Seltenes Naturphänomen: „Zuckerwatte“ auf dem Waldboden
(ra) Nach feuchten Tagen, gefolgt von ruhigem Wetter mit Nachtfrösten, entsteht etwas Einzigartiges. Aufmerksame Waldspaziergänger haben es vielleicht schon gesehen. Lange, weiße Haare aus Eis, die auf dem Totholz wachsen. So zauberhaft sie aussehen, so magisch ist ihre Entstehung.
Sieht aus wie Zuckerwatte, ist aber Haareis: Die weißen, dichten, gewellten Fäden finden sich an einzelnen, abgestorbenen Ästen von Laubbäumen am Waldboden. Sie sind haarfein, wachsen in wattebauschartigen Büscheln und bilden sich an rindenfreien Stellen. Sie sind nicht mit Raureif zu verwechseln.
Meteorologische Faktoren
Die äußeren Bedingungen für die Bildung der Eisfäden sind definiert. „Haareis bildet sich nur bei Temperaturen knapp unter 0 Grad, hoher Luftfeuchtigkeit und Windstille. Häufig sind diese Bedingungen in der Nacht gegeben und morgens tauen die Eisgebilde schnell wieder schnell weg“, erklärt Björn Goldhausen, Meteorologe von WetterOnline. Im Gegensatz zu anderen Eisgebilden, die sechseckig symmetrisch wachsen, wachsen die Eishaare ohne Verzweigung nur in eine Richtung in die Luft. Ein einzelnes Eishaar kann bis zu 10 Zentimeter lang, aber nur 0,02 Millimeter dick werden. Die Haare sind manchmal gekräuselt und sehen oft wie zu einem Scheitel gekämmt aus, was auf lokale Luftströmungen zurückzuführen ist.
Haarwuchs dank Pilzen und nur in Laubwäldern
Die Eiswolle ist mit einem winteraktiven Schimmelpilz im Baum verbunden und bildet sich am Totholz morscher Baumstümpfe oder Äste von Laubbäumen wie Buche und Eiche. Zunächst bildet sich auf dem feuchten Holz ein Kristall in der Größe der Holzporen. Damit aus dem kleinen, krustenartigen Kristall ein Haar und nicht ein großes Gebilde wird, braucht es einen bestimmten Pilz.
Dieser befindet sich im Totholz und setzt bei der Verstoffwechselung des Holzes Stoffe frei, die die Kristallisation des Eises beeinflussen. Dieser winteraktive Pilz mit dem Namen „Exidiopsis effusa“ verhindert mithilfe von Ligninabbauprodukten die Bildung großer Eiskristalle und löst so den Prozess zur Bildung des filigranen Haareises aus. Die gasförmigen Substanzen verdrängen aus dem Holz zudem das Wasser.
Sobald dieses an der Oberfläche gefriert, wird es durch die immer weiter ausdringende Flüssigkeit nach vorne gedrückt. Wird dem Holz genügend Feuchtigkeit zugeführt, wachsen die Eishaare mit einer beachtlichen Geschwindigkeit von 5 bis 10 Millimetern pro Stunde. Solange das Holz ausreichend feucht ist, die Temperatur nicht zu hoch und nicht zu niedrig ist und das Pilzmyzel im Holz lebt, kann dieser Vorgang Nacht für Nacht beobachtet werden