Aus dem Gerichtssaal

Ein Jahr Haft für extremes Foul auf dem Fußballplatz

(jh) Claudio M.(Name geändert!) kann mit seinen 29 Jahren die Fußballschuhe an den Nagel hängen. Der Fußballverband hatte ihm bereits Ende vergangenen Jahres eine lebenslange Sperre auf deutschen Fußballplätzen erteilt. Nun folgte eine strafrechtliche Ahnung. Am Amtsgericht Straubing wurde gegen den gebürtigen Portugieser eine einjährige Freiheitsstrafe verhängt. Was war der Grund für diese tiefgreifenden Entscheidungen?

Tatort war der Fußballplatz in Kirchroth. Dort hatte die heimische Elf am 16. September eine Mannschaft des FSV Straubing zu Gast. Die Begegnung war wenige Minuten vor Schlusspfiff bei einem Spielstand von 5:0 für die Gastgeber eigentlich schon entschieden. Claudio M. – in den Farben des FSV – wollte sich mit dieser Tatsache nicht abfinden. Als ein Kirchrother Spieler erneut mit dem Ball auf das gegnerische Tor zulief, spurtete ihm Claudio M. nach und trat gegen dessen Bein, so dass dieser zu Boden ging.

„Solche Fouls bin ich gewohnt“, sagte der Kirchrother als Zeuge vor Gericht aus. Ein Freistoß und die Angelegenheit wäre erledigt gewesen. Doch was dann kam, entbehrt jeglichem Sportsgeist. Just in dem Moment, als sich der Gefoulte wieder aufraffen wollte, versetzte ihm Claudio M. mit seinem Fuß einen Tritt in den Oberkörper. Anschließend schlug er mit seiner Faust dem Geschädigten noch ins Genick und gegen die Schläfe. Infolge dieser Attacke verschluckte der Kirchrother seine Zunge. Dadurch bekam er keine Luft mehr.

Die Zunge verschlucken kommt beim Fußballsport immer wieder einmal vor. Erste Hilfe unter Fußballprofis: Mailands Luca Castellazzi lag bei einem Spiel 2011 aufgrund eines Zurücksinkens der Zunge bewusstlos auf dem Rücken. Dejan Stankovic kümmerte sich in sekundenschnelle um seinen Mannschaftskollegen und rettete ihm so womöglich das Leben.

In Kirchroth war der Schiedsrichter der Lebensretter. Er erkannte die Notsituation und verhalf dem verletzten, nach Luft ringenden Spieler die Zunge in die ursprüngliche Position zu bringen. Zeitgleich schritten auch Spieler und Begleiter des FSV ein, entfernten Claudio M. von Platz und brachten in ihn die Umkleidekabine. Im Krankenhaus wurden dem Opfer Prellungen, Hämatome und eine leichte Gehirnerschütterung attestiert.

„Wieso diese unsportliche Attacke?“, wollte die Richterin wissen. Der Portugiese erklärte dies so: „Ich habe zu viel Herzblut in das Spiel gelegt. Wir waren in dieser Meisterschaft immer am letzten Tabellenplatz. Als ich auf den Gegenspieler zulief, gingen meine Emotionen durch. Ich weiß, dass ich nicht im Recht war.“

Für den Schiedsrichter, der ebenfalls als Zeuge aussagte, war es bis zu diesem Vorfall kurz vor Ende der regulären Spielzeit ein „ganz normales Spiel“. Ja, er hatte bereits zwei Mal die „Rote Karte“ gezeigt, hatte aber nicht den Eindruck, dass die Stimmung gekocht hätte. Claudio M. sei während der gesamten Begegnung keineswegs durch ein unfaires Verhalten aufgefallen.

Dass es auf dem Spielfeld nicht immer regelkonform zugehe, das wusste auch der Staatsanwalt: „Es kommen halt Fouls vor“. Doch was nach dem groben Foul des Angeklagten folgte, ist nicht mit entschuldbar. „Sie haben jegliches Maß verloren“, warf er dem ehemaligen FSV-Spieler vor. Er könnte verstehen, das jemand bei diesem Rückstand frustriert sei, was aber noch lange nicht erlaube, so mit seinem Gegner umzugehen.

Der Angeklagte ist bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten, sei auch sonst auf dem Rasen nicht als unfairer Spieler sonderlich aufgefallen, doch das brutale Vorgehen auf dem Platz in Kirchroth hat entsprechende Konsequenzen nach sich gezogen. Sportrechtlich wurde er mit einer lebenslangen Sperre bereits verurteilt. Strafrechtlich forderte der Staatsanwalt wegen einer gefährlichen Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von einem Jahre, die gegen eine Geldauflage von 1.500 Euro zur Bewährung ausgesetzt werden könnte.

Diesem Antrag folgte die Richterin. „Es ist Zeit, ein Zeichen zu setzten“, sagte sie während der mündlichen Urteilsbegründung. In letzter Zeit müsse immer öfters eine Verrohung auf dem Fußballplatz festgestellt werden. „Das ist ein klarer Verstoß gegen das Fairplay-Prinzip.“