Aus dem Gerichtssaal

Im Kaufwahn Modeartikel im Wert von fast 10.000 Euro bestellt – aber nicht bezahlt

(jh) Die Angeklagte Claudia F. (43) hat es für einen Außenstehenden gewaltig übertrieben: In 18 Fällen bestellte sie online bei einem Modehaus Ware im Wert von fast 10.000 Euro bestellt, aber sie bezahlte diese Lieferungen nicht. Doch was hatte zu diesem Einkaufswahn geführt? Es war eine soziale Phobie, die ursächlich für das Verhalten der 43-Jährigen war und weshalb sie am Dienstag in Staubing auch auf der Anklagebank des Schöffengerichts saß.

Claudia F. hatte nach der Volksschule eine Ausbidlung absolviert. Aber schon damals zeichnete sich ab, dass die junge Frau unser psychischen Problemen leidet. Auf dem Arbeitsmarkt versagte sie. Ihre Krankheit stellte sich immer wieder in den Weg. Und immer mehr begann Claudia F. sich zurückzuziehen und isoliert zu leben.

Vor drei Jahren begann sie – in ihrer Isolation – im Internet Ware zu bestellen. Innerhalb weniger Monate bestellte sie – mit unterschiedlichen Rechnungsanschriften – bei einem Modeversand Ware. Die Lieferung erfolgte natürlich an ihre private Adresse. Ans Bezahlen hatte sie nicht gedacht – mit was auch? Claudia F. bezieht Hartz IV.

Nach einem dreiviertel Jahr war Schluss. Der Versandhandel stellte die Belieferung ein und erstattete Anzeige. Mehr als zwei Jahre dauerten die polizeilichen Ermittlungen – warum auch immer! In der Anklageschrift zitierte die Staatsanwälte daraus einen gewerbsmäßigen Betrug, denn die 43-Jährige hatte Ware aus dieser illegal erworbenen Lieferung weiterkauft. Unter anderem über die Auktionsplattform ebay hatte sie ein Bekleidungsstück angeboten. Verschärfend kam hin zu, dass sie in diesem Fall die Ware nicht lieferte, obwohl sie das Geld dafür erhalten hatte. Auch ein Fall von Betrug.

Zu Beginn der Verhandlung vor dem Schöffengericht beim Amtsgericht Straubing am Dienstag, hatte die Vorsitzende Richterin zu einem Rechtsgespräch gebeten. Immerhin war ein äußerst umfangreicher Prozess angestanden. Die Angeklagte hatte daraufhin die Vorwürfe eingeräumt. Sie gestand ein, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft richtig seien, wollte aber feststellen, dass sie kein einziges Kleidungsstück bestellt habe, um es weiter zu verkaufen – und damit ihre finanzielle Lage zu verbessern. Dennoch räumte sie ein, dass das ein oder andere Kleidungsstück nicht gepasst habe und sie es deshalb weiterverkauft habe.

Ja, sie würde den Schaden gern regulieren, so versicherte sie, aber bei ihrer aktuell finanziell angespannten Lage sei kaum eine Rückzahlung möglich. Hinzu kommt, dass die Angeklagte keinem Arbeitsverhältnis nachgehen könne. Die Rede war von einer „Frühberentung“. Laut einem ärztlichen Gutachten leide Claudia F. an ausgeprägten Angstzuständen. Eine soziale Phobie erforderte nicht nur eine medikamentöse Indikation. Seit mehreren Wochen ist die Angeklagte auch in psychotherapeutischer Behandlung, lebt in einer betreuten Einzelwohnung und wird auf ihrem Lebensweg entsprechend begleitet.

Vor vier Jahren war Claudia F. schon einmal in ähnlicher Form polizeilich aufgefallen. Das fiel bei der Staatsanwältin negativ ins Gewicht. Andererseits räumte diese der Angeklagten einige Pluspunkte ein – so etwa die versuchte Schadensregulierung, mehr aber die psychischen Probleme. Ihre Forderung lautete daher auch: eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die ihrer Ansicht nach zur Bewährung ausgesetzt werden können.

Für die Verteidigerin bliebt nicht mehr viel übrig, was sie sonst noch anmerken konnte. „Meine Mandantin will ihr Leben wieder in den Griff bekommen, sie wird von zwei sozialpädagogischen Betreuern begleitet,“ begründete sie eine Freiheitsstrafe von einem Jahr als ausreichend.

Das Urteil lag – wie in vielen Fällen in der Mitte: Die Vorsitzende Richterin des Schöffengerichts verurteilte Clauida F. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Die Strafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden. Als Auflage gehört unter anderem dazu, dass sich die Angeklagte weiterhin der psychosozialen Therapie unterzieht und zusätzlich von einem Bewährungshelfer begleitet wird.