Infoabend von Integrationskreis und KAB: Aus Fremde werden Freunde
(ra) Derzeit sind laut dem Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) der Vereinten Nationen über 65 Millionen Menschen auf der Flucht, aus unterschiedlichen Gründen. Nicht alle wollen und können nach Europa kommen und doch sind wir an den Fluchtursachen oft beteiligt, unsere Politik dafür mitverantwortlich und ehrenamtliches Engagement gefordert. Bei einem Infoabend am Mittwoch in Taufkirchen gingen Vertreter der KAB und des Integrationskreises näher auf die Thematik ein.
„Wir schaffen das“, verkündete Angela Merkel im September letzten Jahres über alle Kanäle, während Horst Seehofer das autoritär geführte Saudi-Arabien als Stabilitätsanker im Mittleren Osten pries und das Regime weiterhin mit Kriegsgerät versorgen will. Und das obwohl die Saudis mit Katar einen Angriffskrieg gegen den Jemen anführen. Dabei geht es, wie so oft, um Erdöl. Der Jemen verfügt zwar nur über wenig Ölvorkommen, doch über die Meerenge Bab al-Mandab vor der jemenitischen Küste werden täglich rund vier Millionen Barrel Öl transportiert. Sie ist zudem eine wichtige Verbindung zwischen dem Mittelmeer und Asien.
Auch in Syrien, aus dem aktuell 46 Flüchtlinge in Taufkirchen untergekommen sind, mischt das saudische Königreich kräftig mit. Zu Beginn des Arabischen Frühlings waren sich Experten einig, dass es im säkularen Syrien zu keiner Revolutionen kommen wird. Die Terrorgruppen des Islamischen Staates (IS), die, wie Al Kaida, erst durch Militärinterventionen des Westens entstanden, werden kräftig unterstützt von Saudi-Arabien und Katar. Unterstützung erhalten auch die gemäßigten Rebellen der „Freien Syrischen Armee“ durch die USA. Rußland und der Iran unterstützen das regierende Assad-Regime.
Die meisten Asylanträge wurden laut UNHCR im Jahr 2014 in Rußland gestellt. Das überrascht zunächst und ist Folge des Bürgerkrieges im Osten der Ukraine. Auch hier spielen geopolitische Interessen die entscheidende Rolle. Während Putin die europäische Abhängigkeit vom russischen Gas erhalten will, haben sich westliche Konzerne die lukrativen Frackinggebiete samt Förderlizenzen in der umkämpften Region gesichert.
Neben dem Kampf um Ressourcen trägt auch die Handelspolitik Europas dazu bei, dass die Menschen in ihrer Heimat keine Perspektiven haben. Mit Handelsabkommen werden die Länder des Südens dazu gezwungen ihre Märkte zu öffnen. Mit subventionierten landwirtschaftlichen Produkten aus der EU und den USA wurden die dortigen, kleinteiligen Landwirtschaften und die letzten regional funktionierenden Märkte zerstört. Auch ist der Lebensstil in der westlichen Welt nicht auf alle Entwicklungs- und Schwellenländer übertragbar. Schon jetzt müssen Menschen wegen Klimakatastrophen oder ausbleibendem Regen ihr Land verlassen.
„Es ist nicht einfach die Fluchtursachen zu bekämpfen und es sieht aktuell nicht wirklich danach aus, dass die Politik ernsthaft etwas verändern will. Aber als Zivilgesellschaft sind wir aufgerufen, nicht nur zu helfen, sondern auch gegenüber den Politikern unseren Mund aufzumachen“, fordert KAB-Vorsitzender Josef Aigner.
Der Diözesanpräses der KAB, Pfarrer Ulrich Bensch, ging in seinem Referat auf mögliche Ängste der Bevölkerung ein. „Natürlich gibt es die Angst vor Überfremdung oder auch islamischem Terror. Dem ist entgegenzusetzen: Terrorismus ist keine Folge des Islam, sondern eine Verzerrung und ein Missbrauch von Religion. Denn jede Hochreligion gipfelt in der Gottesverehrung und in der Liebe. Jede Art von Terrorismus aber ist geboren aus sozialem Elend und mangelnder Bildung, wie wir aus unserer verhängnisvollen deutschen Geschichte wissen.“
Thomas Reger vom Integrationskreis berichtete von den vielen positiven Erlebnissen, die er mit seinen Flüchtlingen tagtäglich erlebt. Was mit weiteren Beiträgen aus dem Helferkreis ergänzt und mehr als bestätigt wurde. „Ängste und Vorurteile verschwinden, wenn man miteinander redet, dazu bietet sich ein Besuch in der Tee-Stube an“, so Reger. Auch die vielen Vereine in Taufkirchen können bei der Integration weiter eine wichtige Rolle spielen. Das Taufkirchner Netzwerk hat sich gut organisiert und arbeitet eng mit den Behörden zusammen. „Hilfe zur Selbsthilfe“ wollen die engagierten Taufkirchner leisten, keine Abhängigkeiten schaffen sondern Freundschaften aufbauen. Mit einer leidenschaftlich vorgetragenen Präsentation, „Wenn die Welt ein kleines Dorf mit 100 Menschen wäre“, begeisterte und informierte Reger die Gäste. So hätten zum Beispiel lediglich 25 Bewohner des Dorfes die Hautfarbe weiß.
Der gemeinsame Wunsch von KAB und Integrationskreis ist es, unsere Welt als gemeinsames Dorf zu sehen. Wer mehr über den Integrationskreis erfahren möchte, sich einbringen will, bei einem Verein oder ehrenamtlichen Gruppierung aktiv ist und Ideen für intergierende Maßnahmen hat, kann sich gerne an Jutta Jansen oder Thomas Reger wenden.