Karpaltunnelsyndrom – Wenn die Hand einschläft
(ra) Welche wichtige Bedeutung die Funktionsfähigkeit der Hände hat und wie viele Menschen unter Beschwerden leiden, zeigte sich am Mittwoch beim Informationsabend zum Thema Karpaltunnel- und Ulnarisrinnensyndrom im Hörsaal am Krankenhaus Landshut-Achdorf. Dr. Hendrik Schöll, Leitender Oberarzt der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie, informierte über 160 Zuhörer über die Anatomie des Handgelenks, Ursachen für das Kribbeln in der Hand und konservative sowie operative Therapiemöglichkeiten.

Foto: LAKUMED Kliniken
„Sie lesen Zeitung, sind mit dem Fahrrad unterwegs oder wachen nachts auf, weil plötzlich die Hand kribbelt“, sagte Dr. Hendrik Schöll gestern Abend zu Beginn seines Vortrags im bis auf den letzten Platz gefüllten Hörsaal des Krankenhauses Landshut-Achdorf. „ Es gibt drei Nerven, die für das Gefühl in den Fingern verantwortlich sind: zu den wichtigsten gehören der Mittelnerv (Nervus medianus) und der Ellennerv (Nervus ulnaris)“, erklärte Dr. Schöll. Die Mittelnerv beispielsweise verläuft auf Höhe des Handgelenkes, unter anderem zusammen mit Beugesehnen der Fingern, durch den sogenannten Karpaltunnel.
Aufgrund verschiedener Ursachen kann es zu einer Kompression der Nerven in dem Tunnel kommen. „Dies äußert sich durch Missempfinden oder Kribbeln in den Fingern, elektrische Schläge, Gefühlsstörungen oder Ungeschicklichkeit beim Halten von kleinen Gegenständen“, so Dr. Schöll. „Im Spätstadium ist auch ein Rückgang der Muskulatur am Daumenballen zu beobachten.“ Oft finden sich keine spezifischen Ursachen für das Entstehen eines Karpaltunnelsyndroms. Jedoch können die unterschiedlichsten Ursachen, wie Überlastung oder Abnützung des Handgelenks, Sehnenscheidenentzündungen, hormonelle Einflüsse, Verrenkungen, fehlverheilte Brüche und rheumatologische Erkrankungen zur Entstehung beitragen, berichtete Dr. Schöll.
Schläft die Hand häufig ein, empfiehlt sich das Gespräch mit einem Arzt. Dieser wird die persönliche Vorgeschichte des Patienten erfragen. Im Rahmen einer neurologischen Untersuchung wird die Geschwindigkeit gemessen, mit der die Reize in den Nervenbahnen an verschiedenen Stellen des Körpers weitergeleitet werden. Liegen bei diesen Untersuchungen Hinweise auf ein Karpaltunnelsyndrom vor, empfiehlt sich die Weiterbehandlung durch einen Handchirurgen.
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Abhängig von Dauer und Ausprägung der Beschwerden kommen eine konservative oder operative Therapiemethode in Frage. „Im Frühstadium, besonders bei nächtlichem Kribbeln, schafft eine Nachtlagerungsschiene oftmals Linderung“, so Dr. Schöll. Auch das Spritzen von Kortison ist in manchen Fällen hilfreich, sollte aber eher zurückhaltend zur Anwendung kommen. „Bei anhaltenden Gefühlsstörungen, Kraftverlust des Daumens und bei erfolgloser konservativer Therapie sollte allerdings eine Operation in Betracht gezogen werden“, erklärte Dr. Schöll.
Bei der Operation, die unter örtlicher Betäubung ambulant durchgeführt wird und rund zehn bis 20 Minuten dauert, wird in der Handfläche ein kleiner Schnitt gemacht. Damit erhält der Operateur Zugang zum Dach des Karpaltunnels – ein bindegewebiges Band, welches er durchtrennt, um so ausreichend Platz für den Nerv zu schaffen. „Nach dem Eingriff trägt der Patient für einige Tage einen Verband, manchmal zusammen mit einer Schiene“, sagte Dr. Schöll. Mit Hilfe abschwellender medikamentöser Therapie und Krankengymnastik kommt die volle Funktionsfähigkeit innerhalb weniger Wochen wieder zurück. Das nächtliche Kribbeln ist meist sofort vorüber, die Gefühlsstörungen normalisieren sich innerhalb weniger Wochen.
Das Karpaltunnel-Syndrom tritt meist zwischen dem 40 und 70. Lebensjahr auf, Frauen und Übergewichtige sind deutlich häufiger betroffen. In 80 Prozent der Fälle finden sich die Beschwerden an beiden Händen. „Wichtig ist zu bedenken, dass eine dauerhafte Kompression der Nerven zu irreparablem Nervenschaden führt“, so Dr. Schöll. Daher sollten Betroffene bei Beschwerden unbedingt zeitnah ärztlichen Rat einholen.
Im Anschluss an den Vortrag beantworteten Dr. Hendrik Schöll und Dr. Patrik Hartl, Chefarzt der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie am Krankenhaus Landshut-Achdorf, die persönlichen Fragen der Zuhörer.