Landrat Dreier fordert Ende der tierquälerischen und rechtswidrigen Praxis
(ra) Beim Export von trächtigen Rindern (Kalbinnen) etwa nach Usbekistan wird nachweislich deutsches und Europa-Recht gebrochen, es wird offenkundig gelogen und betrogen und Tiere werden in abscheulicher Weise gequält: Veterinäre des Landratsamts Landshut haben über ungarische Kollegen erfahren, dass Export-Rinder aus Bayern schnurstracks über Ungarn (laut Export-Zeugnissen die Endstation) nach Mittelasien weitergekarrt werden. Landrat Peter Dreier fordert „einen sofortigen Stopp dieser illegalen Praxis“.
„Es muss endlich Schluss sein mit diesen haarsträubenden Umtrieben“, betonte am Sonntag Landrat Dreier (Freie Wähler) gegenüber den Medien. Er hat sich daher an Thorsten Glauber, MdL, gewandt, den bayerischen Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz. Staatsminister Glauber (FW) hat seinerseits die Kommission der Europäische Union eingeschaltet.

In einem Schreiben an die EU-Kommissarin für Gesundheit, Stella Kyriakides von Anfang September stellt Staatsminister Glauber eine Reihe von Forderungen auf, mit denen „die leidvollen Transporte“ von Tieren aus der EU in Drittländer zuverlässig unterbunden werden könnten. So verlangt er unter anderem, dass ein „Echtzeit-Zugang zu den Daten der Navigationssysteme der Transportfahrzeuge während des Transports für die zuständigen Behörden künftig Voraussetzung für eine Abfertigung“ von Rinder-Exporten sein müsse.
Von Mühldorf via Ungarn nach Usbekistan
Worum geht es bei den jetzt aufgetauchten, falsch deklarierten Exporten von trächtigen Kalbinnen nach Usbekistan via Ungarn? Zunächst um rund 30 Tiere aus Ober- und Niederbayern, für die die zuständigen Veterinärämter sogenannte Vorzeugnisse auszustellen hatten. Mit solchen Zeugnissen wird im Wesentlichen die Gesundheit der Tiere attestiert.
Vom Zuchtverband für Fleckvieh Oberbayern Ost (Mühldorf am Inn) wurden die zuständigen Veterinärämter beschieden, dass die Kalbinnen nach Ungarn als Endbestimmungsland exportiert werden. Von dort sind die Kalbinnen nach Informationen des Veterinäramts Landshut und weiterer bayerischer Behörden ohne große Umschweife nach Usbekistan weitertransportiert worden.
Bekanntlich hat das Landratsamt Landshut im vergangenen Jahr die Ausstellung von Vorzeugnissen gestoppt, nachdem ein Tiermediziner und ein Jurist in einer Fachzeitschrift eingehend die tierquälerischen Transporte und die Schlachtung der angeblich für den Aufbau einer Rinderzucht exportierten Tiere dargelegt hatten. Die beiden Autoren machten deutlich, dass sich Veterinäre durch ihre Mitwirkung am Beginn der Ereigniskette der Beihilfe zur Tierquälerei schuldig machten.
Versorgungs-Stationen bestehen nur auf Papier
Vor diesem Hintergrund verweigerten die Amtstierärzte des Veterinäramts Landshut umgehend und mit uneingeschränkter Rückdeckung durch den Landkreis-Chef Landrat Peter Dreier die Ausstellung weiterer Vorzeugnisse. Viele Landratsämter in Bayern sowie bundesweit von Schleswig bis in den Schwarzwald sind dem Landshuter Beispiel gefolgt.
Die Autoren des Fachartikels berichteten von „Fesselung, Griffen in die Augen, mehrfach hintereinander ausgeführten Entblutungsschnitten, minutenlang währenden Todeskämpfen“. Vor der Horrorschlachtung haben die Tiere schon Tausende von Kilometern Lkw-Transport hinter sich. Nach geltendem EU-Recht müssten die Tiere bis zum Zielort in regelmäßigen Abstanden Ruhepausen erhalten, gefüttert und getränkt werden.
Dass diese gesetzlichen Vorgaben erfüllt werden, bestätigen alle gerne, die am Export verdienen, wenn nachgefragt wird (wie zum Beispiel durchs Landratsamt Landshut). Dass solche „Zusicherungen offenkundig unwahr sind, ist im Sommer 2019 durch eine Reise der Landestierschutz-Beauftragten des Landes Hessen gemeinsam mit drei weiteren Amtstierärztinnen aus Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein zweifelsfrei belegt worden“, betont Landrat Dreier.
Die vier Fachfrauen stellten fest, dass keine der in den Transport-Papieren angegebenen Örtlichkeiten den EU-Anforderungen annähernd entspricht: Sie sind völlig ungeeignet oder es gibt sie überhaupt nicht, in einem Fall handelt es sich gar um eine Adresse in der Moskauer Innenstadt.
Dreier: Warum zahlt man keine Schlachtprämie?
Dem Vernehmen nach erhalten Landwirte, die trächtige Kalbinnen in Nicht-EU-Staaten exportieren, über 2000 Euro – spürbar mehr als im EU-Binnenmarkt zu erzielen sind. „Warum können der deutsche Staat oder die EU mit ihrem gigantischen Fördertopf für die Landwirtschaft nicht Schlachtprämien zahlen und damit jeden Anreiz für diesen Irrsinn mit einem Schlag beseitigen?“, fragt Landrat Dreier. Der Landrat hat in der Sache bereits mit MdEP Manfred Weber (CSU) gesprochen.
Auch die Behauptungen, die Kalbinnen würden in Mittelasien zum Aufbau von Rinderherden gebraucht, sind nachweislich falsch: Landrat Dreier und die Fachleute seines Veterinäramts verweisen auf einen Artikel in der Fachzeitschrift Deutsches Tierärzteblatt (August-Ausgabe). Darin schildern Fachleute unter anderem, dass trotz langjähriger Rinder-Importe der Rinderbestand zum Beispiel in Usbekistan gleichgeblieben ist. Die Experten verwundert das nicht: Die auf Hochleistung gezüchteten Rinder aus Mitteleuropa finden in Ländern wie den mittelasiatischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion nicht die Voraussetzungen finden, um zu gedeihen.