Sankt Englmar: Der Wintersport damals und heute – und die Zukunft?
(ra) Für die 925-Jahr Feierlichkeiten haben sich die Gemeinde Sankt Englmar und mehrere Vereine einiges einfallen lassen. Unter anderem wird in jedem Quartal eine Gesprächsrunde zu einem ortsspezifischen Thema stattfinden. Das Thema für den Auftakt am Dienstag im Gasthof Reiner in Grün war die „Entwicklung des Wintersports“ im Bergdorf. Doch wie geht es weiter?
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Die Moderatoren Sophia Greindl-Primbs, Lukas Troiber und Andi Aichinger hatten dazu Gäste aus den verschiedensten, mit Wintersport in Verbindung stehenden Bereichen, eingeladen. Damit sollte das Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden.
Sophia Greindl-Primbs skizzierte die Anfänge des Skilaufs in der Bayerwaldgemeinde. So habe Kooperator Hermann Plaß, zu dessen Ehren auch eine Straße im Ort benannt ist, die Initialzündung für den Sport auf zwei Brettern gegeben. Allerdings machte sie auch deutlich, dass sich die Zahl der Betriebstage – gerade an Skiliften – im Laufe der Zeit immer mehr reduziere. So komme man heute im Schnitt auf gut 35 Tage, während man vor 30 Jahren auf über 60 Tage blicken konnte. Ausreißer seien der Winter 2005/ 2006 mit 101 Betriebstagen und der Winter 2023/2024 mit zehn Betriebstagen gewesen.
Georg Budweiser, der Vertreter der Pröller-Skiliftgesellschaft GbR erklärte, dass der Betrieb aufgrund dieser Tendenz deshalb nicht ohne künstliche Beschneiung auskomme. Das bedeute Aufwand, der für die Skifahrer gerne betrieben werde. Die Teuerung an Liften, die oft moniert werden, sei seiner Ansicht nach vergleichsweise moderat. Lege man den gleichen Zeitraum für eine Tageskarte und eine Maß Bier auf dem Oktoberfest zugrunde, könne man feststellen, dass die Karte heute rund 3,5-mal so viel koste, während die „Wiesnmaß“ aber mit einer siebenfachen Steigerung zu Buche schlage.
Julia Englberger von „Edbauer Sport und Tracht“ zeigte Veränderungen im Verbraucherhalten auf. So sei der Online-Markt natürlich spürbar. Der Einzelhandel aber könne nach wie vor mit Qualität und Service punkten. Viele würden die Leihangebote gerne in Anspruch nehmen. So sei der Handel vor Ort in Sachen Ausrüstung einfach stets auf dem aktuellen Stand, bekräftigte Englberger.
Der langjährige Bereitschaftsleiter der Bergwacht Sankt Englmar, Manfred Fries, konnte dem Leihgeschäft viel Positives abgewinnen. Jetzt seien zumindest die Bindungen optimal eingestellt, was sich natürlich im Einsatzgeschehen bemerkbar mache. Er stellte fest, dass die Bergwacht bis heute höchste Wertschätzung genieße, mittlerweile aber im Sommer wie im Winter gefordert sei. Er vergaß natürlich nicht, für seine Organisation zu werben. Eine erstklassige Ausbildung könne die Bergwacht garantieren. Außerdme werde die äußerst seltene Chance geboten, Einsatzszenarien mit einem Hubschrauber zu trainieren.
Dass die Bergwacht unersetzliche Dienste leiste, konnte Liftesprecher Karl Dietl bestätigen. Er gab einen Überblick über die technischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte im Skiliftbereich. Dank der Pistenraupen seien die Ansprüche der Skifahrer erfüllen worden, wenngleich diese sicher nicht weniger würden. Zu Stoßzeiten sei es zwar eine durchaus fordernde Tätigkeit am Lift, aber sie mache immer Freude. Nicht alle Wintersportler hätten für den Hochbetrieb Verständnis aufbringen können, räumte Dielt ein. So habe sich ein Skifahrer mal schriftlich bei der Gemeinde beschwert: „Der Zwickerer ist das Nadelöhr“.
Ramona Schmelmer-Baumgartner ließ ihre Skikarriere Revue passieren. Da hätten die „Oberlandler“ schon geschaut, wenn der Skinachwuchs aus dem Bayerwald gezeigt hatte, dass man sich nicht im Ansatz zu verstecken brauche. Sie habe jedoch bewusst dem Beruf den Vorzug gegeben, sich aber auch gefreut, wenn ehemalige Kollegen wie Vicky Rebensburg Erfolge feiern konnten.
Skilehrer Heinrich Schötz ließ die legendäre Skischule Bayerwald Sankt Englmar nochmals lebendig werden. Das „klasse Team“ habe unzähligen Kindern den Skisport nahegebracht. Selbst sprachliche Barrieren stellten kein Hindernis dar, weil gerade holländische Begriffe wie „remmen“ (=bremsen) schon fast in den heimischen Sprachgebrauch übergegangen seien. Am Rande bemerkte Schötz, dass auch Rallye-Weltmeister ein staatlich geprüfter Skilehrer sei.
Bevor Sophia Greindl-Primbs den Abend schloss, stellte Stefan Edenhofer Erinnerungen mit seinen digitalisierten Super-8-Aufnahmen aus den sechziger Jahren zur Verfügung. Die bewegten Bilder aus der damaligen Zeit sorgten angesichts der Schneemassen für Erstaunen einerseits und rege Diskussionen andererseits.