Niederbayern

Wer kein Comeback der Atomenergie will, muss Alternativen zulassen

(ra) Die großen Pläne zum Ausbau der Atomenergie in Südböhmen durch den jüngst mit breiter Mehrheit wiedergewählten Bezirkshauptmann Martin Kuba werden in Niederbayern heiß diskutiert. Der Kreishauptmann plant, in Budweis einen Standort zur Fertigung sogenannter Kleinreaktoren aufzubauen. Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich (CSU), der selbst im Dreiländereck Bayern, Tschechien, Österreich lebt, sieht diese Initiative mit Sorge.

Bezirksrat Urban Mangold (ÖDP)

Der Bezirkstag befasste sich am Dienstag mit einer ÖDP-Initiative gegen den grenznahen Ausbau der Atomkraft in Tschechien. Dem Vorschlag von Bezirksrat Urban Mangold zufolge sollte der Bezirkstagspräsident beauftragt werden, sich in den Dreiländer-Gremien der Europaregion Donau-Moldau (EDM) gegen neue tschechische Atomkraftwerke auszusprechen.

„Die jüngste Nachricht, dass die niederbayerische Seite nach längeren Differenzen in den Gremien der Europaregion nun ‚neue Chancen für die Zusammenarbeit‘ sieht Mangold hoffen, dass man jetzt auch über die Atompläne Tschechiens sprechen kann“, begründete Mangold seinen Vorstoß. Der ÖDP-Politiker ist auch im Vorstand der Plattform gegen Temelin aktiv.

„Die tschechische Regierung plant einen massiven grenznahen Atomkraft-Ausbau mit gleich vier neuen Reaktoren. Diese Pläne gefährden die Sicherheit der bayerischen Bevölkerung. Ein Dreiländer-Gremium, das hierzu schweigt, würde die Sorgen vieler Menschen nicht ernst nehmen“, findet Mangold. Da der Bezirkstag den niederbayerischen Teil der Europaregion finanziert, sei dieses Anliegen auch ein Thema für den Bezirkstag. Die Europaregion Donau-Moldau solle an die tschechischen Partner appellieren, ihr Vorhaben zu überdenken.

Mangold: „Atomkraft ist eine Risikotechnologie. Sie verfestigt die Abhängigkeit von Uranlieferungen aus despotisch regierten Ländern. Im schlimmsten Fall können Atomreaktoren sogar ein militärisches Angriffsziel sein. Regenerativer Strom ist viel schneller verfügbar, umweltfreundlich, klimaneutral und aufgrund der dezentralen Verteilung kein Ziel für einen militärischen Angriff“.

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Dazu Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich (CSU): „Bisher gibt es weltweit keinen einzigen Reaktor dieser Größe, der tatsächlich in Betrieb ist. Es ist völlig offen, welche Sicherheitsbedingungen hier vorgesehen sind und erfüllt werden können. Parallel dazu ist der niederbayerische Grenzraum auch vom störungsanfälligen Groß-AKW Temelín und von den Diskussionen über das Thema Endlagerung im Grenzraum auf tschechischer Seite betroffen.“

Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich – Fotostudio Eder

Der niederbayerische Bezirkstagspräsident betonte, dass die „Atombegeisterung in Südböhmen“ in vielen persönlichen Gesprächen spürbar sei. Auf einer Veranstaltung der Europaregion Donau-Moldau im Schloss Hluboká habe Kreishauptmann Kuba, ehemaliger Industrieminister der Tschechischen Republik, im vorvergangenen Jahr seine Atompläne öffentlich gemacht. In Anwesenheit des niederbayerischen Regierungspräsidenten Rainer Haselbeck und des Bezirkstagspräsidenten Dr. Heinrich sei eine „Atomshow erster Güte“ veranstaltet worden.

„Die aktuelle Debatte zeigt, dass es völlig konträre Ansätze zur zukünftigen Energieversorgung gibt. Wenn in Deutschland und insbesondere im niederbayerischen Grenzraum die Furcht vor den großen Gefahren der Atomenergie überwiegt, muss darauf in der Konsequenz eine viel größere Offenheit für Erneuerbare Energien und alternative Energieerzeugung entstehen“, sagte Dr. Heinrich. Seiner Einschätzung nach müsse nicht nur über den ohnehin schon enormen Ausbau von Photovoltaik-Anlagen diskutiert werden, sondern ebenso über Windenergie, Wasserkraft, den Erhalt der bestehenden Biogasstruktur und den wirtschaftlichen Einsatz von Wasserstoff.

Dr. Heinrich betonte, dass er persönlich ein Comeback der Atomenergie für den falschen Weg halte. „Wenn hoch subventionierte Atomkraftwerke gebaut würden, wäre der Strom für unsere Gesellschaft insgesamt deutlich teurer als wenn wir auf nachwachsende Rohstoffe, Wasser, Wind und Sonne setzen und das Thema Speicherung mitdenken“, so Heinrich. Auch sei die Endlagerfrage ungelöst und für Niederbayern ein Damoklesschwert, da immer noch über den Granit im Bayerischen Wald als Endlagerstandort diskutiert werde.