Gesundheit

Smoke on the Erbgut!

(ra) Zigarettenrauch schadet nicht nur unmittelbar der Lungenfunktion, sondern schädigt auch die DNA. Bisher konzentrierten sich Forscher vor allem auf Veränderungen in der Abfolge der Basen, die sogenannten Mutationen. Eine groß angelegte Studie, an der auch das Helmholtz Zentrum München beteiligt ist, zeigt nun, dass sich auch „auf“ der DNA einiges verändert. Diese epigenetischen Muster sind teilweise noch 30 Jahre später nachzuweisen.

Im Rahmen der in ‚Circulation: Cardiovascular Genetics‘ erschienenen Studie werteten zahlreiche internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Blutproben von knapp 16.000 Probanden aus – darunter etwa 2400 aktive und 6500 ehemalige Raucher sowie knapp 7000 Menschen, die nie geraucht hatten. Von deutscher Seite wurden die Daten von 1800 Teilnehmern der Augsburger KORA-Studie einbezogen*.

„Durch die Analyse dieser großen Datenmenge konnten wir zeigen, dass Rauchen eine Art epigenetischen** Fingerabdruck hinterlässt, der noch Jahre später nachzuweisen ist“, so Dr. Melanie Waldenberger. Sie ist Gruppenleiterin in der Abteilung für Molekulare Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München und war ebenfalls an der Studie beteiligt. Manche dieser Veränderungen waren laut der Studie sogar noch nachweisbar, nachdem die Probanden das Rauchen bereits seit 30 Jahren aufgegeben hatten. „Molekular gesehen handelt es sich bei diesem Fingerabdruck um Methylgruppen, die bestimmten Basen angehängt werden und so die Aktivität der darunter liegenden Genen beeinflussen.“

Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler feststellten, war das bei über 1000 Genen der Fall. Von aktuell circa 20.000 bekannten war also etwa jedes zwanzigste betroffen. Den Autoren zufolge sind darunter zahlreiche Gene, die für die Lungenfunktion von Bedeutung sind, aber auch bei Krebs, Herzkreislauferkrankungen und Entzündungen eine Rolle spielen. „Manche davon wurden bereits schon vorher mit dem Rauchen in Verbindung gebracht, andere waren in diesem Kontext jedoch neu“, so Prof. Annette Peters, Direktorin des Instituts für Epidemiologie. „Wir haben die Hoffnung, dass sich daraus Krankheitsmechanismen ableiten lassen und so womöglich neue Therapien entstehen.“

Und auch für Menschen, die das Rauchen gerne aufgeben möchten, haben die Autoren etwas Ermutigendes: “Fünf Jahre nach einem Rauchstopp nähern sich die meisten Methylierungsmuster wieder dem Zustand von Nichtrauchern an“, so Dr. Rui Wang-Sattler, ebenfalls Gruppenleiterin in der Abteilung für Molekulare Epidemiologie.

Weitere Informationen
* Kernthemen der KORA-Studien sind Fragen zu Entstehung und Verlauf von chronischen Erkrankungen, insbesondere Herzinfarkt und Diabetes mellitus. Hierzu werden Risikofaktoren aus dem Bereich des Gesundheitsverhaltens (u.a. Rauchen, Ernährung, Bewegung), der Umweltfaktoren (u.a. Luftverschmutzung, Lärm) und der Genetik erforscht. Aus Sicht der Versorgungsforschung werden Fragen der Inanspruchnahme und Kosten der Gesundheitsversorgung untersucht. Die KORA-Forschung soll insgesamt dazu dienen, neue Ansätze im Bereich der Prävention chronischer Krankheiten zu entwickeln und die Gesundheitsversorgung zu verbessern.

** Epigenetik: Im Gegensatz zur Genetik bezeichnet der Begriff Epigenetik die Vererbung von Eigenschaften, die nicht in der primären Sequenz der DNA (den Genen) fixiert sind. Als Träger dieser epigenetischen Information gelten bislang insbesondere RNA-Transkripte und chemische Modifikationen des Chromatins, wie hier das Vorhandensein oder Fehlen von Methylgruppen an der DNA.