(pw/jh) Ein kühler Wind weht über den Friedhof, zwischen Tannenreisig und Kerzenschein liegt der Duft von Erde, Harz und stiller Erinnerung. Menschen stehen vor den Gräbern ihrer Angehörigen, zünden Lichter an, legen kleine Gestecke nieder. Es ist kurz vor Allerheiligen. Es ist die Zeit, in der Erinnerung sichtbar wird – und in Form von Blumen und Zweigen Gestalt annimmt.

Allerheiligen ist mehr als ein Gedenktag. Es ist ein Ritual des Innehaltens, ein Tag, an dem Trauer, Dankbarkeit und Hoffnung in Farbe und Form übersetzt werden. Das weiß die Floristin Luise Plep. regio-akutell24 hat sich mit ihr unterhalten.

Die Floristin Luise Plep über ihre Arbeit: „Es gibt nichts Schöneres in unserem Beruf, als wenn der Kunde glücklich und zufrieden den Laden verlässt.“ – Alle Foto: Heinz Plep

Handwerk mit Herz und Seele

In der Floristikwerkstatt von Luise Plep in Straubing stapeln sich Tannenzweige, Moos, Zapfen und Wurzeln. Es duftet nach Wald und nach frischen Rosen. Die Floristin steht an ihrem Arbeitstisch, formt Kränze, drapiert Beeren und kleine Äste – jedes Stück ein Unikat.

„Unsere Kunden lieben Werkstücke, die mit viel Natur gearbeitet sind“, sagt sie und streicht mit der Hand über ein halbfertiges Herz aus Moos und Kiefer. „Nicht mit viel gefärbtem Material, aber winterfest. Ob Herzen, Gestecke oder Kränze – sie sind viel schöner mit natürlichen Ästen, Zweigen, Rinde, Zapfen, Beeren und Moos.“

Viele Kundinnen und Kunden wünschen sich Gestecke, die nicht nur schön aussehen, sondern auch standhalten. „Wir arbeiten natürlich auf Wunsch mit Pflanzen wie Heidekraut, Silberkraut oder roter Teppichbeere“, erzählt Plep. „Auch frische Blumen, etwa Rosen oder Protea, setzen wir ein – so gearbeitet, dass keine Lücke entsteht, wenn sie entfernt werden müssen, weil die Blüten verblüht sind.“

Manche bringen sogar eigenes Material mit, vielleicht ein Stück Holz vom Garten der Verstorbenen oder eine kleine Figur, die einst auf dem Grab stand. „Solche Dinge zu integrieren ist etwas Besonderes. Es entsteht eine Verbindung zwischen Erinnerung und Gestaltung“, sagt Plep.

Grabgestecke einmal anders

Zwischen Symbolik und Nachhaltigkeit

Immer häufiger achten Kundinnen und Kunden auch auf Umweltaspekte. „Vielen ist wichtig, dass ihr Gesteck umweltfreundlich ist“, betont die Floristin. „Für den Grabschmuck sollten natürliche Materialien verwendet werden, die den ganzen Winter halten. Bei Urnenwänden ist es wichtig, keinen Draht zu nehmen, der verrostet. Alles sollte sich in den Kreislauf der Natur einfügen.“

Neben der Nachhaltigkeit spielen auch Symbole eine Rolle. „Akzente wie ein kleines Herz mit Text oder ein Engel erfüllen wir gerne“, sagt Plep. „Sobald ich anfange zu arbeiten, kommen viele Ideen. Heuer auch wieder mit bemalten und beschrifteten Grablichtern – das gibt jedem Werkstück eine persönliche Note.“

Erinnerung, die wächst

Für viele Angehörige ist das Gesteck mehr als nur Schmuck – es ist ein stummer Gruß. Eine Frau, die gerade vor dem Grab ihres Vaters steht, erzählt leise: „Die Farben sind jedes Jahr dieselben – Dunkelrot, Tannengrün, ein bisschen Gold. Das war seine Lieblingszeit im Jahr. Wenn ich das Gesteck hinlege, fühlt es sich an, als würde ich kurz mit ihm sprechen.“

Solche Momente erlebt Luise Plep oft. „Ich liebe diese Arbeit, wie alles andere auch in der Floristik“, sagt sie. „Es gibt nichts Schöneres in unserem Beruf, als wenn der Kunde glücklich und zufrieden den Laden verlässt.“

Grabgestecke zwischen Tradition und Wandel

Der Brauch, Gräber zu Allerheiligen zu schmücken, ist in Bayern tief verwurzelt. Er verbindet Generationen, bleibt aber offen für Wandel. Früher dominierten dichte Buchs- und Tannengestecke, heute werden natürliche, lockere Formen bevorzugt – inspiriert von Wald und Wiese. Floristische Kunst und persönliche Symbolik verschmelzen dabei immer stärker.

Ein stiller Dialog mit den Verstorbenen

Wenn am Abend die Friedhöfe im Kerzenschein leuchten, entsteht eine besondere Stimmung: ein stilles Gespräch zwischen den Lebenden und denen, die gegangen sind. Die Grabgestecke werden zu kleinen Botschaften – aus Moos, Blüten und Erinnerung. Sie erzählen von Liebe und Dankbarkeit, von Vergänglichkeit und Neubeginn.

Luise Plep lächelt, als sie das sagt, was viele empfinden, aber selten aussprechen: „Ein Grabgesteck ist wie ein Blumengebet. Es sagt alles, was Worte nicht ausdrücken können.“