Claudia Koreck mit ihrem neuem Album „Auf die Freiheit“
(ra) Mit ihrem zehnten Studioalbum „Auf die Freiheit“ feiert Claudia Koreck den Spaß an der musikalischen Vielseitigkeit, zeigt sich so experimentierfreudig wie noch nie, ganz nach der Maxime „I bin der rote Faden“ und präsentiert am 8. August ein so buntes wie wildes und spannendes Album mit elf Songs.
Wahre Künstler sind frei. Frei von Schubladen, frei von Marketingplänen, frei von den Entscheidungen anderer. Claudia Koreck hat sich ihre Freiheit erkämpft und nie wieder nehmen lassen. Sie singt auf Bairisch, wenn sich das für sie gut anfühlt (angefangen mit ihrem Hit-Debüt „Fliang“ 2007 bis zum aktuellen Album). Manchmal singt sie auf Hochdeutsch, manchmal auf Englisch, manchmal für Kinder. Wenn sie Lust hat, bringt sie ein Doppelalbum mit bairischen und englischen Songs heraus („Holodeck“, 2017), oder sie schreibt persönlich inspirierte Weihnachtslieder, die abseits vom Rote-Nasen-Kitsch direkt ins Herz gehen.
Freiheit bedeutet aber auch, Entscheidungen treffen zu müssen. „Nach den Konzeptalben ,Weihnachtsplatte‘ und ,Kinderplatte‘ habe ich mich gefragt: Was machst du als nächstes?“, blickt die Traunsteinerin zurück, die Ende Mai 34 wird. Beflügelt vom Erfolg der Weihnachtsplatte samt Tour, war da zunächst die Idee eines Singer-Songwriter-Albums. Dann aber merkte sie, dass das nicht passte. „Ich wollte nach vorn“, sagt sie, „vom Sound her was machen, was ich noch nicht gemacht habe. Denn eines ist mir wichtig: Ich möchte nicht langweilig werden“.
Wenn nun im Sommer ihr mittlerweile zehntes Studioalbum erscheint, dann ist es wohl ihr experimentierfreudigstes. Passenderweise „Auf die Freiheit“ betitelt, schlägt es in elf Stücken einen Bogen von der funky Disco-Nummer („Katz und Maus“) bis zum Gypsy-Folk („Fremde Melodie“), vom bassgetriebenen „Vida Bonita“ bis zum Trompeten-Reggae-Schelmenstück („Bahamas“). Die überraschendste Nummer dürfte „Vegas“ sein. Mit reduzierter Stimme und verstärktem Bass, mit treibendem Beat und einem Revue-Refrain im Abba-Stil verblüfft Koreck in einer neuartigen Fusion aus Bairisch und Billie Eilish.
„Sie mag ihren Sound geöffnet haben, begleitet hier und da von Wurlitzer, Ukulele oder 8-Bit-Keys, bleibt die Songwriterin doch immer und zu 100 Prozent: Claudia Koreck selbst.“
„I bin der rote Faden“, sagt sie lächelnd. „Ich mache kompromisslos, was ich will“. Dazu gehören bei aller Neugier und Positivität auch wieder intime und grüblerische Gitarrenballaden („Nia zufriedn“ und „Koa Paradies“) sowie vom Blues infizierte Nummern im geliebten Koreck-Stil wie etwa der Opener „Aufgwacht von den Douden“.
Eine bunte, wilde, spannende Mischung präsentiert sie dieses Mal, aber gerade das gefällt der Künstlerin. „Das Schubladen-Ding war nie meins“, sagt sie, „ich bin in mehreren Richtungen dahoam“. Die Frau an sich sei ja ein zyklisches Wesen, erklärt sie weiter, „oft sehr launisch und abwechslungsreich. Der Spaß liegt in der Vielseitigkeit.“
Die Sound-Findung stand also mehr denn je im Fokus. Produziert hat, wie üblich, Korecks Ehemann, der Multiinstrumentalist Gunnar Graewert. Der erinnert sich: „Wir haben uns ihre Ideen und Songskizzen angeschaut und uns gefragt: Wo führen uns die Songs hin? Zum Teil eher ungewohnte Sound. Lass uns ungeachtet deines gewohnten Sounds experimentieren und diese Ideen mit ihren musikalischen Konsequenzen weiterdeklinieren!“ Aufgenommen wurde in den eigenen Honu Lani Studios in Traunstein, in den Downtown Studios in München, im Tweedstudio in Unterföhrung und – die Basslinie von Sean Hurley im Opener – in den Village Studios in Los Angeles. Ebenfalls besonders wichtig für das Gelingen von „Auf die Freiheit“: das Ausbalancieren und Mischen ganz am Ende. Für den Mix verantwortlich waren Gunnar Graewert sowie Kilian Reischl von der Band Cosby, der auch als Bassist bei „Vida Bonita“ zum Einsatz kam. Weitere vertraute Mitmusiker waren die Szene-Größen Titus Vollmer, Matthias Bublath und Oscar Kraus sowie Andi Bauer und Martin Kursawe.
Das neue Album ist auch deshalb etwas Besonderes, weil es ein Spiegel dafür ist, wie Claudia Koreck arbeitet. „Ich schreibe ja wahnsinnig viel“, sagt sie. Auf ihrem Smartphone trägt sie Tausende Sprachmemos mit Songfragmenten mit sich herum, mal Text und Gitarre, mal nur Musik. Ihr Archiv der Musenküsse wächst und wächst. So sind einige der neuen Nummern zum Teil schon vor zehn Jahren entstanden, andere erst vor wenigen Monaten. „Gunnar und ich haben uns viel Zeit gelassen und erst mal alles angehört, was ich je komponiert habe.“ Song für Song haben sie sich vorgeknöpft, haben von anfänglich 300 auf 200 auf 100 und so weiter herunterreduziert, bis elf Songs übrig blieben. Anschließend haben sie sich intensiver den passenden Arrangements gewidmet. Man liegt also nicht ganz falsch, wenn man „Auf die Freiheit“ als eine Art Best-of der schlummernden Ideen bezeichnet.
Auch inhaltlich schlägt sich Korecks Herzensthema Freiheit nieder. In „Bahamas“ geht es um das Spannungsfeld in einer Beziehung, also wie viel Freiheit man dem anderen gibt. „Die Ehe ist wie ein Langzeitparadies“, sagt die Sängerin. „Aber wenn man nicht mehr kommuniziert, verliert man sich. Dann kannst du nicht zurück ins Paradies.“ In „Himmi“ geht es um die Freiheit des Scheiterns, also darum, sich mit all seinen Schwächen anzunehmen. „Indianer“ ist eine Hommage an den Liedermacherkollegen Willy Michl, einen wahren „Freiheitskämpfer“, wie Koreck sagt. Und mit „Nia zfriedn“ betont die Musikerin, wie wichtig es ist, nicht perfekt zu sein. Das zu erkennen, sei sehr befreiend. In dem reinen, puren, wunderschönen Gitarrenstück mag ihre Stimme nicht an jeder Stelle jeden Ton auf Anhieb treffen. Doch gerade deshalb ist ihr Gesang ehrlich bezaubernd. Und vollkommen frei.