Aus dem Gerichtssaal

Blutbad von Kirchroth: Tötung im Affekt? – Amnesie durch die Tat ausgelöst?

(jh) Die brutale Tötung der schwangeren B. K. (45) aus Kirchroth im Herbst 2016 wirft immer noch Fragen auf. Vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Regensburg sind noch einige Prozesstermine nötig, ehe die Richter zu einem Urteil kommen werden. Eigenen Einlassungen des Angeklagten F.-X. H. (40) und des seit Beginn der Verhandlungen anwesenden psychiatrischen Gutachters zufolge ist eine Tat im Affekt nicht ausgeschlossen. Zum eigentlichen Tathergang kann der ehemalige Liebhaber der Getöteten keine Angaben machen – „ich weiß nichts mehr“.

Lange Zeit hatte der Angeklagte geschwiegen. Am 10. Januar hat er dieses Schweigen gebrochen. Nachdem zuerst sein Verteidiger eine Erklärung verlas, erklärte er sich H. anschließend bereit, auch persönlich Fragen zu beantworten. Einen Tag später brachten weitere Fragen keine neuen Erkenntnisse.

Ein psychiatrischer Sachverständiger, der bereits während der Ermittlungszeit mit dem Angeklagten sprach, während der gesamten Verhandlungszeit anwesend war und am 10. Januar F.-X. H. ein weiteres Mal in der JVA Regensburg besucht hatte, gab dem Gericht ein umfangreiches Gutachten ab. Natürlich spielte dabei auch das bisherige Leben des Angeklagten – seine Vita und seine Beziehungen – eine Rolle. Viele Zeugen hatten über die Beziehung zwischen Täter und Opfer berichtet, so dass sich das Gericht darüber bereits einen Überblick verschaffen konnte.

Doch was war am 14. September geschehen?

F.-X. H. hatte das Opfer seinen Aussagen zufolge besucht, um sie zu fragen, ob sie etwas für das Kind benötige und ob sie mit ihm zu einer Autobesichtigung nach Regensburg mitfahren wolle. Das anfänglich ruhige Gespräch sei jedoch immer angespannter geworden. Unter anderem soll er die Frau seiner noch ungeborenen Tochter damit konfrontiert haben, ob sie weiterhin „so spinnen wolle und wie es weitergehen solle“. Das Thema Unterhalt sei dann ebenfalls Inhalt der angeheizten Stimmung gewesen. Was dann geschah, weiß der Angeklagte nicht mehr. Erst an eine Sequenz Autobahnfahrt, dann ein kurzes Aufwachen in einem Krankenhaus und schließlich das Eintreffen in Straubing via Krankentransporter kann er sich schwach erinnern.

Was ist der Angeklagte nach Aussage des Gutachters für ein Mensch? Er ist ein ruhiger in sich gekehrter, kein besonders ausdrucksstarker Mensch, emotional egoistisch und materiell ausgerichtet, eher oberflächlich, aber auch dünnhäutig. Seine Beziehungen seien anfänglich emotionell stärker gewesen, seien aber im Laufe der Zeit abgeflacht und wollte sie nicht einfach aufgeben, sobald seine Partnerinnen mit ihm Schluss gemacht hatten. Die Beziehung mit B. K. war für ihn eine völlig neue Situation: „eine Achterbahnfahrt“, wie er selber sagte und die bisherigen Zeugenaussagen sowie Beweismittel zeigten. Es war eine Beziehung mit ständigem Entscheidungswechsel der Partnerin. Entscheidungen wurden getroffen und gleich darauf revidiert – sei es bezüglich dem Kontaktverbot, der Beziehung zu ihrem Ehemann, der Wohnsituation und natürlich auch zur Beziehung zum Kind.

Was die Schuldfähigkeit betrifft, so liege beim Angeklagten keine seelische Störung oder eine seelische Abartigkeit vor. Der Gutachter wörtlich: „Ich habe keine schwere oder gravierende Persönlichkeitsstörung gefunden“.

Woher die Erinnerungslücken?

Erinnerungslücken nach einer solchen schweren Tat sind aus medizinischer Sicht möglich. Dass H. simuliere, schloss der Gutachter in seinem Vortrag aus. Auch hirnorganische Beeinträchtigungen seinen nicht festgestellt worden. Eine dissoziale Amnesie (eine plötzlich einsetzende Unfähigkeit, sich an wichtige persönliche Daten zu erinnern) könnte dadurch ausgelöst worden sein, nachdem plötzlich dem Täter bewusst geworden war, welche schreckliche Bluttat er angerichtet habe.

Eine affektive Entladung (eine Tat im Affekt) konnte der Sachverständige aufgrund der Tatwerkzeuge und der Verletzungen weder positiv festlegen, noch ausschließen. Verteidiger Michael Haizmann fragte aufgrund des vorgefundenen Blutbades bezüglich einem „Overkill“ (Definition: eine Übertötung – den Gegner mehr als einmal zu vernichten) nach. Bei drei Stichen, von denen „nur“ zwei gefährlich waren, treffe dies nach Ansicht des Psychiaters dieses Merkmal nicht zu.

Im weiteren Verlauf des Prozesses wird sich herausstellen, ob der Angeklagevorwurf „Mord“ noch aufrechterhalten werden kann. Dann ginge es bei der Urteilsfindung um den Tatvorwurf eines „Totschlag“. Am kommenden Freitag, ist ein weiterer Verhandlungstag anberaumt.