Corona-Arbeitsgruppe des Gesundheitsamtes Landshut im Dauereinsatz
(ra) Telefonieren in Dauerschleife: So sieht derzeit der Alltag der Mitarbeiter der Corona-Arbeitsgruppe am Staatlichen Gesundheitsamt Landshut aus. Sie sind in der momentanen Situation mehr denn je gefordert, um die Infektionsketten des Corona-Virus zu durchbrechen – vor allem, weil das Virus immer weitere Kreise zieht und sich quasi wie ein Lauffeuer verbreitet. Innerhalb kurzer Zeit hat das „Contact Tracing Team“ – so die offizielle Bezeichnung der Corona-Arbeitsgruppe – effiziente Vorgänge mit Aufgabenteilung entwickelt, um das enorme Arbeitsaufkommen irgendwie zu bewältigen. Trotz allem sind die gut 20 Mitarbeiter im Dauereinsatz: von Montag bis Sonntag, von morgens bis spät in den Abend. Und das stets mit Maske.
Die Türen stehen offen, denn die Mitarbeiter arbeiten Hand in Hand. Von Erfassung bis zur Aufhebung der Quarantäne durchläuft eine Akte zahlreiche Stationen. Dreh- und Angelpunkt ist das so genannte „SurvNet“-Zimmer, benannt nach dem zentralen Erfassungssystem, das vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bereitgestellt wird. Auf dieser Datenbasis berechnen auch das LGL auf Landesebene und das Robert-Koch-Institut auf Bundesebene die 7-Tages-Inzidenz-Werte, Neuinfektionen und geltenden Stufen der Corona-Ampel.
Auf einem Whiteboard werden die neu eingegangenen positiven Befunde des Tages aufgelistet – so erkennen alle Mitarbeiter auf einen Blick, egal welchen Bereich sie gerade bearbeiten, ob eine bestimmte Person schon erfasst ist oder nicht. Hat die Tafel vor wenigen Wochen noch für drei Tage ausgereicht, ist sie mittlerweile jeden Tag vollgepackt. An einem Spitzentag Anfang dieser Woche waren es 64 Neuinfektionen, die festgestellt und umgehend abgearbeitet wurden.
Nach Eingang des positiven Befundes, der eine Corona-Infektion feststellt, wird eine Akte erstellt, sie wandert weiter zu den Telefonisten. Diese informieren den Betroffenen über sein positives Ergebnis und fragen nach: Wie geht es ihm? Zeigt er Symptome? Wo könnte er sich angesteckt haben? Mit wem war er vor dem Test in Kontakt, wer könnte womöglich noch infiziert sein? Das Gesundheitsamt spricht im Zuge dessen die häusliche Quarantäne aus: Der Betroffene darf seine Wohnung bzw. Grundstück nicht verlassen, sollte auch den Kontakt zu den weiteren Angehörigen seines Hausstandes so gut es geht reduzieren. Doch auch diese werden als Kontaktpersonen ersten Grades vorsorglich unmittelbar in Häusliche Quarantäne überstellt und ein Test vereinbart. Fünf bis sieben Tage nach der mutmaßlichen Ansteckung oder dem Eingang des positiven Testergebnisses folgt für den Betroffenen ein zweiter Abstrich.
Jeder neue positive Befund ist wie eine „Büchse der Pandora“: Pro Infiziertem ist mit etwa 20 Kontaktpersonen (innerhalb der 48 Stunden vor dem Test) zu rechnen: Arbeit, Sportverein, Restaurantbesuch. Diese enorme Anzahl stellt die Contact Tracing Teams vor enorme Herausforderungen. Denn auch wenn der Infizierte verpflichtet ist, seine Kontaktpersonen vorab selbst über seine Infektion zu informieren und eine umfassende Kontaktliste erstellen: Das Gesundheitsamt muss aber jeden einzelnen anrufen, die Kontaktkategorie festlegen (nur Kontaktpersonen ersten Grades müssen in häusliche Quarantäne überstellt und auf eine Corona-Infektion getestet werden) und womöglich die Quarantäne aussprechen. Die Erfahrung zeigt: Kontaktpersonen werden häufig auch zu Indexfällen. Mit dem anstehenden „Lockdown light“ wird sich diese Zahl reduzieren – hoffen zumindest die CTT-Mitarbeiter.
Parallel läuft im Gesundheitsamt die Ermittlungsarbeit und Situationsbewertung: Wo liegen die Zusammenhänge zwischen den Infektionen, wo könnten mögliche Cluster entstehen? Waren die Betroffenen beispielsweise auf einer gemeinsamen Feier, sind sie Arbeitskollegen oder im selben Sportverein? Auf dieser Basis werden Reihentestungen durch das eigene mobile Abstrichteam des Gesundheitsamtes geplant. Mit vor Ort ist immer ein Mitarbeiter des Contact Tracing Teams, um die vielen Fragen beantworten zu können.
Denn in vielen Fällen hat die Infektion eines Einzelnen auch weitreichende Folgen für andere, über den eigenen Hausstand hinaus – arbeitet der Betroffene womöglich in einem sozialen Beruf, in einer Kita oder ist Lehrer, müssen Kindergartengruppen oder ganze Klassen in Quarantäne und getestet werden. Im schlimmsten Fall muss sogar eine ganze Einrichtung geschlossen werden. Und die Liste der betroffenen Einrichtungen wird immer länger, auch diese Tafel ist mittlerweile voll. Deshalb appelliert das Gesundheitsamt permanent an die Mitarbeiter und Leiter dieser Einrichtungen, sich unbedingt an Hygienekonzepte zu halten, stets den Mindestabstand zu wahren und Maske zu tragen. So kann die Zahl der Kontaktpersonen besser eingegrenzt werden, womöglich müssen dann deutlich weniger in häusliche Quarantäne überstellt werden und der Betrieb kann weiterlaufen.
Auch Verwaltungstätigkeiten nehmen viel Zeit in Anspruch: Denn die häusliche Quarantäne muss schriftlich bescheinigt werden. Denn während dieser Zeit fehlt der Arbeitnehmer nicht nur in seinem Betrieb; der Arbeitgeber hat auch Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz, sofern er nicht kurzfristig beispielsweise ins HomeOffice ausweichen kann.
Zwei Wochen dauert die häusliche Quarantäne für einen Infizierten in der Regel an. Beginn und Ende werden im Erfassungssystem hinterlegt. Am letzten Tag rufen die Mitarbeiter des Corona-Teams noch einmal beim positiv Getesteten an, fragen, wie es ihm geht, ob er noch hustet, Fieber hat oder andere Symptome zeigt. Erst dann kann die Quarantäne durch das Gesundheitsamt aufgehoben werden. Und auch nur durch das Gesundheitsamt: Der Hausarzt hingegen ist dazu nicht berechtigt. Ein negativer Test beendet niemals die Quarantäne, da dieser stets nur eine Momentaufnahme darstellt. Nur die 14-tägige Quarantäne bietet einen sicheren Schutz, die Infektionskette zu durchbrechen.
Bedingt durch den schnellen Personalzuwachs musste das ohnehin bereits räumlich mehr als beengte Landratsamt wieder um eine Außenstelle erweitert werden – und das möglichst schnell. In Ergolding ist man fündig geworden. Durch die enorme Arbeitsbelastung werden jetzt parallel schon weitere Räume angemietet und für den Einsatz vorbereitet und auch im Landratsamt wird Personal in diesem Zusammenhang reaktiviert. Denn auch wenn die CTTs „top motiviert“ sind, wie Landrat Peter Dreier bei einem Besuch der neuen Außenstelle feststellen konnte: Ein Dauerzustand darf dies nicht werden. „Wir müssen unsere Mitarbeiter hier unterstützen – sie leisten wirklich Unglaubliches, um die Pandemie zu bewältigen und die Infektionsketten zu unterbrechen.“
Die von der Bayerischen Staatsregierung angekündigten Unterstützungskräfte bringen in der aktuellen Situation nur wenig Erleichterung: Diese Helfer können nicht von jetzt auf gleich die Kontaktpersonen-Ermittlung übernehmen – sie müssen intensiv über die geltenden Regularien geschult werden. Denn – verständlicherweise – haben die Betroffenen viele Fragen, wenn sich ihr Leben für zwei Wochen vollständig in den eigenen vier Wänden abspielen muss: bedingt durch eine unsichtbare Gefahr, die wirklich jeden treffen kann. Deshalb gilt es, trotz des neuerlichen Lockdowns, sich stets an die Hygieneregeln zu halten: Abstand halten, Maske tragen, Hände waschen, lüften und umsichtig sein – zum Schutz der Mitmenschen, aber auch für sich selbst. Und damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Corona-Arbeitsgruppe auch mal kurz durchatmen können.