend bleiben. Die Gutscheine müssen vor Maßnahmebeginn eingereicht werden. Die Institute rechnen diese auch recht zeitnah ab und damit ist ein Weiterbildungsangebot bezahlt. Lässt sich eine Arbeitsaufnahme mit dem Weiterbesuch des Seminars vereinbaren, steht dem also nichts im Wege.
… Abbruch von Maßnahmen
Das Einlösen des Bildungsgutscheins verpflichtet zur Teilnahme an der Bildungsmaßnahme. Abbrüche müssen gut begründet werden, sonst droht eine Rückerstattungsforderung durch die ausstellende Institution. Arbeitsaufnahme und Krankheit gelten als Gründe, die keine Rückerstattungsforderung auslösen.
… Gültigkeit
Der Bildungsgutschein wird zeitlich befristet. Das heißt, innerhalb dieser Frist, muss der Gutschein eingelöst werden. In Ausnahmefällen wird er auch regional befristet. Damit soll vermieden werden, dass hohe Zusatzkosten für Unterbringung und Fahrten anfallen, vor allem wenn es gleichwertige Seminare direkt vor der Haustür oder Online gibt. Wird der Gutschein nicht eingelöst, verfällt er und muss neu beantragt werden.
Tipp: Idealerweise sollte vor der Antragstellung bereits nach Seminaren gesucht werden. Sind keine fortlaufenden Einstiege in die Seminare möglich, sollte darauf geachtet werden, dass der Gutschein bis zu Beginn des nächsten Kurses gilt.
… Fristen
Für die Einreichung bei Bildungsanbietern gilt, dass der Originalbildungsgutschein vor Beginn der Maßnahme erfolgen muss. Das Einreichdatum verlängert allerdings nicht automatisch die Gültigkeit des Gutscheins. Der Träger darf den Gutschein erst abrechnen, wenn der Kurs tatsächlich beginnt (also frühestens am ersten Kurstag). Daher ist es wichtig, dass die Gültigkeit mindestens bis zu diesem Stichtag gegeben ist. Der Bildungsdienstleister wird aber von sich aus, darauf achten.
…Anmeldung zu Bildungsangeboten
Für Interessenten gibt es in der Regel Beratungsgespräche. Diese sollten möglichst noch nicht mit Unterschriften enden, vor allem dann nicht, wenn noch gar kein Bildungsgutschein vorliegt. Interessierte sollten diese Gespräche nutzen, um für sich den richtigen Bildungsanbieter zu finden. Vorhandene Bildungsgutscheine sollten nicht vor der endgültigen Entscheidung aus der Hand gegeben werden.
In der Praxis ist es so, dass verschiedene Bildungsanbieter einer Region oft identische Listen mit Interessenten haben. Vor allem bei Präsenzkursen müssen diese oft abgesagt werden, weil Interessierte sich nicht melden, wenn sie sich für andere Anbieter entschieden haben. Das ist dann ärgerlich für andere Interessierte, den Bildungsanbieter und oft auch für Dozenten, die auf Honorarbasis arbeiten und denen dann das Einkommen fehlt.