(ra) „Europäisch denken, auch mit Blick auf sichere Energieversorgung.“ Das fordert Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parlament. Bei einem Besuch des Umspannwerks im niederbayerischen Bogen diskutierte Weber mit Dr. Egon Leo Westphal, Vorstandsvorsitzender der Bayernwerk AG, über zentrale Fragen der Energiewende. Westphal sagte, das Bayernwerk errichte gerade ein völlig neues Energiesystem – über die Grenzen des Freistaats hinaus.

Gabreta Smart Grids heißt das Projekt, in dem das Bayernwerk gemeinsam mit seiner tschechischen E.ON-Schwester EG.D in grenzüberschreitender Zusammenarbeit die Digitalisierung des Verteilnetzes vorantreibt. Dr. Egon Leo Westphal sagte, das Bayernwerk habe dabei eine Pionier-Rolle. Gabreta – die keltische Bezeichnung für das Grenzgebiet Böhmerwald und Bayerischer Wald – sei das erste große PCI-Projekt im deutschen Verteilnetz. PCI steht auf EU-Ebene für „projects of common interest“, also für Vorhaben von gemeinsamem Interesse, die Lücken schließen sollen in der Infrastruktur des europäischen Energienetzes. Die Europäische Union fördert Gabreta Smart Grids mit 100 Millionen Euro. Weitere 100 Millionen Euro bringen das Bayernwerk und die E.ON Czech auf.
Westphal: Fördermittel kommen bei den Menschen vor Ort an
Westphal machte deutlich: „Diese Fördermittel kommen dort an, wo sie gebraucht werden: Bei den Menschen vor Ort, im ländlichen Raum bayerisch-tschechischer Grenzgebiete.“ Zum Beispiel in Form von neuen Umspannwerken wie in Kirchenthumbach (Lkr. Neustadt an der Waldnaab) oder in Form digitaler Ortsnetzstationen wie der in Altmugl (Markt Bad Neualbenreuth), einen Steinwurf von der Grenze zu Tschechien entfernt. Das Projekt Gabreta zeigt Westphal zufolge, „wie intelligente Netze zur Stabilität und zur Versorgungssicherheit in einem zunehmend dezentralen Energiesystem beitragen – nicht nur in Bayern, sondern in ganz Europa“.
Weber: Kooperation und Wissensaustausch unterstützen
„Energiepolitik und die Frage, wie unsere Haushalte und Unternehmen mit Energie versorgt werden können, sind ein wichtiger Standort- und Wettbewerbsfaktor“, sagte Manfred Weber. Umso wichtiger sei es, mit Digitalisierung die Leitungsnetze zu optimieren. „Insofern freue ich mich, dass die Europäische Kommission das Projekt Gabreta als Enabler auf dem Weg zur Harmonisierung des Europäischen Binnenmarktes im Energiesektor unterstützt. So können Kooperation und Wissensaustausch unterstützt werden.“
Milliarden für den Netzausbau
Das Bayernwerk wendet allein in diesem Jahr rund 1,8 Milliarden Euro für Ertüchtigung und Ausbau seines Stromnetzes auf. Das vor zwei Jahren neue gebaute Umspannwerk in Bogen sei bewusst für den Austausch mit Manfred Weber gewählt worden. „Es steht symbolisch für das völlig neue Energiesystem, das wir gerade errichten“, sagte Bayernwerk-CEO Dr. Egon Leo Westphal. Das neue Umspannwerk bietet mit 180 Megawatt dreimal mehr Kapazität als sein Vorgänger. Ein Trafo sei exklusiv dafür da, grünen Strom aus rund 15 PV-Freiflächenanlagen in der Region aufzunehmen und zu verteilen. „Bayern ist Sonnenland“, sagte Westphal. Mehr als eine Million Einspeiseanlagen, überwiegend PV, wirkten auf das Bayernwerk-Netz ein. „Aus europäischer Sicht sind wir längst ein wetterabhängiges Großkraftwerk. Wir rasen von Einspeiserekord zu Einspeiserekord und speisen aus unserem bayerischen Verteilnetz bis zu 6.000 Megawatt in den europäischen Energiemarkt zurück“, so der Vorstandsvorsitzende.
Westphal versicherte im Gespräch mit Manfred Weber: „Wir werden auch in Zukunft europäisch denken. Energieinfrastruktur endet nicht an Ländergrenzen. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist essenziell für ein langfristig nachhaltiges und widerstandsfähiges Energiesystem.“
