Rohrstock und Schiefertafel – Freilichtmuseum hat Schulstube eingerichtet
(ra) Es ist schon ein paar Jahrzehnte her, dass in Reicheneibach bei Gangkofen die zweiklassige Dorfvolksschule aufgelöst wurde. Aber ein paar Einrichtungsgegenstände haben sich bis heute erhalten. Sie bilden nun den Grundstock für die Schulstube im Freilichtmuseum Massing: Abakus und Setzkasten, einige Reihen doppelsitziger Schulbänke und – natürlich! – die große Tafel.
Schulen in Hacklberg und Postmünster haben alte Lehrmittel beigesteuert. Landkarten und Schaubilder hat das Museum aus seinem wohlbestellten Depot geholt, Schiefertafeln und Griffel, Schreibfedern und Tintenfässchen wurden in Klassenstärke neu gekauft.

Am interessantesten ist eine große Glasvitrine mit übersichtlich sortierten und sorgfältig beschrifteten Mineralien, die für den Heimatkundeunterricht hervorgeholt werden.
Einem Schulbetrieb, wie er in den fünfziger und sechziger Jahren stattfand, steht nun nichts mehr im Weg. Halt, nicht vergessen! Über der Tafel ist selbstverständlich ein Kruzifix montiert und ein Rohrstock wurde brauchfrisch geschnitten. In Altbayern war der Schulstock aber nicht aus Rohr, sondern aus Weide. Stöcke aus spanisch Rohr waren Handelsware, 20 Pfennige kostete das Stück von 75 cm Länge im Jahr 1953. Mancher Lehrer ließ es sich nicht nehmen, den Stock eigenhändig von einer Haselstauern am Wegrand zu holen.
Der Stock ist – wie es das Gesetz verlangt hat – im Schrank verschlossen. So ist der Lehrer davor bewahrt, im Jähzorn danach zu greifen. In der Museumsschule ist aber sowieso keine Gefahr, dass das „Fräulein“, die Museumspädagogin Roswitha Klingshirn, den Stock hervorholt. Die „Probekinder“, die mit ihr schon einmal Unterricht spielen durften, waren auch ohne Strafandrohung brav, vielmehr waren sie aufmerksam und interessiert. Sie waren begeistert, sich in die Schulzeit ihrer Eltern und Großeltern versetzen zu dürfen.
Die neue alte Schulstube ist an das Wirtsgebäude des Heilmeierhofs angebaut, aus dem Klassenzimmer in den Pausenhof sind es nur ein paar Schritte. Am Sonntag, 19. März kann sich ab 14 Uhr jeder in den neuen Räumen umsehen. Danach wird die Schulstube nur noch im Rahmen einer Führung oder einer für Gruppen inszenierten Unterrichtsstunde zu erleben sein.
Für den Eröffnungstag gibt es ein besonderes Angebot: Alle Kinder, die an der Kasse des Museums ein aktuelles Zwischenzeugnis mit einer Eins vorlegen können, haben freien Eintritt. Es muss aber schon das eigene Zeugnis sein, das der braven Schwester gilt nicht. Dafür reicht es auch, wenn die Eins nur in Sport oder Religion eingetragen ist. Wer drei Einser in einem Zeugnis vorlegen kann, der darf auch noch zwei Erwachsene kostenlos mit ins Museum nehmen, egal, ob es die Eltern oder die Großeltern sind. Die müssen ihr Zeugnis an der Museumskasse nicht vorzeigen. Denn wer weiß?