Trotz Umbau am Bahnhof Straubing noch ein weiter Weg zum barrierefreien Reisen
(ra) Bahnfahrer sind heilfroh, dass die größten Baumaßnahmen am Straubinger Bahnhof abgeschlossen sind. Doch fertig ist der Umbau zu einem barrierefreien Bahnhof noch lange nicht. Diese Erkenntnis wurden gewonnen, nachdem eine Besuchergruppe, initiert durch die ÖDP/PU-Stadtratsfraktion, am Freitag den Bahnhof besichtigte.
Fraktionvorsitzende Maria Stauber, sowie ihre Stadtratskollegen Rahpaela Wild und Karl Dengler hatten zu diesem Termin auch Margot Hilmer eingeladen. Sie ist Vorsitzende der Interessengemeinschaft für Menschen mit Behinderungen. Ebenfalls mit dabei einige betroffenen Bahnreisende und Interessierte.
Auf den ersten Blick waren die Teilnehmer zufrieden mit dem Geleisteten: die Aufzüge, die bereits in Betrieb sind und das Leitsystem für blinde und sehbehinderte Mitbürger fanden die Zustimmung aller Teilnehmer. Doch fanden sie auch eine Reihe von Schwachstellen, die es noch zu verbessern gilt.
So fiel auf, dass am Haupteingang noch keine Automatiktür eingebaut ist. Vor dem Servicegebäude am Bahnsteig 1 wurde von Margot Hilmer eine gefährliche Stolperfalle ausgemacht. „Es kann nicht sein“, so Margot Hilmer „dass im Anschluss zu Markierungen, die für sehbehinderte und blinde Menschen angebracht wurden, dann im Abstand von 10 Zentimeter eine Stufe zu einem Gebäude angebracht wurde“. Sie hat sich deshalb schon mit dem zuständigen DB-Mitarbeiter in Verbindung gesetzt, der ihr zusicherte, hier Abhilfe zu schaffen.
Gemeinsam mit Rollstuhlfahrer Mike Kraffert und Jonas Engl, Mitarbeiter der beschützenden Werkstätten der KJF, wurden der Aufzug und die Zugänge zu den Gleisen getestet. Auf den Bahnsteigen 4 und 5 wurde moniert, dass im Informationskasten keine Notrufnummern zu lesen sind. Diese sind für die Betroffenen bei Ausfall des Aufzuges aber sehr wichtig. Informationen zum Bahnhof und Bahnbetrieb müssen als Hilfe für sehbehinderte und alte Menschen groß geschrieben werden.
„Ein gutes Zeichen für eine inklusive Gesellschaft wäre, wenn wichtige Information in die sogenannte „Leichte Sprache“ veröffentlicht würden“, so die Meinung der Besucher.
Betroffene beklagten, dass trotz der Zugänglichkeit der Bahnsteige immer noch eine Einstiegshilfe benötigt wird. Durch die unterschiedlichen Höhen der Bahnsteige und der Zuggarnituren brauchen Rollstuhlfahrer immer noch den Mobilitätsservice der Malteser.
Diese Hilfsmaßnahme muss unter der kostenpflichtigen Telefonnummer 0180-6512512 angemeldet werden und das bis zu 48 Stunden vor Beginn der Reise. Spontanes Reisen ist für Menschen, die auf Hilfe beim Ein-oder Aussteigen angewiesen sind, nicht möglich. Eine zusätzliche Einschränkung ist nach Meinung von Mike Kraffert, dass die Hilfeleistung durch das Servicepersonal in Straubing nur bis 19.30 Uhr genutzt werden kann. „Eine Abendveranstaltung besuchen oder abends in einer anderen Stadt ausgehen ist dadurch unmöglich.“
Beide Experten erklärten ganz klar, dass sie in vielen Fällen auf die Hilfe der Mitreisenden angewiesen sind, um ihr Reiseziel auch erreichen zu können. Karl Dengler und Margot Hilmer erklärten deshalb anschließend den Teilnehmern der öffentlichen Fraktionssitzung der ÖDP/PU: „Wir haben jetzt einen barrierefreien Bahnhof, aber nicht das barrierefreie Reisen!“ Teilhabe, welche im Bundesteilhabegesetz geregelt ist, ist somit umfassend möglich. „Menschen mit Behinderungen werden nach wie vor ausgegrenzt“, so die Kritik von Margot Hilmer.
Stadtrat und Verwaltungsrat Karl Dengler wies die Teilnehmer darauf hin, dass neun EU- Parlamentarier und 200 Verbände im EU-Parlament eine Initiative gestartet haben, die das Ziel verfolgt, die Anmeldezeit für Hilfemaßnahmen für behinderte Reisende zu minimieren. „Mit dieser Initiative wolle man erreichen, dass die Anmeldezeit in Großstädten ganz wegfällt und in kleineren Bahnhöfen auf zwölf Stunden reduziert wird.“
Dengler berichtete außerdem, dass in Spanien bereits an 68 Bahnhöfen keine Voranmeldung mehr notwendig sei und in den Niederlanden die Anmeldezeit auf nur noch eine Stunde reduziert wurde. Margot Hilmer wünscht sich als Vorsitzende der Interessengemeinschaft für Menschen mit Behinderungen, dass der Stadtrat Straubing mittels einer Resolution, diese Initiative unterstützt und damit dazu beiträgt, dass dieses Anliegen zum Wohle der Betroffenen gelöst werden kann.