In diesen Städten lernt es sich am Besten
(ra). Gibt es eine Bildungshauptstadt in Deutschland und wenn ja, wo? Das ist wohl eine Frage, die nicht klar beantwortet werden kann. Jeder Mensch hat seine ganz individuellen Lernanlagen, bevorzugt bestimmte Lernmethoden und letztendlich muss spezielles Wissen dort gelernt werden, wo es angeboten wird.

Lernen – Schule, Ausbildung, Universität
Eltern denken mit Schrecken an die Zeiten im Schulleben ihrer Kinder, in denen es Laufbahnempfehlungen gab. Natürlich wollen alle das Beste für ihre Kinder. Der perfekte Lernort ist daher die richtige Schulform und nicht irgendeine Stadt. Mit fortschreitendem Lebensalter gewinnen die persönlichen Interessen an Bedeutung. Der Beruf muss nach den Fähigkeiten und Wünschen gesucht werden und dort erlernt werden, wo es Ausbildungsinhalte gibt. Hiervon können vor allem Berufsschüler berichten, für deren Berufe es bundesweit nur ganz wenige Berufsschulen gibt. Und auch die Universitäten bieten nie alle Studiengänge an, sondern stellen eine Auswahl zusammen. Selbst in der beruflichen Weiterbildung wird es nicht für jedes Berufsfeld, genau die Bildungsdienstleister für alle relevanten Themen in jeder Stadt geben.
Zeit und Ort
Ortsunabhängiges und zeitlich flexibles Lernen ist nicht erst seit Corona ein Thema. Tatsächlich boomt der Markt an Onlineweiterbildungen bereits seit Jahren, weil diese Lernform für alle Seiten sehr viele Vorteile hat. Der Ruf nach ortsunabhängigem Lernen widerspricht der These, dass es perfekte Städte fürs Lernen gibt.
Vorteile für Lernende
Inhalte können überall abgerufen werden, kleine Zeitfenster können zum Lernen genutzt werden und vor allem, Wege entfallen. Letzteres spart Zeit und schont die Umwelt. Tatsächlich haben Lernende, die auf Onlineweiterbildungen zugreifen können, weniger Fehlzeiten, als Teilnehmer bei Präsenzseminaren. Weiterbildung und Familie lassen sich besser organisieren und für Alleinerziehende entfällt der Babysitter, weil die Seminare, zumindest bei zeitlicher Flexibilität, angeschaut werden können, wenn die Kinder oder bei Freunden sind.
Vorteile für Bildungsanbieter
Onlineseminare sind kostengünstiger. Teilweise können Raummieten entfallen, Dozenten haben aufgrund ihrer größeren Reichweite Teilnehmer aus verschiedenen Orten in einem Seminar, wo sonst in jedem Ort, ein Dozent im Einsatz wäre. Das spart Honorare, aber auch Fahrwege und Kosten für die technische Ausstattung (Beamer, Laptop, Software etc.). Gute Dozenten sind leichter zu rekrutieren, weil sie nicht ortsnah leben müssen, um verfügbar sein zu können.
Selbst bei Videokonferenzen in virtuellen Seminarräumen, bei denen die Zeiten fix sind, ermöglicht die Ortsunabhängigkeit für die Teilnehmer und Bildungsanbieter deutliche Erleichterungen.
Pandemiebedingt mussten Schulen und Berufsschulen auf den Hybridunterricht ausweichen und auch wenn dies für alle anfangs etwas schwierig war, wurde dies doch weitgehend gut angenommen und bewältigt.
Fazit: Onlineseminare vereinfachen vieles. Selbst der Austausch zwischen Teilnehmern ist dank der modernen Technologien gut möglich. Der persönliche Kontakt fehlt zwar vielen, wird aber durch die anderen Vorteile kompensiert. Vor allem die gewonnene Lebenszeit aufgrund wegfallender Wege wird von Lernenden sehr geschätzt.

Lernen in der Großstadt oder auf dem Dorf
Regelmäßig werden die Universitäten getestet und eine Auswahl an Eliteuniversitäten gekürt. Die Liste wird von Tübingen angeführt, eine doch eher beschauliche Universitätsstadt. Zwar finden sich auch Institute in Berlin und München unter den Exzellenzunis, doch ob das nun am Ort liegt? Vermutlich nicht.
Je größer die Stadt, desto mehr Ablenkung bietet sich den Studenten und Lernenden. Natürlich gehört ein kulturelles, politisches und zwischenmenschliches Studentenleben genauso zu einem Studium, wie der Besuch von Vorlesungen. Allerdings machen die begehrten Universitäten und das Prestige der Städte, das Wohnen so teuer, dass es für BAföG Empfänger unerschwinglich ist. Also sind weite Wege, zeitraubende Nebenjobs etc. angesagt, was das Lernen nicht unbedingt leichter macht. Und selbst bildungsfinanzierende Großeltern oder ein gut betuchtes Elternhaus fördern die Lernqualität nicht unbedingt, nur weil sie die finanziellen Sorgen nehmen.
Auch der Umweltsound beeinflusst das Lernen unter Umständen. Zwar empfinden Großstadtmenschen das Vogelgezwitscher im Wald nicht unbedingt als leise, doch Großstädten wird nachgesagt, dass sie nie schlafen. Wer zum Lernen Ruhe braucht, muss also auf die Lautstärke der Umgebung achten, um seinen Lernort zu bestimmen.
Lerntechnik statt Lernort

Für den Lernerfolg sind die Lernorte nur bedingt wichtig. Viel wichtiger ist eine gute Aufbereitung des Lernstoffes durch die Lehrenden und das Kennen des eigenen Lerntyps. Wer sich hinterfragt und herausfindet, was das Lernen leichter oder schwerer macht, wird von dieser Kenntnis profitieren und schneller und effektiver Lernen.
Unterstützend wirken Podcasts, Apps, Karteikarten oder eigene Notizen. Auch hier muss jeder seinen bevorzugten und erfolgreichsten Helfer finden. Zusätzliche Hilfen bieten Blogs und Fachforen, in denen Themen und Aufgaben diskutiert und zusätzliche Informationen recherchiert werden können.
Wer sich bevorzugt auf Onlineangebote konzentriert, ist natürlich auf eine gewisse Internetverfügbarkeit und bei Mobilfunk auf ein stabiles Netz angewiesen, insofern spielt der Ort dann doch wieder eine Rolle.
Anerkennung von Abschlüssen
Bei Abschlussurkunden können Ortsnamen dann allerdings durchaus eine Rolle spielen. So werden Absolventen renommierter Universitäten durchaus gern als Bewerber gesehen, wo der Top-Kandidat aus Hinterpusemuckel erst beweisen muss, dass es seine unbekannte Universität überhaupt gibt. Wer sich auf eine bestimmte Fachrichtung orientiert weiß in der Regel, welche Ortsnamen schon Bonuspunkte bringen und kann ggf. die letzten Semester an die entsprechenden Institute verlegen. Letztendlich sind aber die Anerkennungen geregelt und damit auch ortsunabhängig. Vermutlich wird ein guter Schnitt an einer unbekannten Uni doch mehr wiegen, als ein knappes Bestanden in Harvard.
Fazit: Zum Lernen braucht es ein gutes Umfeld. Das ist da, wo Lernende sich wohl fühlen. Zudem sind Lernmethoden und die Nutzung der Vorzüge des eigenen Lerntyps relevanter für den Erfolg, als der geografische Lernausgangspunkt. Je nach Bildungsziel werden Lernorte durch die Institute vorgegeben. So gibt es bundesweit nur eine Berufsschule für Orgelbauer und die befindet sich in Ludwigsburg. Wer sich für seltene Studiengänge entscheidet, muss ebenfalls mit vorgegebenen Orten vorlieb nehmen und dort lernen, wo das Fach angeboten wird.
Bei Schulabschlüssen gilt tatsächlich schon lange, dass das bayrische Abitur am schwersten ist und daher bei den Universitäten die höchste Anerkennung hat. Tatsächlich wird aber nur der NC verglichen und nicht die Schwere der Prüfung oder die Menge an Lernstoff. Solange Bildungspolitik Ländersache bleibt, wird es wohl die Frage nach dem besten Lernort, dem schwersten Abitur usw. geben, die Antwort darauf aber vermutlich nicht zu finden sein.