Herzinfarkt und Schlaganfall – Netzwerktreffen auf dem Bogenberg
(ra) Das Herzinfarktnetz Niederbayern-Mitte tagte am Mittwochabend auf dem Bogenberg. Es ging darum, aktuelle Zahlen, Daten und Fakten zur Versorgungsschnelligkeit und Qualität in der Region offenzulegen. Außerdem tauschten die Beteiligten Fachwissen rund um die Herzinfarkterkennung und -behandlung aus.
Erschienen waren Vertreter der aktiven Mitgliedseinrichtungen Klinikum St. Elisabeth Straubing, Kreiskliniken Bogen-Mallersdorf, Bayerisches Rotes Kreuz und Malteser sowie auch zahlreiche interessierte niedergelassene Ärzte der Region. Die Referenten des Abends:
Schnelligkeit und Qualität in der Versorgung bewiesen
Prof. Maier blickte zurück auf drei ereignisreiche Jahre seit Gründung des niederbayerischen Herzinfarktnetzes. Die Daten aus der Behandlungskette, die als Qualitätsindikatoren für die Versorgung dienen, können sich seiner Ansicht nach im deutschlandweiten Vergleich sehen lassen. Er würdigte die gemessene hohe Qualität und Schnelligkeit der regionalen Herzinfarktversorgung als medizinische und organisatorische Gemeinschaftsleistung aller Beteiligten – vom Eintreffen der ersten Rettungskräfte und Notärzte über die Öffnung des verstopften Gefäßes im Herzkatheterlabor bis hin zur Nachsorge. Statistisch liege man in nahezu allen beeinflussbaren Bereichen der Versorgungskette über dem Bundesdurchschnitt. Dank der Optimierung aller Abläufe und Schnittstellen habe man die überdurchschnittlich weiten Anfahrtswege mehr als wettgemacht.
„Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der Sterblichkeit und der Behandlungsdauer“, erinnerte der Kardiologe. Die medizinischen Fachgesellschaften empfehlen in ihren aktuellen Leitlinien eine Maximalzeit von 90 bis 120 Minuten vom Erstkontakt mit den Rettungskräften bis zur Gefäßeröffnung im Katheterlabor. Diese habe man im Herzinfarktnetz Niederbayern-Mitte zu 100 Prozent erfüllt und sogar deutlich unterboten. Prof. Maier dankte daher allen beteiligten Rettungskräften, Notärzten, den drei Kliniken in Straubing, Bogen und Mallersdorf, dem Herzkatheterlabor Straubing, der internistischen Intensivmedizin sowie den Mitarbeitern für die Datenerfassung im Netzwerk.
Gefäßablagerungen sind unberechenbar
Dr. Daller schloss sich dem Dank aus Sicht der Klinik Bogen an: „In Bogen haben wir auch ein Herzkatheterlabor, jedoch keinen 24-Stunden-Betrieb, weshalb wir dem Klinikum Straubing für die kollegiale Zusammenarbeit danken.“ In seinem Vortrag schärfte Dr. Daller den Blick dafür, wie ein akuter Herzinfarkt im EKG aussieht und warum. Es gebe immer wieder auch Patienten mit ganz untypischem Risikoprofil, die über Brustschmerz klagen. „Das EKG ist entscheidend und sollte als erstes gemacht werden, um in der Frühphase den rhythmogenen Tod zu vermeiden“, fuhr er fort.
Die für den Gefäßverschluss verantwortlichen Ablagerungen sind unberechenbar. Sie können einreißen und rasch weitere Anlagerungen von Blutplättchen nach sich ziehen. Das EKG sei daher stets als „Momentaufnahme“ zu betrachten. Für das weitere Vorgehen erläuterte Dr. Daller daher die leitliniengerechten Handlungsvorschriften.
Vielfältige Ursachen für Brustschmerz
Als weiteres Untersuchungsverfahren stellte Dr. Wollner die Herzechokardiographie vor. Das patientenschonende Ultraschallverfahren sei nicht-invasiv, beliebig wiederholbar und vielseitig, da auch als Schluckecho oder Stressecho unter Belastung durchführbar. Viele Herzfunktionen könne ein erfahrener Untersucher hier in Sekundenschnelle beurteilen. „Das Echo gehört nach der aktuellen Leitlinie dazu“, betonte der Mallersdorfer Kardiologe. Es dürfe beim akuten Infarkt einen Kathetereingriff nicht verzögern, sei aber in der Nachsorge unentbehrlich. Außerdem ermögliche es im Fall einer stabilen koronaren Herzkrankheit eine konservative Therapie. Anhand von Fallbeispielen mit bewegten Herzecho-Bildern zeigte Dr. Wollner, wie „das Herz nahezu stehen kann“ trotz eines unauffälligen EKGs. Umgekehrt gebe es auch auffällige EKG-Veränderungen ganz ohne Infarkt, wie dank Ultraschall im Fall eines Tumors im Herzen festgestellt werden konnte. Auch der Blick rund um das Herz herum lohne sich bei unklarem Brustschmerz immer wieder, um anderen möglichen Ursachen wie beispielsweise einer Lungenembolie oder Leberzyste auf den Grund zu gehen.
Brustschmerz nicht „Aussitzen“
Die weiteren ärztlichen Referenten Andreas Pöschl und Tilman Röckl stellten lehrreiche Fallbeispiele aus dem Alltag vor, darunter „Klassiker“ mit typischem Risikoprofil, Beispiele für vorbildliche Abläufe unter erschwerten Bedingungen, Brustschmerz mit letztlich ganz anderen Ursachen und komplizierte Kathetereingriffe. Allen Beispielen gemeinsam war die Aussage: Aussitzen sollten man Brustschmerz auf keinen Fall! Da müssen die Enkelkinder dann notfalls auch mal länger warten.