Veränderte Lebensbedingungen im ländlichen Raum – Wie geht es weiter?
(ra) Unterschiedliche Lebensbedingungen und Herausforderungen haben die beiden SPD-Bürgermeister Fritz Fuchs (Konzell) und Peter Bauer (Irlbach) im Landkreis Straubing zu bewältigen. Während Konzell mit seinen rund 1.800 Einwohnern über ein Gewerbegebiet und ausreichende Gewerbesteuer-Einnahmen verfügen kann, hat der Irlbacher Bürgermeister Peter Bauer kaum Gewerbe im Ort und viele Auspendler von seinen 1.200 Einwohnern.
Dies wurde am Sonntag beim Besuch des parlamentarischen Staatssekretärs Florian Pronold und der Landshuter Betreuungsabgeordneten Ruth Müller im „Reibener Hof“ deutlich. Die beiden Abgeordneten wollen für ihre parlamentarische Arbeit in Berlin und München wissen, wo die Kommunalpolitiker vor Ort „der Schuh drückt“ und sehen sich auch als Vermittler von Informationen.
„Wir haben im Bundesbauministerium die Städtebauförderung erheblich aufgestockt“, informierte der Staatssekretär über einen Schwerpunkt seiner Arbeit. Interessiert war vor allem Kreis- und Gemeinderätin Rosi Deser an der Information, dass bei dem neuen Förderprogramm auch ein Schwerpunkt im Bereich „Integration“ gesetzt wurde. Deser kümmert sich seit 2014 als Vorsitzende des damals initiierten Helferkreis um Asylbewerber, die in der Gemeinde Konzell vorübergehend Heimat gefunden haben.
„Hier können sich auch Kommunen gemeindeübergreifend zusammenschließen, um hauptamtliches Personal gefördert zu bekommen“, stellte Pronold fest. Zudem berichtete er von aktuellen Überlegungen, die im Ministerium zu dem in Nordrhein-Westfalen gut gelaufenen „Jung-kauft-Alt-Projekt“ angestellt werden. Hier könnten Gemeinden Innenentwicklung und Leerstandsmanagement betreiben, indem ältere Gebäude von kommunalen Fachleuten inspiziert werden und jungen, niederlassungswilligen Familien mit einem Sanierungs- und Umbaukonzept verkauft werden.
Das ganze könne auch noch mit Baukindergeld kombiniert werden, plauderte Pronold aus dem Nähkästchen seines Ministeriums. Der Vorteil liege auf der Hand: Innerorts würden Schandflecke wieder belebt, gleichzeitig reduziere man die Flächenversiegelung an den Randbereichen der Kommunen und spare bei der Erstellung und Instandhaltung der Infrastruktur, da Straßen, Kanäle und Leitungen bereits vorhanden seien.
„Seit dem Volksentscheid 2013 sind die gleichwertigen Lebensverhältnisse in der Bayerischen Verfassung festgeschrieben“, so die Landtagsabgeordnete Ruth Müller. Auf Initiative der SPD-Landtagsfraktion sei auch eine Enquete-Kommission eingerichtet worden, mit dem Ziel, sich ein Bild von der Situation in ganz Bayern zu machen. Müller, die stellvertretendes Mitglied der Enquete-Kommission ist, berichtete über die verschiedenen Bereiche, die untersucht worden seien. Immer wieder stelle man dabei fest, dass es innerhalb Bayerns große Unterschiede gebe, beispielsweise was das Wohnen oder die Bildung betreffe.
Auch die Gesundheitsversorgung sei unterschiedlich gut – und diese Differenzen würden sogar in der Landeshauptstadt München auftreten. Auch dort gebe es Viertel, in denen sich kein Haus- oder Kinderarzt niederlasse, weil zu wenig Privatpatienten zu den Kunden gehören würden. Und im ländlichen Raum komme erschwerend das ÖPNV-Angebot hinzu. Die Digitalisierung könne hier durchaus Chancen bieten, für eine älter werdende Bevölkerung eine gute Gesundheitsversorgung aufrecht zu erhalten, meinte Müller.
„Auch für uns kleine Gemeinden ist das schnelle Internet enorm wichtig“, wiesen die beiden Bürgermeister auf die Bedeutung der Digitalisierung hin. Konzell sei derzeit dabei, rund 50 Prozent der Haushalte zu erschließen. Über das Bundesförderprogramm strebe man jetzt den 100-prozentigen Ausbau an. Am 30. März endet die Angebotsphase, dann wissen wir, was wir investieren können, berichtete Bürgermeister Fritz Fuchs. In Irlbach laufe der Ausbau auch gut, hier stellte Bürgermeister Peter Bauer fest, dass es ein großer Gewinn gewesen sei, dass die ehemals 19 Verfahrensschritte reduziert worden seien. „Die Bürokratie wäre ansonsten für uns kleine Kommunen fast nicht zu stemmen gewesen“.
Kreisrat Martin Kreutz mahnte die beiden Politiker, aus den Privatisierungsfehlern zu lernen, denn „Daseinsvorsorge müsse in der öffentlichen Hand bleiben“. „Auch wenn wir derzeit aus der Region Straubing keinen eigenen Abgeordneten in Berlin oder München haben, fühlen wir uns von Euch beiden bestens betreut“, bedankte sich der Konzeller Bürgermeister bei Florian Pronold und Ruth Müller für das Treffen. Obwohl man auf digitalem Wege sehr gut zusammenarbeite, seien doch persönliche Gespräche durch nichts zu ersetzen, waren sich die SPD-Politiker einig. Und ganz besonders interessiert lauschte Frederic Schilling, Konzells jüngstes SPD-Mitglied dem politischen Diskurs mit den kommunalen Verantwortungsträgern und den Abgeordneten. Für ihn war es das erste Treffen mit Mandatsträgern, zu dem ihn sein SPD-Bürgermeister eingeladen hatte.