Kommentar: Grüne und FDP bestimmen wer der neue Kanzler wird
Deutschland braucht eine Zukunftskoalition. Dass es zu keiner Neuauflage von Schwarz-Rot kommt, dürfte zu 99 Prozent sicher sein – möchten die Menschen in Deutschland auch nicht. Eine Wiederholung einer schwarz-roten Koalition nach der Wahl 2017 dürfte unwahrscheinlich sein, denn auch die FDP hat inzwischen erkannt, dass sie Kompromisse eingehen muss.
Anders als vor fünf Jahren, denn damals hatte die Union von den Wählerinnen und Wählern eindeutig das Votum erhalten, die Regierung fortzusetzen, sieht es nach dem diesjährigen Wahltag anders aus. Jetzt müssen die Karten völlig neu gemischt werden. Nun heißt es: Wer mit wem?
Die Wählerinnen und Wähler haben bei den beiden „großen“ Volksparteien ein Patt ausgelöst: Die Union enorme Verlust, die Sozialdemokraten machen einen im Sommer noch unerwarteten Sprung nach vorn. Am Ende liegt die SPD nur knapp vor der CDU/CSU.
Aber wird es eine echte Unions- bzw. SPD-Politik zukünftig geben? Nein! Grüne und FDP bestimmen nicht nur, wer die nächsten fünf Jahre Kanzler wird – Olaf Scholz oder Armin Laschet. Es geht bei den Sondierungsgesprächen und Koalitionsverhandlungen auch darum, bei wem Grüne und Liberale die meisten ihrer Wahlprogramme durchsetzen können. Es wird also in den nächsten fünf Jahren eine Politik geben, die sehr stark geprägt ist von den Grünen und Liberalen. Wie weit werden Union oder Sozialdemokraten dann noch ihr Programm einbringen? Es wird spannend, wer am Schluss der Verhandlungen am meisten Federn lassen muss oder wer ist bereit, es zuzulassen, mehr Federn zu lassen. Bei all den Verhandlungen werden Grüne und Liberale den Ton angeben.
Nebenbei: Die Ränder wurden deutlich geschwächt. AfD und Linke wurden für ihr Handeln und ihr Programm abgestraft. Die Wählerinnen und Wähler wollen eine stärkere Mitte. Bleibt also in den nächsten Wochen und Monaten abzuwarten, wie weit sich die Parteien der Mitte auf Kompromisse einlassen werden.
Johann Haas