19. April 2025
Landkreis Straubing-Bogen

Niederwinkling hat keinen Flughafen – oder doch?

(ra) Fesche Stewardessen der KiNi-Airline, welche die Besucher mehrsprachig begrüßen, Lautsprecherdurchsagen, Passfoto-Abteilung, Sicherheitskontrolle und Boarding-Gate. Das alles gehört zum Winkling-Airport. Hat jetzt Niederwinkling tatsächlich einen Flughafen? Diese Frage kann sowohl mit „ja“, als auch mit „nein“ beantwortet werden.

Die Theatergruppe von KiNi Kultur in Niederwinkling spielt in diesem Jahr bekannte Boulevardkomödie „Boeing Boeing“. Und mit der Auswahl dieses Stück ist der KiNi-Theatergruppe ein Glücksgriff gelungen. Seit der Premiere Anfang Oktober und den mittlerweile sechs gespielten Vorstellungen, wird der Erfolg seitens des Publikums bei jeder Aufführung mit stehenden Ovationen belohnt. Das Stück „Boeing Boeing“ wird noch am kommenden Freitag und Samstag aufgeführt. Leider sind hierfür die Karten schon seit mehr als zwei Monate restlos ausverkauft.

Wie in den vergangenen Jahren, erwartet die Besucher des Theaters immer eine Einstimmung auf das jeweilige Theaterstück. Obwohl Niederwinkling fast schon alles hat, nur eben keinen Flughafen, wurde dieser kurzerhand im Bereich des Foyer ideenreich dargestellt. Also fesche Stewardessen der KiNi-Airline, welche die Besucher mehrsprachig begrüßen, Lautsprecherdurchsagen, Passfoto-Abteilung, Sicherheitskontrolle und Boarding-Gate. Dank modernster Technik und strengem Blick der KiNi-Security blieb nichts verborgen, manch Kurioses wurde bei verschiedenen Gästen entdeckt.

Das Ensemble von „Boeing Boeing“ – Foto: Sören Rybak

Zum Stück:
Die zentrale, anfangs noch superlässige und später tragische Figur des Stückes ist der Architekt Bernhard, der von Christian Kerschl gespielt wird.
Bernhard ist charmant, weltgewandt und vor allem Junggeselle. Bernie, wie eine der drei Freundinnen ihn nennt, wohnt zentral in München in einer Apartmentwohnung.

Mit logistischem Talent sowie einem Tablet ausgestattet, jongliert der Meister der Polygamie die Termine seiner drei Freundinnen so, dass sich diese nie gleichzeitig in seiner Wohnung treffen. Dabei unterstützt ihn Haushälterin Berthe, absolut köstlich und treffend von Ilona Rybak gespielt. Sie ist für dieses „ehrenwerte Haus“ wie sie selbst sagt, ein zu anständiges Mädchen und wohl die einzige Moralinstanz im ganzen Taubenschlag.

Architekt Bernhard mit einer seiner Stewardessen (Mitte) und Haushälterin Berthe. – Foto: Sören Rybak

Alles läuft super, bis eines Tages sein Freund Robert, wunderbar von Michael Knödl verkörpert, aus Niederwinkling zu Besuch angereist kommt.
Robert bewundert das „Perpetuum mobile der Liebe“ von Bernhard und will nach Überzeugung durch Bernhard bald selbst Erfahrungen im zwischenmenschlichen Durcheinander sammeln.

Eine der drei „Bräute“ – alle sind Stewardessen – ist die Schweizerin Judith. Evelyn Langner. Sie schlüpft fabelhaft authentisch, naiv und leidenschaftlich in die Rolle der Eidgenossin.

Juliette, die Französin, spielt Lisa Heinrich, begeisternd frisch und echt französisch. Sie ist bereits mittags nach Kairo abgeflogen, während Janet Hawkins, im wahren Leben Sibylle Attenberger, die absolut real erscheinende Amerikanerin mit allen spielbaren Klischees, nicht vor morgen Mittag aus New York eintreffen wird. So einfach funktioniert also dieses für den Außenstehenden kompliziert anmutende System. Robert stellt im Stück fest, dass Niederwinkling fast alles hat, nur eben keinen Flughafen.

Ob Fräulein Berthe (rechts) für jede notwendige Ordnung sorgen kann?- Foto: Sören Rybak

Aber eines Tages kommt Unordnung in die Flugpläne der internationalen Fluggesellschaften und damit auch in den unseres Helden Bernhard. Da nützen weder die Freundesdienste des nacheifernden Robert, noch die Routine des widerstrebenden Fräulein Berthe, unglaublich professionell gespielt von Ilona Rybak. Ohnehin meint sie, dass „das kein Leben für ein anständiges Dienstmädchen ist“. Nimmermüde und auf Sitte und Anstand bedacht, besetzt dabei das Fräulein Berthe die moralische Instanz in diesem ehrenwerten Haus und sorgt mit Überblick und Routine – wenn auch widerwillig – für die notwendige Ordnung und verhindert so das Schlimmste in dem ganzen Zeitplanchaos. Nachdem in zahlreichen kritischen Situationen die Katastrophe mit ebensoviel Glück wie Geschick um Haaresbreite vermieden werden konnte, kommt es schließlich doch noch zum unverhofften Happy-End.

Bestens gelaunt, professionell und mit einer selbstverständlichen Sicherheit spielen die sechs KiNi-Schauspieler mit einem atemberaubenden Tempo, vielen Szenewechsel und kurzen Dialogen auf. Das Erfolgsrezept der KiNi-Truppe liegt sicher am überzeugenden Gesamtkonzept des Theaters. Über alle Rollen hinweg überzeugte das Ensemble unter der Leitung von Regisseur Christian Heigl, Regieassistenz Andreas Decker sowie Charakter-Berater Kur Hertreiter. Im Vorspann brillierte die junge Schauspielgruppe, die Young-KiNis unter Leitung von Schauspielerin Katharina Knon.

Doch die besondere Stärke der KiNis ist die tolle Mannschaft der wichtigen Mitmacher hinter Bühne. Sie sind der Garant für ein solches Spitzenergebnis, verriet Christian Heigl. Von den Bühnenbauern über Souffleusen, Ton -und Lichttechnik, Fotografen, Plakat-Designer, Stylisten, Maskenbildner, Kostümschneiderinn, Inspizienten bis hin zu den Ticket-Vorverkaufsstellen. Die gemeinsame ehrenamtliche Leistung aller lässt einen tolles Werk entstehen. Im Rahmen der Theatersaison wurde auch die alljährliche Auszeichnung „KiNi-Medailie“ an den Designer und Fotografen Sören Rybak vergeben.