„Erinnern heißt kämpfen“ – Landshut gedenkt dem 80. Jahrestag der Reichspogromnacht
(ra) Es war der 80. Jahrestag der Reichspogromnacht, den Jugendorganisationen in Landshut am Freitag genutzt haben, an diesen Tag nicht nur zurückzublicken, sondern auch zu nutzen, die gegenwärtige Situation in den Fokus zu stellen.
Es waren etwa 150 Teilnehmer, die sich auf den Weg von der Heilig-Geist-Kirche zum Dreifaltigkeitsplatz um den Opfern des nationalsozialistischen Deutschlands machten.
Anlässlich des 80. Jahrestags hatten die DGB-Jugend, der BDKJ, die Evangelische Jugend und der Bezirksjugendring Niederbayern zum gemeinsamen Gedenken eingeladen. Es war ein Wendepunkt von der Ausgrenzung und Entrechtung hin zu Vertreibung und Vernichtung jüdischen Lebens. Die Besucher wurden vom evangelischen Pfarrer Schmidt-Pasedag und der Jugenddiakonin Annika Peter begrüßt. Beide forderten die Menschen auf mutiger zu bekennen, treuer zu beten, fröhlicher zu glauben und brennender zu lieben um selbst ein Licht in der Dunkelheit zu sein.
Anschließend reihten sich die Menschen, im Schein der Kerzen, hinter dem Banner mit der Aufschrift „Erinnern heißt kämpfen“ ein, um gemeinsam durch die Altstadt zum Platz des früheren jüdischen Ghettos zu ziehen. Dabei gedachten sie an den Stolpersteinen vor der Parfümerie Douglas den Familien Hirsch und Landauer. Deren Schicksal unterschiedlicher nicht sein konnte.
So emigrierte zum Beispiel die Familie Landauer aufgrund der Verfolgung durch die Nationalsozialisten nach England und fing, bar jeglicher finanzieller Mittel ein neues Leben an. Die Familie Hirsch harrte zum Teil in Landshut aus und bezahlte dies mit ihrem Leben. Anlässlich der Gedenkfeier besuchte die Familie Landor wie sich die Familie Landauer nach der Emigration nannte, die Gedenkveranstaltung. Familie Marx deren auf Höhe der Postbank gedacht wurde, gelang in Teilen die Flucht nach New York. Die verbliebenen Familienmitglieder fielen dem Rassenwahn der Nationalsozialisten zum Opfer. Am Dreifaltigkeitsplatz, dem ehemaligen Ort des jüdischen Ghettos, empfing der DGB-Jugendsekretär Martin Birkner die Teilnehmenden zur Abschlusskundgebung.
Birkner fordert eine rote Linie ein, die nicht zu überschreiten sein sollte. „Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Antisemitismus und die Umdeutung der Geschichte sind kein Teil des demokratischen Meinungsspektrums“ so Birkner. Er fordert die Parteien im Bayerischen Landtag auf, sich nicht von der AfD treiben zu lassen.
Die Bundeskanzlerin schrieb in das Gästebuch der Gedenkstätte Yad Vashem, dass Deutschland Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Hass und Gewalt entgegentreten müsse. Der Gewerkschaftsfunktionär Jakob Kelsch, dessen Rede unter dem Eindruck der Gedenkfahrt nach Auschwitz stand, stellte fest, dass überall auf der Welt wieder neue Kräfte erstarken, die sich diese entmenschlichenden Metaphern zu Nutze machen. „Sie wollen uns weiß machen, es handele sich bei den Geflüchteten, um eine unaufhaltsame Bedrohung, eine düstere Invasionsarmee von Fantasy-Ausmaßen, die unser Land an sich reißen und uns unserer Lebensgrundlage berauben möchte. Dass es sich einfach nur um Menschen handelt, Menschen, die sich nach Jahren von Leid und Not einfach nur das wünschen, was wir uns alle wünschen, nämlich ein gutes und sicheres Leben im Kreis unser Liebsten, wird dabei ausgeblendet.“ so Kelsch.
Schülerinnen des Gymnasiums der Schulstiftung Seligenthal stellten, die vielen unbekannte, jüdische Geschichte der Stadt Landshut vor und mahnten an, dass es Pogrome gegen Juden nicht erst in den Zeiten des Nationalsozialismus gab. Bereits im Jahr 1450 wurden die Landshuter Juden vom Herzog Ludwig der Reiche ihrer finanziellen Mittel beraubt und vertrieben.