Kostbares Gut „Energie“ – Krise überwinden, Erneuerbare stärken
(ra) So langsam dringt es vielen ins Bewusstsein: Alle sind anhängig von Energie, die gegenwärtige Gesellschaft, wie sie momentan funktioniert, scheint nicht mehr vorstellbar ohne Energieträger. Wärme, Versorgung, Hygiene, Medizin – jeder Lebensbereich ist betroffen.
„Haushalte, Industrie, Gewerbe und Handel: Prinzipiell sitzen alle in demselben Boot. Ohne das kostbare Gut ‚Energie‘ geht nichts mehr“, betont Thomas Schoy, Mitinhaber und Geschäftsführer der Unternehmensgruppe Privates Institut am Donnerstag gegenüber regio-aktuell24. Doch wie könnten Lösungen der derzeitigen Gas-Problematik aussehen? Wo lässt sich Gas einsparen oder ersetzen?
Schoy stellt heraus: „Einerseits brauchen wir eine neue Sparmentalität und andererseits muss endlich langfristig in die Erneuerbaren im großen Stil investiert werden. Rund ein Fünftel des gesamten deutschen Gasbedarfs lässt sich bereits jetzt ersetzen oder einsparen.“
Unpopulär, aber wichtig
Wo kann die Bundesrepublik den Einsatz von Erdgas reduzieren, um einerseits die Versorgung zu sichern und sich andererseits nicht in möglicherweise neue Abgängigkeiten zu stürzen? Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (bdew) hat dies bereits unter die Lupe genommen: Kraftwerke, Heizkraftwerke und Heizwerke, die Industrie, private Haushalte und Wohnungsgesellschaften, der Bereich Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie der Verkehr wurden im Hinblick auf deren Substitutions- und Reduktionspotenziale bei Erdgas untersucht. „Nach der Analyse gibt es – zumindest kurzfristig – im Bereich der privaten Haushalte große, schnell umsetzbare Einsparpotenziale. Rund 21 Millionen Haushalte nutzen Erdgas für Heizung und Warmwasser, das entspricht zusammen mit Gewerbe, Handel und Dienstleistung fast der Hälfte des gesamten Gasverbrauches“, fasst Schoy zusammen. „Ein großer Hebel also, der sich vielleicht auch durch die momentanen Preissteigerungen und die dadurch neu auf den Plan gerufene Sparmentalität von alleine regelt.“
Industrie: eher langfristiges Potenzial
Gut ein Viertel des Erdgasverbrauchs geht auf das Konto der heimischen Industrie. In diesem Bereich gibt es eher weniger Möglichkeiten für kurz- oder auch mittelfristige Einsparpotenziale. Denn zum Einsatz kommt das Gas nicht nur als Prozesswärme, sondern auch etwa als stoffliche Basis für die Chemieindustrie. „Grundsätzlich dauern solche Umstellungen im
Industriesektor natürlich länger. Die Prozesse sind behäbiger und Schwankungen in der Energiezufuhr haben oft große Auswirkungen“, ordnet Schoy ein. Erste Industriegrößen investieren bereits in grüne Wasserstoff-Projekte – doch noch ist der Weg hier lang. Kurzfristig kann dieser Sektor bedauerlicherweise nicht viel zur Überwindung der aktuellen Energiekrise
beisteuern.“
Erneuerbare am Zug
Letztlich führt kein Weg daran vorbei, die erneuerbaren Energien zu einer echten Renaissance zu führen. Schoy weiß: „Auch wenn es aktuell sicher Sparpotenzial gibt, langfristig braucht Deutschland einen Plan B ohne fossile oder atomare Brennstoffe.“ Jetzt gilt es unter Hochdruck die erneuerbaren Energien weiter auszubauen und die Sektorenkopplung voranzutreiben, damit sowohl die Strom-, Wärme- und Gasnetze als auch der Mobilitätssektor weiter miteinander verbunden werden. „Gelingen kann dies durch eine strombasierte Erzeugung von synthetischen Gasen, Kraftstoffen, Wasserstoff, Speichersystemen und dem Aus- und Umbau der Netze“, so der Experte. Dabei spielen Photovoltaik und Windkraft eine Schlüsselrolle. „Versorgungssicherheit für Gesellschaft und Wirtschaft über die Erneuerbaren sollte das hehre Ziel sein“, fasst Schoy zusammen. „Und da hat die Bundesrepublik noch ein langes Stück Wegstrecke zurückzulegen. Ob nach dem Energiesparen die Wende kommt, wird sich zeigen.“