Entwöhnung von der Beatmungsmaschine
(ra) Rund 60 Teilnehmer, bestehend aus Ärzten, Pflegepersonal, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen,
Mitarbeiterinnen des Sozialdienstes und außerklinischen Versorgern, nahmen am Mittwoch am 1. Interdisziplinären Weaning Symposium am Bezirksklinikum Mainkofen teil. Sie waren nach Mainkofen gekommen, um sich über das wichtige Thema „Beatmungsentwöhnung“ auszutauschen.
„Weaning“ bedeutet, Patienten von der Beatmungsmaschine schrittweise zu entwöhnen. Im Zentrum für Beatmungsentwöhnung am Neurologischen Zentrum am Bezirksklinikum Mainkofen steigen die Patientenzahlen stetig an. Nach einer Begrüßung durch Prof. Dr. Johannes Hamann, Ärztlicher Direktor, folgte eine Einführung in das Thema durch Prof. Dr. Tobias Schmidt-Wilcke, Chefarzt des Neurologischen Zentrums in Mainkofen. Darin bestätigte er eine insgesamt positive Entwicklung des Weanings in Deutschland: „In der Vergangenheit stand Weaning nicht im Fokus der Neurologischen Frührehabilitation, dies hat sich mittlerweile erfreulicherweise geändert.“
In insgesamt fünf Vorträgen wurde das Weaning aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Prof. Dr. Maximilian Malfertheiner, Medizinischer Direktor im Krankenhaus St. Maria (Klinik Donaustauf) legte den Schwerpunkt seines Vortrags „Erfolgreiches prolongiertes Weaning – immer ein Teamerfolg“ auf die Bedeutung der Teamarbeit. Ein funktionierendes interdisziplinäres Team und ein hohes Maß an Motivation seien ausschlaggebend für erfolgreiches Weaning. Zum Team gehörten immer Ärzte, Pflegende, Logopäden, Atmungstherapeuten, Physiotherapeuten, der Sozialdienst, Ernährungsberater und Psychologen.
Privatdozent Dr. Joachim Scheßl, Oberarzt der Intensiv- und Weaningstation am Neurologischen Zentrum in Mainkofen, erläuterte in seinem Vortrag „Zertifizierung von Weaningzentren in der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation“ die Prozesse und Anforderungen einer Zertifizierung und betonte dabei deren Bedeutung. Diese seien unter anderem eine wichtige Grundlage für einen konstruktiven Austausch über Behandlungsinhalte und -kapazitäten. „Die Bedeutung von Weaning nimmt weiter zu. Durch eine Zertifizierung wird die Struktur- und Prozessqualität gefestigt und verbessert, denn nach drei Jahren folgt ja auch schon die Re-Zertifizierung“, so Dr. Scheßl. Das Bezirksklinikum Mainkofen selbst war 2021 das erste Zentrum für Beatmungsentwöhnung in der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation in Süd-Ost Bayern.
Sönke Stanschus, M.A., Klinischer Linguist, präsentierte in seinem Vortrag eine „Fiberendoskopische Betrachtung des Sekretverhaltens im Weaning“ und erläuterte dabei auch die Bedeutung der engen Zusammenarbeit zwischen Logopäden und Atmungstherapeuten.
Es folgte ein Vortrag von Gabriele Sager, Gesundheits- und Krankenpflegerin und Atmungstherapeutin, und Daniela Freilinger, Gesundheits- und Krankenpflegerin und angehende Atmungstherapeutin am Neurologischen Zentrum Mainkofen, zu einem sehr speziellen Thema in der Atmungstherapie, dem „Einsatz von ACV: Above Cuff 1. Ventilation / 2. Vocalisation auf einer neurologischen Frühreha“. Beide erklärten die komplexen Abläufe der ACV und zeigten auf, welche Fortschritte dadurch bei den Patienten erreicht werden könnten. Im besten Fall werde in manchen Fällen das Sprechen erleichtert. „Die Phonation, wenn ein Patient sich wieder mitteilen kann, ist ein Quantensprung in der Behandlung“, betonten die Referentinnen.
In dem Vortrag „Ergotherapie und Physiotherapie bei Weaning Patienten“ erläuterte Leonie Hensel, Ergotherapeutin am Neurologischen Zentrum, die praktische Arbeit an den Patienten. Anhand von beeindruckenden Praxisbeispielen wurde deutlich, wie wichtig die frühzeitige Einbindung von Physio- und Ergotherapie für Weaning Patienten ist, um deren Körperfunktionen wiederherzustellen und die größtmögliche Selbständigkeit im Alltag wieder zu erreichen.
Zum Abschluss des Symposiums betonte Prof. Dr. Schmidt-Wilcke noch einmal die Bedeutung von Weaning in der Neurologischen Frührehabilitation und die Wichtigkeit des Zusammenspiels zwischen Ärzten und Therapeuten. Die Zusammenarbeit und der enge Austausch in dem interdisziplinären Weaning Team seien von höchster Bedeutung. Dabei sei eine ständige Prozessoptimierung unerlässlich. „Weaning Patienten werden in der Früh-Reha stark gefordert und gefördert. Dies ist Hochleistungssport, und im besten Fall erreicht man beeindruckende Erfolge.“ Arbeit gäbe es noch im Bereich der Interaktion mit der außerklinischen Intensivpflege (AKI). Nicht alle Patienten können erfolgreich geweant bzw.
dekanüliert werden, und müssten dann in die AKI, zum Beispiel in eine Beatmungs-WG entlassen werden. Dort muss aber der Reha-Prozess fortgeführt werden und ggf. nach einer gewissen Zeit ein erneuter Weaning- bzw. Dekanülierungsversuch in Absprache mit dem betreuenden Weaningzentrum erfolgen.