Neue Computerpatente erleben einen Boom
(ra). Die Wirtschaftskrise beflügelt offenbar den Geist. Wie die Jahresbilanz des Europäischen Patentamtes (EPA) mit Sitz in München zeigt, haben die Innovationen offenbar bisher nicht gelitten, ganz im Gegenteil. Insgesamt wurden im Vorjahr 188.600 Patente eingereicht. Das ist ein bemerkenswertes Plus von 4,5 Prozent im Vergleich zum Jahr davor. Die Zahl neuer Patente hat damit einen neuen Rekordwert erreicht.
Die letzten Jahre haben zahlreiche Branchen dazu ermuntert, sich verstärkt um Innovationen zu bemühen. Schließlich schreitet die Digitalisierung aktuell so schnell voran, wie nie zuvor. Das zeigte sich auch in den Nutzerzahlen der Streaming-Anbieter. Diese stieg zwar weiterhin stark an, doch gleichzeitig drängten immer mehr Konkurrenten auf den Markt. Als Vorreiter setzte der erfolgreiche amerikanische Streaming-Pionier Netflix daraufhin verstärkt auf lokale Angebote. Dies löste am Beispiel der südkoreanischen Serie „Squid Game“ einen beispiellosen Boom bei Serien aus dem asiatischen Land aus. Ähnlich wie beim sogenannten K-Pop zeigte sich das Publikum hungrig nach neuartig gestalteter Unterhaltung.
Dass die Unterhaltungsindustrie regelmäßig innovativen Nachschub benötigt, hat auch die Online-Industrie erkannt. So setzt der internationale Anbieter PokerStars Vegas bei den angebotenen Spielautomaten verstärkt auf eine innovative Technologie namens Megaways. Die Slots mit dieser Mechanik zeigen eine variable Anzahl an Symbolen bei jeder Drehung dank austauschbarer Walzen. Gleichzeitig werden dem Angebot laufend neue Slots mit verschiedenen Designs und Thematiken hinzugefügt.
Und auch der Spielkonsolen-Gigant Xbox von Microsoft verlagert seine Aktivitäten mehr und mehr ins Netz. Schon bei der Präsentation der letzten Konsole betonte man, dass man die Zukunft im digitalen Raum sähe. Daher passt die Strategie, den hauseigenen Xbox Game Pass weiter auszubauen. Dieser öffnet sich verstärkt hin zu anderen Plattformen, wie Web, PC und Mobile. Doch damit hat man in Redmond noch lange nicht genug. Ziel ist es auch Plattformen der Konkurrenz, wie beispielsweise die Nintendo Switch, ins Boot zu holen.
Starkes Wachstum bei Digitaltechnologien
Die Zahlen in der Jahresbilanz der EPA zeigen deutlich, dass sich die Wirtschaft mitten in einer branchenübergreifenden digitalen Transformation befindet. Dies passiert über verschiedene Sektoren hinweg. Diese Entwicklung lässt sich auch in den größten Technologiefeldern für europäische Patentanmeldungen ablesen. Dort hat die digitale Kommunikation die Medizintechnik als bisher größten Bereich abgelöst. Diese blickt auch in München auf eine reiche Geschichte zurück und hat so manchen Beitrag zum medizinischen Fortschritt geleistet. Digitale Kommunikation wuchs im Vorjahr um 9,4 Prozent an. Auf Platz drei liegt die Computertechnik, sie wies das größte Wachstum mit 9,7 Prozent im Vergleich zum Jahr 2020 auf. Auch die Bereiche audiovisuelle Technologie und Halbleiter legten stark zu.
Betrachtet man die internationale Entwicklung, dann beherrschen immer noch die USA das Feld der Patentanmeldungen. Sie sind für ein Viertel davon verantwortlich. Doch bereits dahinter folgt Deutschland. Schon 2020 hatten deutsche Erfinder mehr als 25.000 Anmeldungen eingereicht und damit weltweit Platz zwei erobert. Dabei zeigen sich innerhalb der Bundesrepublik gewaltige Unterschiede. Spitzenreiter mit mehr als einem Drittel der Einreichungen war das Bundesland Baden-Württemberg. Bayern und Nordrhein-Westfalen folgten auf den Plätzen zwei und drei. Dahinter klafft bereits eine große Lücke bei den Einreichungen zum Patent. Sachsen-Anhalt, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern finden sich am Ende der Tabelle.
Internationaler Wachstumstreiber ist eindeutig China. Das Land konnte seine Anmeldungen in den letzten Jahren mehr als vervierfachen. Der Anstieg betrug zuletzt 24 Prozent. Diese Innovationskraft zeigt sich auch im Ranking der globalen Konzerne bei den Anmeldungen neuer Patente. Dort hat der chinesische Telekommunikationsausrüster und Hardwarehersteller Huawei die Führung übernommen. Auf Platz zwei liegt die südkoreanische Unternehmensgruppe Samsung, vor dem südkoreanischen Mischkonzern LG. Erst danach folgen mit Ericsson und Siemens die ersten zwei europäischen Konzerne.
Die Zahl der europäischen Patentanmeldungen stieg zwar um rund drei Prozent an, doch gleichzeitig fiel sie im Verhältnis zum Gesamtaufkommen. Das zeigt, dass immer mehr Erfinder außerhalb Europas darauf achten, ihre Innovationen auf dem europäischen Markt zu schützen.
Doch nicht immer müssen neue Patente von Großkonzernen kommen. Immerhin ein Viertel der Neuanmeldungen des Vorjahres stammten entweder von Einzelpersonen oder von Klein- und Mittelbetrieben mit einer Mitarbeiteranzahl von weniger als 250. Weitere 5 Prozent der Anmeldungen gingen von Universitäten und öffentlichen Forschungseinrichtungen ein. Das beweist, dass Kreativität und Erfindergeist nicht an unbegrenzte finanzielle Mittel gebunden sein müssen.