Offener Brief von Landrat Heinrich Trapp
Verehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, zweimal habe ich mich mit zunehmender Sorge an Sie gewandt, vor allem deswegen, weil das Ausmaß der Gefährdungen bei vielen noch nicht angekommen war. Inzwischen ist das Verständnis für die Mithilfe bei der Gefahrenabwehr gewachsen. Ich möchte mich deshalb sehr herzlich bei allen bedanken, die sich solidarisch zeigen, Vorschriften einhalten oder sogar bereit sind anderen zu helfen.
Auch heute kann ich noch keine Entwarnung geben. Die große Welle an Schwersterkrankten hat uns noch nicht erreicht. Sie wird aber nicht ausbleiben. Der Höhepunkt der Krise steht uns noch bevor.
Das Menschenmögliche werden wir aber nur leisten können, wenn wir alle weiterhin diszipliniert bleiben und die Nerven behalten. Dies gilt für die Dinge, die wir unterlassen sollen, es gilt aber auch für alles, was jetzt geleistet werden muss. Es ist wichtig, dass die gesunden Menschen in den relevanten Berufen ihrer Arbeit nachgehen, besonders im Gesundheitswesen, in den Pflegeberufen und im Versorgungsbereich. Ich danke all denen, die jetzt privat und beruflich große Erschwernisse auf sich nehmen und auch über die Belastungsgrenzen gehen, die bisher galten.
Die Zahl der positiv Getesteten ist seit Montag von 36 auf 75 gestiegen, die Zahl der Kontaktpersonen für die Quarantäne gilt, liegt mittlerweile bei 414. Für 154 konnte sie wieder aufgehoben werden.
Vier Corona-Patienten sind gegenwärtig in stationärer Behandlung im Krankenhaus, aber diese Zahlen ändern sich jetzt stündlich. Bisher hatten wir noch keinen Beatmungsfall. Das Donau-Isar-Klinikum hat für die zu erwartenden größeren Patientenzahlen die Belegungssteuerung geregelt. Deggendorf und Dingolfing behandeln bereits Corona-Patienten, wobei in Deggendorf die Schwerpunktversorgung erfolgen wird. Landau soll in der Belegung heruntergefahren werden, um Personalressourcen zu generieren und Covid-19-frei gehalten werden.
Die Führungsgruppe Katastrophenschutz im Landratsamt arbeitet seit Montag, 7 Uhr, im Vollbetrieb, mit Bundeswehr, Polizei, BRK, Ärzten, THW usw. zusammen, das heißt alle Stabsstellen sind dauernd besetzt.
Wir kümmern uns um Ersatzkräfte und Unterbringungsmöglichkeiten, wenn die Krankenhäuser nicht mehr aufnahmefähig sind. Wir haben Optionen für Kurkliniken, Rehakliniken und Hotels. Alles hängt aber daran, dass unsere Mitarbeiter/innen in systemrelevanten Berufen gesund und einsatzfähig bleiben. Wir bemühen uns gegenwärtig, dass sechs moderne Beatmungsgeräte, die wir im Dezember 2019 für das Klinikum in Dingolfing bestellt haben, noch ausgeliefert werden – und nicht dem Bundeskontingent zur zentralen Verteilung zugeschlagen werden.
Der „Notfallplan Corona-Pandemie“ der Staatsregierung hat den Landratsämtern bzw. den Landräten neue Zuständigkeiten und Aufgaben zugeteilt. Ich werde Herrn Dr. Lothar Wittek zum Versorgungsarzt für den Landkreis Dingolfing-Landau ernennen, der die Aufgabe hat, Sonderaufgaben für den Katastrophenfall wahrzunehmen und die Effizienz der ärztlichen Versorgung zu verbessern.
Ab sofort finden die Tests des Gesundheitsamtes – nur für Infizierte und Kontaktpersonen – in einer mobilen Teststation jeweils am Vormittag statt. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) wird voraussichtlich ab Montag, spätestens ab Dienstag nachmittags ihre Tests dort durchführen. Dies gilt nur für Patienten, die von ihren Hausärzten der KV gemeldet wurden und zum Testen vorgeladen sind.
Verehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
in Gesprächen und Telefonaten bekomme ich mit, unter welch erschwerten Bedingungen Sie das alltägliche Familienleben oft mit der Fürsorge für Kinder oder Großeltern organisieren müssen. Sie schultern große Belastungen schultern und es wird ja nicht leichter von Tag zu Tag.
Umso mehr danke ich allen die, die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens, der Lebensmittelversorgung, des Verkehrs aber auch in der Verwaltung aufrechterhalten. Die neuen Gesetze müssen umgesetzt und die Mittel verteilt werden. Mit einer reduzierten Belegschaft (Krankheit, Abordnung zum Katastrophenschutz) versuchen wir im Landratsamt im Zweischichtbetrieb den Menschen schnell zu helfen. Kurzarbeiter beantragen Aufzahlungen auf das Kurzarbeitergeld, einkommenslose Selbständige können soziale Unterstützung bekommen. Wenn Väter plötzlich kein Geld mehr für Alimente haben, muss unser Landratsamt einspringen und das Kindeswohl sicherstellen und den Müttern helfen. Das Landratsamt muss auch in Krisenzeiten Dienstleister für Hilfsbedürftige bleiben.
Am 19. März habe ich im Einvernehmen mit Landrat Fahmüller die Wertstoffhöfe des AWV schließen lassen bzw. müssen. Die Müllabfuhr arbeitet weiter. Grund dafür waren die gehäuften Krankheitsfälle des Personals sowie der Schutz der verbliebenen Mitarbeiter, die oft schon im Rentenalter sind – und den Kundenansturm in Unterbesetzung nicht mehr regeln konnten. Ich habe veranlasst, dass das verbliebene Personal neu strukturiert wird und die Wertstoffhöfe Schritt für Schritt ab Anfang April wieder geöffnet werden – beginnend in den größeren Orten. Detaillierte Informationen erhalten Sie über die Homepages des AWV und der Landkreise sowie über die Tagespresse und den lokalen Rundfunk.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
ich habe mich heute zum dritten Mal mit einem offenen Brief an Sie gewandt, auch weil ich sehr oft von Ihnen erfahren habe, dass Sie die beiden ersten Briefe als wertvolle Information empfunden haben. Selten habe ich so viel Lob bekommen und auch Dankbarkeit verspürt.
Krisenzeiten sind immer auch Zeiten, in denen Gerüchte gestreut werden und Betrüger Geschäfte machen wollen. Seien Sie bei Online-Geschäften vorsichtig, vertrauen Sie lieber einheimischen Geschäftsleuten. Die Initiative „heimathilft.de“ hat für den Landkreis Geschäfte veröffentlicht, die Waren und Speisen den Kunden nach Hause zustellen. Es wird auch viel Blödsinn im Netz verbreitet und auch viel Schmarrn erzählt. Die Behauptung, dass das Landratsamt verboten hat, mehr als eine Küchenrolle pro Kundschaft zu verkaufen, ist Unsinn. Wir haben was anderes zu tun und ganz andere Sorgen.
Morgen, Samstag, können Sie mich von 12 bis 14 Uhr und am Sonntag (Stich-Wahlsonntag) von 11 bis 13 Uhr am Bürgertelefon erreichen (Telefon 08731 87-200).
Ich danke Ihnen sehr für Ihr Interesse und für solidarisches Handeln. Bleiben Sie gesund!
Ihr
Heinrich Trapp
Landrat