Ozonloch über Antarktis mit Rekordgröße
(ra) Das Ozonloch über der Antarktis hat im September 2023 unerwartet gewaltige Ausmaße angenommen. Noch nie wurde zu dieser Jahreszeit eine so große Ausdehnung gemessen. Die genaue Ursache ist noch unklar, aber es gibt eine Theorie.
Das Ozonloch über der Antarktis hat im September dieses Jahres eine der größten Ausdehnungen seit Beginn der Aufzeichnungen erreicht. Dabei erstreckte es sich über eine Fläche von rund 26 Millionen Quadratkilometern, das entspricht etwa der 72-fachen Fläche Deutschlands.
Es übertraf sogar die Landfläche der gesamten Antarktis (rund 14 Millionen Quadratkilometer) deutlich. Größer war es bisher nur im Jahr 2006 mit 29,6 Millionen Quadratkilometern.
Ozonschicht bildet sich nur langsam
Die Größe des Ozonlochs schwankt in regelmäßigen Abständen. Von August bis Oktober nimmt der Ozonabbau in der Stratosphäre zu und erreicht zwischen Mitte September und Mitte Oktober sein Maximum.
In der Antarktis hat der Frühling begonnen und mit zunehmender Sonneneinstrahlung am Polartag ändern sich normalerweise die Druck- und Windverhältnisse so, dass sich das Ozonloch spätestens Anfang November wieder fast vollständig schließt.
In diesem Jahr begann der Ozonabbau jedoch schon sehr früh und nahm bis August rapide zu. Warum das Loch in diesem Jahr so große Ausmaße angenommen hat, ist noch unklar.
FCKW und andere Gase zerstören Ozonschicht
Das Montrealer Protokoll von 1987 regelt eigentlich den Verzicht auf Stoffe, die die Ozonschicht schädigen. Dazu gehören auch chlor- und fluorhaltige Chemikalien (FCKW). Laut einer im Fachmagazin „Nature Geoscience“ veröffentlichten Studie ist die Konzentration einiger Stoffe aus dieser Gruppe jedoch weiter angestiegen.
Problematisch ist auch Lachgas (Distickstoffmonoxid), das in den letzten Jahrzehnten das Ozon-Gleichgewicht in der Stratosphäre empfindlich gestört hat. Es entsteht vor allem in der industriellen Landwirtschaft sowie durch Verbrennung von Biomasse und von fossilen Energieträgern. Wie die FCKW wirkt es als Katalysator bei der Reaktion von Ozon (O3) zu gewöhnlichem Sauerstoff (O2).
Gründe für den starken Ozonabbau
Der Polarwirbel, ein kreisförmiges Windband rund um die Antarktis, kann einer der Ursachen für den starken Ozonabbau sein. Auf der Südhalbkugel ist er ungewöhnlich stark ausgebildet. Er verhindert einen Luftmassenaustausch zwischen den Polargebieten und den mittleren Breiten.
Dadurch bleiben die Temperaturen in der oberen Atmosphäre sehr niedrig. Vor allem die in FCKW enthaltenen Chlorverbindungen halten sich in der kalten Atmosphäre viel länger und verstärken so den Ozonabbau.
Vulkanausbruch ebenfalls mitverantwortlich?
Experten spekulieren, ob der heftige Ausbruch des Tonga-Vulkans im Südpazifik im Jahr 2022 für das Ozonloch in diesem Jahr mitverantwortlich sein könnte. Bei der Eruption wurde viel Wasserdampf in die Stratosphäre geschleudert, der erst gegen Ende des vergangenen Jahres die Südpolarregionen erreichte.
Normalerweise gibt es in der Stratosphäre keine Wolken, da sie zu trocken ist. Bei den besonders niedrigen Temperaturen in der Polarnacht können jedoch Reste von Wasserdampf mit Salpetersäure gefrieren.
Durch den Vulkanausbruch in der Südsee konnten sich über der Antarktis vermehrt sogenannte polare Stratosphärenwolken in einer Höhe von 20 bis 30 Kilometern bilden. In den Stratosphärenwolken werden nach und nach Chlormoleküle aus Fluorchlorkohlenwasserstoffen und anderen Substanzen freigesetzt. Zur Einordnung: Ein einziges Chloratom in der Stratosphäre kann mehr als 100.000 Ozonmoleküle zerstören.
Der vom Tonga-Vulkan freigesetzte Wasserdampf könnte zudem den Polarwirbel über der Antarktis verstärkt haben. Ein starker Polarwirbel hält ozonschädigende Stoffe wie FCKW wegen des fehlenden Luftmassenaustausches zurück.
Aufgrund fehlender Erfahrungen mit vergleichbaren Ereignissen kann diese Theorie jedoch noch nicht abschließend bestätigt werden.