ÖDP/PU erfährt: Flutpolder sind für den naturnahen Hochwasserschutz nicht 1. Wahl
(ra) Um sich fachlich auf die anstehende Diskussion im Kreistag über den Hochwasserschutz an der Donau vorbereiten zu können, lud die Kreistagsfraktion der ÖDP/PU den Landschaftsarchitekten Georg Kestel aus Deggendorf am Montag zur Fraktionssitzung ins Hotel Murrer in Aiterhofen ein.
Kreisrätin Maria Birkeneder hatte den Kontakt zu dem ausgewiesenen Donaufachmann hergestellt, der sich seit Jahrzehnten beruflich und ehrenamtlich unter anderem als Mitorganisator des jährlichen „Donaukongresses“ mit den Entwicklungen am Strom befasst. Sein Resümee zur aktuell neu aufgeflammten Debatte um den Hochwasserschutz: „Die einseitige Fixierung in der Umsetzung von Maßnahmen auf den technischen Hochwasserschutz und hier wiederum auf die Flutpolder kann und muss jetzt durch ein umfassendes ökologisches Gesamtkonzept abgelöst werden.“
Kestel richtete den Blick auf den ganzen Donauraum mit allen Zuflüssen, Auen, Feuchtgebieten, Mooren und vor allem auch auf die unterschiedlich intensiv genutzten Böden: „Die wissenschaftliche Analyse der Flutkatastrophen des letzten Jahrzehnts hat gezeigt, dass die Begradigungen, Verengungen und Versiegelungen überall im Land zu einer Erhöhung und Beschleunigung der Hochwasserabflüsse geführt haben. Besonders kritisch wird es, wenn dadurch Hochwasserspitzen aus unterschiedlichen Gewässern aufeinander treffen.“
Ein umfassendes an den Ursachen orientiertes Hochwasserkonzept dürfe sich nicht alleine auf technische Maßnahmen erstrecken, sondern müsse natürliche Überflutungsräume erhalten bzw. wieder schaffen. Dies erfordere z.B. Deichrückverlegungen, Renaturierung möglichst vieler Donauzuflüsse und Verbesserung der Versickerungsfähigkeit der Böden.
Vor allem von einer Verbesserung der Bodenstrukturen verspricht sich Kestel wichtige Effekte: „Wir sollten allen Landwirten dankbar sein, die durch eine bewusste Bodenpflege die Aufnahmefähigkeit des Landes bei großen Regenereignissen deutlich steigern; so wird nicht nur die Hochwassergefahr reduziert, sondern gleichzeitig auch eine Abmilderung der Folgen von Dürreperioden erreicht.“
Man dürfe aber keinen ausschließenden Gegensatz zwischen ökologischen und technischen Maßnahmen konstruieren: „Wir brauchen dringend die Optimierung der nicht ausreichenden Deiche in Niederbayern zwischen Straubing und Vilshofen“ verlangt der Donaufachmann. Auch das Polderkonzept dürfe nicht einfach ersatzlos aufgegeben werden, obwohl mit Blick auf einen naturnahen Hochwasserschutz „die Flutpolder nicht die 1. Wahl“ sind.
Es sei z.B. durchaus schwierig, den richtigen Zeitpunkt für die Öffnung im Ernstfall vorauszuberechnen. Wichtig sei zudem, zumindest durchströmte Flutpolder zu planen, um den Schäden für die Natur durch lange stehende Wassermassen in den Poldergebieten vorzubeugen. Die Streichung allein von einigen wenigen Poldern aus den bisherigen Konzepten zum technischen Hochwasserschutz bei gleichzeitigem Festhalten an Poldern andernorts sei keine Lösung: „Es darf nicht sein, dass auf diese Weise die nötige Solidarität aller Beteiligten wegbricht.“
Fraktionsvorsitzender Bernhard Suttner dankte Georg Kestel für seine sachlich fundierte Einschätzung der Lage und fasste zusammen: „Wir sollten jetzt alle die Chance nutzen, ein wirklich gutes Konzept für die Sicherung unserer Heimat am Strom zu entwickeln und zeitgerecht umzusetzen.“