1.700 Leiharbeiter in Straubing – NGG will gleiches Geld für gleiche Arbeit
(ra) Immer mehr „Jobs zweiter Klasse“: Die Zahl der Leiharbeiter in Straubing hat drastisch zugenommen. Im vergangenen Jahr gab es nach Angaben der Arbeitsagentur 1.715 Beschäftigte in Leiharbeit – mehr als doppelt so viele wie zehn Jahre zuvor. Die NGG Niederbayern spricht von einer alarmierenden Tendenz – und fordert die Politik zum schnellen Handeln auf.
2006 gab es in der Stadt lediglich 817 Leiharbeiter, wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mitteilt. Auch bayernweit verdoppelte sich die Zahl der Leiharbeiter im selben Zeitraum auf aktuell 125.000.
„Gerade berät der Bundestag über ein Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen. Die Zahlen zeigen, dass wir eine Regelung dringender brauchen denn je“, sagt NGG-Geschäftsführer Kurt Haberl. Allerdings müsse am Gesetz noch deutlich nachgebessert werden, um den „Wildwuchs im heimischen Arbeitsmarkt“ wirklich zu bekämpfen. Hierfür sollten sich jetzt die Bundestagsabgeordneten aus Straubing in Berlin stark machen.
Bei der Leiharbeit werden Beschäftigte an einen Betrieb verliehen, wo sie dann für den gleichen Job weniger Geld bekommen als das Stammpersonal. Ursprünglich sollte das einmal auf Auftragsspitzen bei den Unternehmen beschränkt sein. „Missbrauch gibt es aber dann, wenn permanent ein fester Anteil der Arbeitnehmer als Leiharbeiter beschäftigt ist“, sagt Kurt Haberl. Das nutzten Chefs letztlich allein zur Lohn-Drückerei. Und die Leiharbeiter bekämen meist keine Chance, ins Stammpersonal aufzurücken.
Außerdem seien Leiharbeiter bei der Altersvorsorge und beim Urlaub schlechter gestellt als die Stammbelegschaft, kritisiert der Gewerkschafter. Das neue Gesetz müsse dem Anstieg dieser „2.-Klasse-Jobs“ endlich einen Riegel vorschieben. Betroffen von Leiharbeit seien auch Teile der bayerischen Lebensmittelindustrie – mit 106.000 Beschäftigten einer der größten Industriezweige des Freistaats.
Der Gesetzentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles sieht im Wesentlichen vor, dass Leiharbeiter spätestens nach neun Monaten in einem Betrieb die gleiche Bezahlung bekommen wie das Stammpersonal. Die Höchstverleihdauer soll auf 18 Monate begrenzt werden. Dies gelte jedoch, so Haberl, „nur für Personen, nicht aber für die Arbeitsplätze. Damit können Leiharbeiter im Prinzip alle 18 Monate einfach ausgetauscht werden“. Auch Betriebsräte sollen nach dem geplanten Gesetz lediglich Informationsrechte bekommen, aber keine Mitbestimmungsrechte, bemängelt die NGG.
„Trotz allem wäre das Gesetz ein erster Schritt“, betont Haberl. „Deshalb darf es im Bundestag auch auf keinen Fall scheitern.“ Die heimischen Parlamentarier seien in der Pflicht, die Interessen der wachsenden Zahl an Leiharbeitern zu vertreten. Dafür müsse das Gesetz so scharf wie möglich formuliert sein, fordert die NGG Niederbayern. Erst dann werde sich der Negativ-Trend in Straubing umkehren – und der Leiharbeiter von heute zum Stammbeschäftigten von morgen.