Landshut

Wie war es noch vor 80 Jahren? Was war los in der Reichspogromnacht?

(ra) „Erinnern heißt kämpfen!“ hinter diesem beeindruckenden Banner versammeln sich am Freitag, 9. November in Landshut die DGB-Jugend, die Evangelische Jugend und der BDKJ, um gemeinsam der Reichspogromnacht vor 80 Jahren und deren Opfer zu gedenken. Die Veranstalter erwarten, dass sich die Landshuter Bevölkerung der Geschichte bewusst ist, sich solidarisch erklärt und entsprechend zahlreich teilnimmt. Treffpunkt ist um 18 Uhr an der Heilig-Geist-Kirche.

Die DGB-Jugend Niederbayern veranstaltet zusammen mit dem BDKJ, der Evangelischen Jugend und dem Bezirksjugendring eine Gedenkveranstaltung – Foto: DGB-Jugend Landshut

Die Reichspogromnacht stellte eine Zäsur in der Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus dar. 1938, fünf Jahre nach der Machtübernahme der NSDAP, wurden zum ersten Mal Juden flächendeckend überall im Deutschen Reich Opfer physischer Gewalt. Der sogenannte Volkszorn der über die Juden hereinbrach, war ein von den Organen der NSDAP, SA, SS, HJ hervorgerufener Gewaltexzess. Diesem fielen 1.400 jüdische Synagogen und Betstuben und zirka 7.500 jüdische Geschäfte zum Opfer.

Es wurden 30.000 Juden in Konzentrationslager verschleppt, beraubt und zur Emigration genötigt. 1.300 bis 1.500 Juden wurden ermordet. Das deutsche Volk stand größtenteils teilnahmslos, apathisch, in der Zuschauerrolle verhaftet am Straßenrand. Bis Goebbels persönlich die Welle der Gewalt stoppte. Er sah, was im Deutschen Reich möglich ist, ohne auf nennenswerte Gegenwehr zu stoßen. Ein weiterer Schritt in Richtung Entrechtung, Vertreibung und Vernichtung des jüdischen Lebens und der Kultur war getan.

„Wir leben nun im Jahr 2018 und stellen uns gegen jede Form von Antisemitismus. In einer Zeit, in der antisemitische rassistische Parteien und Strömungen in Europa erstarken, stehen wir nicht apathisch am Straßenrand“ so der DGB-Jugendsekretär Martin Birkner am Dienstag in einer Pressemitteilung.

Und Birkner ergänzt: „Gemeinsam stehen wir an diesem 80. Jahrestag für Demokratie und Vielfalt ein. Wir gedenken, an die Gräueltaten des nationalsozialistischen Deutschlands, damit nicht in Vergessenheit gerät, was Faschismus und Hass anrichten können. Wir kämpfen für eine Welt, in der Minderheiten ihre Rechte haben, in der für Antisemitismus und Rassismus kein Platz ist.“

Gemeinsam geht es am Freitag im Schein der Kerzen zum Dreifaltigkeitsplatz. Dort finden die Abschlussgedenken mit Kranzniederlegung statt. An der Heilig-Geist-Kichre begrüßt der evangelische Pfarrer Wolfgang Schmidt-Pasedag mit einem ökumenischen Friedensgebet. An den auf dem Weg liegenden Stolpersteinen wird den Opfern gedacht. Am Dreifaltigkeitsplatz stellen Schülerinnen des Gymnasiums der Schulstiftung Seligenthal die jüdische Geschichte der Stadt Landshut vor.

Musikalisch wird die Veranstaltung von Claudio Temporale umrahmt. Anschließend sind alle Besucher in den Redoutensaal Bernlochner zu einem Vortrag des Historikers Moritz Fischer eingeladen.