Jahrestagung der Gastroenterologen in Straubing
(ra) Eine 20 Meter lange aufblasbare und begehbare zartrosa Schlange mitten am Straubinger Stadtplatz – das größte Modell vom menschlichen Darm in Europa sollte bewusst provozieren und die Bevölkerung zur Vorsorge motivieren. Die Aktion war der Startschuss für die 44. Jahrestagung der Gesellschaft für Gastroenterologie in Bayern, die vom 15. Bis 17. Juni in Straubing stattfand. 400 Fachärzte für die Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes tauschten in über 80 Referaten das neueste Fachwissen aus. Die Teilnehmerzahl sei rekordverdächtig, sagte der Tagungspräsident, Prof. Dr. Norbert Weigert, Chefarzt der I. Medizinischen Klinik am Klinikum St. Elisabeth. Vom geballten ärztlichen Sachverstand sollten aber auch die Patienten profitieren: „Wir wollen einen Anstoß geben, sich mit dem Darm auseinanderzusetzen“, sagte Prof. Weigert bei der Eröffnung am Stadtplatz.
Dieses Hochleistungsorgan arbeite meistens unbemerkt, dabei würden im Laufe eines Lebens 40 000 Kilogramm Nahrung verarbeitet. Ein Grund, sich darum zu kümmern, denn am Darmkrebs würden fünf- bis sechsmal mehr Menschen sterben als bei Verkehrsunfällen, erläuterte der Straubinger Gastroenterologe. Weigert warb für einen gesunden Lebensstil mit viel Bewegung, ohne Rauchen und mit möglichst wenig Alkohol und dafür, die Vorsorge ernst zu nehmen, „auch wenn nichts weh tut“.
Gängige Vorbehalte gegen die Darmspiegelung versuchte er auszuräumen: „Man muss vorher nur noch zwei Liter Abführlösung trinken und von der Untersuchung selbst bekommt man im Dämmerschlaf nichts mit“. Bei einer Führung am Mittwochvormittag durch das Darmmodell zusammen mit Oberbürgermeister Markus Pannermayr und Klinikumsgeschäftsführer Dr. Christoph Scheu demonstrierte Weigert zusammen mit seinem Co-Präsidenten Dr. Roland Ott aus München wie relativ einfach Darmpolypen und damit mögliche Krebsvorstufen bereits bei der Spiegelung entfernt werden können – Vorsorge, bevor der Tumor entsteht.
Auch die Bevölkerung machte regen Gebrauch vom Informationsangebot in dem begehbaren Organ, das die Felix-Burda-Stiftung zur Verfügung gestellt hatte. Häufige Fragen waren „Zahlt die Darmspiegelung die Kasse?“ oder „Wie oft muss ich es machen lassen?“. Antwort von Oberarzt Dr. Gert Müller: „Die Kasse zahlt ab dem 55. Lebensjahr, bei Vorbelastung auch schon früher, und wenn es keinen Befund gab, reicht die Untersuchung alle zehn Jahre“.
Die Tatsache, dass der renommierte Kongress der Gastroenterologen mit hochkarätigen Referenten aus ganz Deutschland in Straubing stattfinde, wertete Weigert als „Auszeichnung für das Klinikum“, dessen zertifiziertes Darmzentrum zur Spitzengruppe zähle. Schwerpunkte der Tagung seien unter anderem Methoden, Sedierung und Hygiene bei der Endoskopie, verbunden mit einer Fortbildung für Ärzte und Assistenzpersonal. Außerdem beschäftigten sich die Mediziner mit neuen Erkenntnissen aus der Onkologie, also der Forschung über Tumorerkrankungen und die Therapie von Krebspatienten, vor allem mit der Frage der Schaden-/Nutzenabwägung bei älteren Patienten. Ein weiterer Fokus liege auf chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, die auf dem Vormarsch seien, so Weigert. In einem eigenen Block stellten Vertreter der bayerischen Universitätskliniken aktuelle Forschungsergebnisse vor.
Zwei Vorträge am Abend zu den Themen Reizdarmsyndrom und Nahrungsmittelunverträglichkeit mit Prof. Dr. Christian Pehl (Vilsbiburg) und Prof. Dr. Martin Storr (Starnberg) rundeten die Patienteninformation anlässlich der Ärztetagung ab.
Die Mediziner selbst konnten ihre praktischen Kenntnisse bei einem Workshop zum Kontrastmittelultraschall erweitern. 20 Patienten des Klinikums St. Elisabeth stellten sich freiwillig zur Verfügung, um diese aussagekräftige und im Gegensatz zum Computertomogramm belastungsfreie Untersuchungsmethode zu testen. Namhafte Experten demonstrierten die Diagnostik, die allerdings neben hochwertigen und modernen Geräten sehr gute Ausbildung und viel Erfahrung erfordert.