Welche Bedeutung hat der Tod in Ihrem Leben? – Personen aus dem Raum Straubing reden darüber
(jh) Lassen Sie uns darüber reden: Welche Bedeutung hat der Tod in Ihrem Leben? Anlässlich von Allerheiligen und Allerseelen befragte regio-aktuell24 dazu einige Personen aus der Stadt Straubing und dem Landkreis Straubing-Bogen. Und hier die Antworten:
Bernd Suttner, Landesbeauftragter für Grundsatzfragen der ÖDP-Bayern aus Windberg: In meinem Alter (ich werde bald 72) ist der Tod keine „Randfrage“ mehr. Testament, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind bereits gemacht… Auch der Umgang mit meinen mittlerweile sechs Enkeln bringt hin und wieder Gespräche über das Alt-Sein und die Konsequenzen. Kinder sind oft sehr realistisch: „Wenn niemand sterben würde, wäre bald kein Platz mehr auf der Erde“ ist so eine typische Kinderaussage. Zunächst schluckt man ein wenig, aber dann leuchtet die Antwort unmittelbar ein: Ja der Zwang zum Abschiednehmen hat seinen Sinn – wer wollte das bestreiten.
Dass jeder Abschied tiefe Schmerzen verursachen kann, wissen wir alle. Ich habe das mit 18 Jahren erfahren, als mein ältester Bruder bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Meine Eltern waren nach diesem Einschnitt andere Menschen als vorher; aber auch wir Geschwister haben ab diesem Zeitpunkt ein wenig anders auf das Leben geschaut als vorher: Da war nichts mehr so sicher wie vorher. Der Tod fragt nicht, ob er etwas darf oder nicht – er ist einfach da und verändert die Welt für die Lebenden.
Für mich als Christ ist der Abschiedsschmerz beim Tod eines mir bekannten Menschen immer auch begleitet von der Auferstehungshoffnung. Das nimmt dem Tod nichts von seiner Härte; aber der Schmerz steht nicht allein da, weil die Hoffnung als Partnerin mitgedacht und mitgefühlt wird.
Martha Altweck-Glöbl, Stellvertretende Landrätin aus Leiblfing: Als Jugendliche habe ich meinen Opa zuhause auf dem Hof sterben sehen, kerngesund hat er sich zum Sterben hingelegt, jeden Tag war jemand bei ihm, um mit ihm noch zu reden. „Deandl, i bin boid nimma da!“ – dieser Satz aus seinem Mund, so lebenssatt und mit sich im reinen, ausgesprochen, hat mich tief beeindruckt. Nach fünf Tagen starb er, wurde zuhause aufgebahrt, damit sich alle noch von ihm verabschieden konnten ….ein friedlicher Tod am Ende eines langen Lebens.
Auch meine beiden Eltern wollten am Ende ihres Lebens sterben und diesen Wunsch habe ich respektiert. Gerade mein Vater, ein stolzer, aufrichtiger und selbstbestimmter Mensch, durfte durch einen gnädigen Gott zuhause von einer Minute zur anderen, sterben, ohne in ein Krankenhaus zu müssen oder ein Pflegefall zu werden – beides wollte er auf gar keinen Fall!
Ein wirklich physisch und psychisch einschneidendes Erlebnis ist der plötzliche, völlig unerwartete Tod eines nahen Menschen, eines Kindes, einer Schwester, eines guten Freundes. Das löst eine tiefe emotionale Krise aus, der Alltag wird bedeutungslos, die Zeit bleibt stehen, man fühlt sich wie gelähmt. Tausend Bilder von gemeinsamen Erlebnissen drängen sich auf, genauso wie tiefe Trauer um verpasste Chancen. Für mich war und ist wichtig, dass ich mich von meinen Angehörigen durch Berührung und einem Gebet noch verabschieden konnte.
Der Tod ist ein wichtiger Berater und Hüter des Lebens!
Trotzdem kommt der Alltag wieder zurück und oft „funktioniert“ man fast mechanisch. Aber…..das Reden mit der Familie und engen Freunden hilft langsam aus der Lähmung, weitet den Blick und der Mensch lernt.
Erich Gruber, Rektor i. R. und Künstler aus Straubing-Ittling: „Bist du geboren, ist dir der Tod sicher!“ Dieser Satz ist für jeden Menschen gültig. Zunächst stand bei mir die jugendliche Lebensfreude im Mittelpunkt. Der Auseinandersetzung mit dem Tod wird ausgeklammert und bisweilen nur bei direkt betroffenen oder eher älteren Mitmenschen als Tatsache registriert. Selber schloss ich mich als Kunde von Gevatter Tod ziemlich aus. Je länger der Lebensprozess voranschritt baute sich auch die Sinnfrage des Lebens aus. Unausweichlich stieß ich dann immer wieder auf urreligiöse Fragen, Aussagen und Ideologien. Dadurch wurde ein Glaubensprozess in Gang gesetzt.
Christlich erzogen und aufgewachsen, stellte ich mir immer öfter die Frage: „Was ist nach dem Tod?“ Ich kam auf kein Ergebnis. Ich löste diese Frage auf nihilistische Weise: Nichts! Gestorben, begraben, vergangen! Eine Intensivierung der Auseinandersetzung mit dem Tod und ob es danach ein Weiterleben geben könnte, setzte erst durch die intensive Ausübung der bildenden Kunst ein. Ich wuchs in ein hintergründiges Spannungsfeld hinein, in dem sich mein Denken und Arbeiten bewegt, das sich natürlich im Bildgestaltungsprozess entrückt und eigene Wege ergründet. Ich wollte wissen, was sind Hintergründe und Unbewusstheiten in meiner Bildsprache, die ich mit überfahrenen Froschkörpern zu erläutern und erklären versuche. Und ich war und bin selbst überrascht, welche Breite und Weite sich hinter meiner bildnerischen Arbeit auftut, wenn man sich mit ihr ernsthaft auseinandersetzt.
Der nihilistische Ansatz verlor immer mehr an Gewicht. Durch die Installation und Inszenierung von toten Anurenkörpern an Mauern, Plakatwänden oder anderen interessanten morbiden Flächen der Lagunenstadt Venedig, durch das „Plattform geben“, das „alternative Sinn zugestehen“ in einer anderen neuen Welt, konnte ich die transzendente Erfahrung machen, dass – symbolisch am animalischen Beispiel der Froschmumie vielleicht doch ein Leben nach dem Tod statt-finden kann. Durch den Einsatz der Amphibienkörper in einem neuen, anderen, ungewohnten Kontext und an fremden Orten erfahre ich die Froschleiche als eine durch den Verkehrstod geprägte, neu entstandene Form, als Zeichen auf einer anderen Bedeutungsebene. Ist das eine Form von Seelendasein? Kann ich meine aus meiner bildnerischen Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse auf den Menschen, auf mich, übertragen? Es gibt gute Hoffnung dafür.