Bogen

Dem Rückenschmerz die rote Karte gezeigt

(ra) Einen Kofferraum voll Anschauungsmaterial hatte Chefarzt Dr. med. Svend Hofmann Donnerstagabend im Gepäck, als er beim 40. Gesundheitsabend der Klinik Bogen im Kulturforum Oberalteich zum Thema Sport und Wirbelsäule referiert hat. Dazu gab es praktische Übungen zum Mitmachen unter Anleitung des AOK-Gesundheitsdozenten und Personal Trainers Candy Konz sowie einen Informationsstand des Sanitätshauses Hausladen Medotech. Durch den Abend führte Wilhelm Lindinger, Fördervereinsvorsitzender der Klinik Bogen.

Von links: Orthopädietechniker-Meister Henri Hauser vom Sanitätshaus Hausladen Medotech, Stadtrat und Vereinssportler Helmut Muhr, Fördervereinsvorsitzender Wilhelm Lindinger, AOK-Gesundheitscoach Candy Konz, Chefarzt Dr. med. Svend Hofmann, Orthopädie und Unfallchirurgie Klinik Bogen, und Bogens 1. Bürgermeisterin Andrea Probst. – Foto: Klinik Bogen/Elisabeth Landinger

Dr. Hofmann ist Chirurg, Unfallchirurg, Orthopäde und Sportmediziner. In seiner Jugend spielte er selbst Fußball und war im Chemnitzer Olympiastützpunkt als Leistungssportler aktiv. Aus dem mitgebrachten Fundus zog er sich kurzerhand die Jacke seines neuen Lieblingsvereins TSV Bogen über und zückte die rote Karte, die dem Rückenschmerz mit diesem Abend gezeigt werden sollte.

Als gute Botschaft vermittelte Dr. Hofmann, dass Rückenschmerzen in 90 Prozent in vier bis sechs Wochen von selbst abklingen. Wenn nicht, seien die Faktoren derart vielfältig, dass die ärztliche Abklärung oft zur jahrelangen Odyssee werde. Belastend sind Rückenschmerzen nicht nur für die Betroffenen selbst, immerhin 90 Prozent aller Menschen im Gesamtleben, sondern auch für die Volkswirtschaft mit 442 Milliarden Euro für Arztkonsultationen, Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit. Dass die Zunahme von Rückenschmerzen mit vermehrt sitzenden Tätigkeiten zusammenhängt, sei laut Dr. Hofmann kein Zufall: „Sitzen bedeutet Stillstand und Rückschritt. Falsches Sitzen gibt es nicht. Problematisch ist, lang und bewegungslos in derselben Position zu sitzen. Dynamisches Sitzen ist angesagt!“

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Bezüglich der sportlichen Intensität riet Dr. Hofmann wie bereits Paracelsus: „Allein die Dosis macht’s.“ Wer eine mäßige Belastung anstrebt, solle sich beim Laufen locker nebenher unterhalten können. Während viele Leistungssportler ihren Zenit bereits ab dem 30. Lebensjahr überschreiten, können sich auch über 60jährige mit regelmäßigem Training so fit halten wie untrainierte 20jährige. Die Wirbelsäule benötige dabei wie ein Kran immer auch ein Gegengewicht. Daher müssen stets Rücken- und Bauchmuskeln gleichermaßen trainiert werden. Die Wirbelsäule könne gesund und mit richtiger Hebetechnik 1,5 Tonnen tragen. Ausreichend Nachtruhe sei für die Regeneration der Bandscheiben unentbehrlich, denn im entlasteten Zustand saugen sie sich wieder mit Flüssigkeit voll. Dr. Hofmann warnte vor einseitigem und ausschließlichen Betreiben der für den Rücken ungünstigen Sportarten mit Haltungskonstanz, wie Angeln und Segeln, oder mit Bücken und Rumpfverdrehen, wie Tennis, Golf und Skiabfahrt.

Krankheits- oder altersbedingt verändere sich die Wirbelsäule in ihrer Bruchfestigkeit, muskulären Stabilität und Flexibilität. Geradeaus-Sportarten wie Schwimmen, Laufen, Nordic Walking, Radfahren und Skilanglauf seien auch jenseits des 60. Lebensjahres möglich. Im Kindes- und Jugendalter sei die noch im Wachstum befindliche Wirbelsäule belastungsanfällig. Dr. Hofmann riet zu guter Ausrüstung, fachkundiger Trainingsanleitung, altersgerechten Spezialisierungen und regelmäßigen sportärztlichen Untersuchungen. Nicht zu unterschätzen sei die Bedeutung von „Sportunterricht als Pflichtbestandteil der Schulpflicht“. Dr. Hofmann bedauerte den Bedeutungsverlust der deutschlandweit 91 000 Sportvereine angesichts wachsender Individualisierung und Abenteuersuche, ebenso die Schließung von kommunalen, wirtschaftlich defizitären Bädern.

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Auch das von vielen Rückenpatienten, deren Partnern und behandelnden Orthopäden als Tabu behandelte Thema „Sex und Rückenschmerz“ sprach der Referent an, zumal „Sex quasi Wirbelsäulengymnastik“ sei. Ein zölibatäres Leben sei mit offener Kommunikation und dank rückenschonender Positionen und einfacher Hilfsmittel nicht nötig.

Den von Dr. Hofmann genannten „Rückenkillern“ in der Gymnastik, wie Kopfkreisen, Rumpfbeuge und „Klappmesser“, stellte Candy Konz praktische Mitmachübungen gegenüber, welche die Wirbelsäule gezielt in allen Abschnitten und alle Richtungen beweglich halten.