Vergewaltigungen und Messerstechereien – Fehlanzeige in Geiselhöring
(rp/ra) Gilt Geiselhöring als „Flüchtlingsstadt“? Erst der Zuzug von vielen Flüchtlingen nach dem 2. Weltkrieg wurde aus Geiselhöring eine Stadt gemacht. Auch sonst haben Flüchtlichte viele neue Impulse in den Ort gebracht. Und heute? Die SPD Geiselhöring ging dieser Frage nach und hatte deshalb für Mittwoch zu Dialog-Veranstaltung in der Taverne Korfu eingeladen.
Mit dem aktuellen Thema „Asylunterkunft in Geiselhöring – Ängste abbauen – der Hetze entgegentreten“ sollte eine große Gruppe interessierter Bürger*innen angesprochen werden. Als Gesprächspartner war Kreisrat und 2. Bürgermeister Martin Kreutz aus Mallersdorf-Pfaffenberg mit dabei.
Ziel der Geiselhöringer SPD war es, durch ein Bekenntnis zu Demokratie und Vielfalt sowie Freiheit, Toleranz und Offenheit auch ein Zeichen zu setzen. „Wir sehen die gesellschaftliche Verpflichtung zur Unterbringung und zum Schutz von Geflüchteten“, so Ortsvorsitzende Barbara Kasberger. Dabei müsse Hass, Gewalt und Hetze, Intoleranz, Rassismus, Diskriminierung und der Ablehnung demokratischer Werte strikt entgegengetreten werden. Dies bezog sich vor allem auf die Initiative „Für ein friedliches Geiselhöring“, welche mit grenzwertigen Behauptungen und Drohungen gegen eine geplante Asylbewerberunterkunft am Bahnhof Stimmung macht und Ängste schürt. „Wir setzen uns konstruktiv mit der Asylfrage auseinander und suchen nach Lösungen für die Bürgerinnen und Bürger aber auch für die Asylbewerber. Das heißt“, so Kasberger weiter, „dass bei der Umsetzung der Asylunterkunft die von den Bürgern bereits geäußerten Sorgen ernst zu nehmen sind“.
Mallersdorf-Pfaffenberg: „Außer der einen oder anderen internen Schlägerei ist nichts passiert“
Die wichtigste und entscheidende Frage an Martin Kreutz war natürlich, welche Gefahren eine große Asylbewerber-Gruppe für den Ort bedeute. Mallersdorf hat zwei große und mehrere kleine Unterkünfte, zusammen bei voller Belegung um die 350 Personen aus verschiedenen Ländern. Für Geiselhöring ist ein Kontingent von maximal 68 zusätzlich zu den vorhandenen Plätzen im Jugendtagungshaus geplant. Doch wie sah es nun aus mit Vergewaltigungen und Messerstechereien in Mallersdorf-Pfaffenberg in den vergangenen Jahren? „Fehlanzeige“, so Martin Kreutz. „Außer der einen oder anderen internen Schlägerei ist nichts passiert“. Das größte Problem waren die integrierten Rauchmeldeanlagen, die sich mit dem Kochverhalten der Flüchtlinge nicht in Einklang bringen ließen und erst nach dem Einbau weiterer Temperaturfühler konnte das Problem behoben werden.
Viele positive persönliche Erfahrungen und Erkenntnisse
In der folgenden Diskussion mit den Anwesenden ging es vor allem um die persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Arbeit in den Helferkreisen in Geiselhöring und Mallersdorf-Pfaffenberg. Hier überwogen eindeutig die positiven Erlebnisse und niemand konnte auch nur im Ansatz eine negative oder gar gefährliche Erfahrung einbringen.
Das „A und O“ sei natürlich das Erlernen der deutschen Sprache, so der Referent. Hier sei von Anfang an Hilfestellung jeder Art zu geben. Neben den Sprachkursen wurden dabei die besten Erfahrungen über die Einbindung der Flüchtlinge in das alltägliche Leben erzielt: Arbeit, Sport, gesellschaftliches Beisammensein – so lerne man die neue Sprache am schnellsten.
Flüchtlingsstadt Geiselhöring
In den anschließenden Gesprächen wurden verschiedenste Punkte aufgegriffen: Vom Bedarf an Zuwanderung um die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt zu stärken bis hin zum Kennenlernen neuer Menschen und anderer Kulturen war alles dabei. Von den Teilnehmenden zu hören: „Erst der Zuzug von vielen Flüchtlingen nach dem 2. Weltkrieg hat aus Geiselhöring eine Stadt gemacht und auch sonst viele neue Impulse gebracht.“ Auch damals seien die „Flüchtlinge“ nicht willkommen gewesen und es dauerte mehrere Generationen bis der Nimbus vom „Flüchtlingskind“ keine Rolle mehr spielte.
Es wurden auch kritische Themen angesprochen, wie traumatisierte Flüchtlinge, den Umgang mit ihnen und etwaige Hilfestellungen. Hier habe sich gezeigt, dass die Gesellschaft heute viel besser auf die Eingliederung und Betreuung von Geflüchteten vorbereitet ist als vor zehn Jahren. Es wurde aber auch deutlich, dass der Widerstand aufgrund der wachsenden Selbstüberschätzung rechter Kreise eine andere Qualität habe als früher. „Natürlich gab es auch in Mallersdorf-Pfaffenberg Bedenken und Protest – bis hin zu einer Petition an den Bayerischen Landtag, um eine Unterbringung Geflüchteter, vor allem in der Größenordnung zu verhindern – ohne Erfolg! Es sei nun mal die Aufgabe der Kommunen, die Asylbewerber aufzunehmen und zu versorgen, im Späteren nach der Anerkennung zu integrieren. „Aus der Praxis habe sich gezeigt, dass kleinere Unterkünfte leichter zu betreuen sind, die Regierung von Niederbayern setze aber weiterhin auf größere Einheiten“, bemängelte Martin Kreutz.
„Bei der Unterbringung von vier Personen in einem Zimmer – es stehen pro Person nur sieben Quadratmeter zur Verfügung ohne Ausweichmöglichkeit, Beschäftigung und jeder Privatsphäre – sind Konflikte vorprogrammiert“, so Kreutz.
Bevölkerung bereit – aber die Stadt muss die Rahmenbedingungen schaffen
Von den Anwesenden erklärten sich eine große Anzahl von Personen bereit, ihren Möglichkeiten entsprechend, bei der Integration der neuen – und bereits im Jugendtagungshaus untergebrachten – Flüchtlinge zu helfen. Ein Problem sei dabei die Abschottung der Flüchtlinge und die Isolierung innerhalb der Unterkünfte.
Für einem Appell an die Stadt, einen entsprechenden Helferkreis zu bilden und umfassend zu unterstützen, dem Aufruf an die Vereine der Stadt, Flüchtlinge aufzunehmen und im Vorfeld alles Erdenkliche zu klären, um die Situation zu entschärfen, wollen sich die SPD-Stadträte Josef Eisenhut und Ludwig Kerscher an die anderen Fraktionen mit der Bitte um Unterstützung wenden.