„Wie kann man so leichtgläubig sein?“ – Wegen Geldwäsche verurteilt
(pw) „Ja, Sie haben recht, ich blockiere ihn jetzt“, sagte Christina T. (Name geändert) am Montag kleinlaut zum Richter. „Er“ ist ein Mann, der sie vor knapp zwei Jahren über die Social-Media-Plattform Instagram kontaktiert hatte und sie zur Geldwäsche benutzte. Es hatte die 50-Jährige aus dem Landkreis Straubing-Bogen nicht stutzig gemacht, dass sich der Unbekannte als „Kronprinz von Dubai“ ausgegeben hatte.
Vielmehr ließ sie sich von seinen Schmeicheleien einwickeln. Das ging über mehrere Monate. Der Mann gaukelte ihr eine Liebesbeziehung vor, die sogar in einer angeblichen Ehe mündete, jedenfalls erhielt Christina T. eine „Heiratsurkunde“ aus Dubai. „Ich war damals in einer ganz schwierigen Phase, ich hatte viele Probleme“, sagte die geschiedene Frau und alleinerziehende Mutter als Erklärung, „deshalb habe ich mich blind auf die Zuneigung gestürzt.“ Freilich blieb es nicht beim Chat und der angeblichen Eheschließung, sondern der Kontakt mit dem „Scheich“ hatte gravierende Folgen für Christina T.: Die bislang vollkommen unbescholtene Frau wurde vom Amtsgericht Straubing wegen Geldwäsche zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr verurteilt. Außerdem muss sie 1200 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen und wird der Bewährungshilfe unterstellt.
Geldwäsche: Euros wurden zu Bitcoins
Nachdem damals der Unbekannte die Verwaltungsangestellte im Chat monatelang umgarnt und Vertrauen aufgebaut hatte, kam er allmählich zur Sache: Er wolle ein Waisenhaus in Gambia bauen. Dafür gebe es viele Spender in Deutschland, die nur darauf warteten, ihr Geld loszuwerden. Allerdings sei der Transfer nur per Bitcoin möglich. Damit hätten viele Menschen Probleme, deshalb brauche er ein normales Bankkonto, auf das die Spender überweisen können. „Er hat gesagt, mir könne man vertrauen“, sagte die Angeklagte.
Christina T. stellte ihre Konten bei zwei örtlichen Banken zur Verfügung. Anfang 2021 gingen darauf Überweisungen von anfangs rund 3000, später bis zu 20 000 Euro ein. Was die 50-jährige nicht wusste: Alle Beträge stammten ihrerseits aus betrügerischen Machenschaften unbekannter Hintermänner. Die Opfer, allesamt Frauen, waren ebenfalls über Internetplattformen angeschrieben worden. Die Chatpartner gaben sich als unter anderem als US-Soldaten aus, die angeblich im Jemen stationiert waren. Für ihre Entlassung oder einen Urlaub gaben sie vor, größere Geldbeträge zu benötigen, die sie später zurückzahlen wollten. Die Opfer, die ebenfalls an eine Liebesbeziehung glaubten, nahmen teilweise Kredite auf und überwiesen. Die Schadenssumme betrug insgesamt fast 90 000 Euro.
Christina T. schaufelte die Gelder in mehreren Tranchen auf ein Bitcoin-Konto. Die Staatsanwaltschaft legte ihr zehn Fälle der Geldwäsche zur Last. Das Gericht stufte letztlich alle als leichtfertig und nicht als vorsätzlich ein. Aufgeflogen waren die Vorgänge, weil eine Bank Verdacht schöpfte und Anzeige erstattete.
„Scheich“ immer noch nicht blockiert
„Das war das Dümmste, was ich je in meinem Leben gemacht habe“, sagte Christina T. Sehr zur Verwunderung der im Gerichtssaal Anwesenden gab sie jedoch zu, den Kontakt zu dem „Kronprinzen“ nicht vollständig abgebrochen zu haben. „Das erschüttert mich jetzt schon, dass ich Ihnen extra sagen muss, Sie sollen ihn blockieren“, sagte der Vorsitzende Richter Achim Kinsky. Der vermeintliche Scheich sitze in Wirklichkeit in einem Callcenter in Osteuropa oder Nigeria. Auch der ermittelnde Polizeibeamte schilderte als Zeuge, die 50-Jährige habe bei ihrer ersten Vernehmung nicht recht glauben wollen, dass sie einem großen Schwindel aufgesessen war. Zweifel habe der angebliche Kronprinz immer wieder durch Komplimente und Beschwichtigungen ausgeräumt.
„Wie kann man so leichtgläubig sein?“ fragte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer, „aber Sie fallen wohl genau in das Spektrum der Opfer.“ Auch ihn stimmte bedenklich, dass Christina T. den „Scheich“ noch nicht blockiert hatte. „Ob Sie etwas daraus gelernt haben, müssen Sie erst beweisen.“ Verteidiger Hans Kölnberger glaubte zwar, die Hauptverhandlung habe seiner Mandantin die Augen geöffnet und ein Rückfall sei nicht zu erwarten. Dennoch sagte er: „Schade, dass Dummheit nicht härter bestraft wird als kriminelle Energie.“ Von letzterer besitze Christina T. gar nichts.
Vorsitzender Richter Achim Kinsky warnte die Angeklagte eindringlich davor, erneut betrügerischen Machenschaften aus dem Internet auf den Leim zu gehen. „Ihr Name geht weiter, Sie werden wieder angegangen.“ Die Drahtzieher dieser Callcenterkriminalität, die jährlich Millionenschaden verursachten, werde man nicht zu fassen bekommen, deshalb müsse man aus Gründen der Generalprävention die Opfer zur Rechenschaft ziehen. „Denn diese Taten können nur begangen werden, wenn man solche Leute hat wie Sie: alleinstehende Frauen auf der Suche nach Zuneigung.“