Der „Fleischpapst“ Ludwig Maurer aus Rattenberg
(obx) Manchmal im Leben muss man sich einfach neu erfinden: Das wusste der heute 38-jährige Ludwig Mauerer, den seine Freunde „Lucki“ nennen, als der erste Versuch, den elterlichen Hof in Schergengrub bei Rattenberg im niederbayerischen Landkreis Straubing-Bogen Mitte des letzten Jahrzehnts wirtschaftlich rentabel zu machen, nicht den gewünschten finanziellen Erfolg brachte. Die Lämmer, die er züchtete, erfreuten sich zwar bei Gourmets größter Beliebtheit. Am Jahresende blieb aber so gut wie kein Gewinn übrig.
Die Eingebung brachte dem gelernten Koch und Küchenmeister dann ein Besuch auf einer Messe in München: Dort zahlten Hungrige mehr als zehn Euro für 50 Gramm Rindfleisch; aber eben nicht für irgendein Rindfleisch, sondern für „Wagyu“, das aus Japan stammende Edel-Beef. Dieses Erlebnis löste alles aus – und es war vor genau zwölf Jahren der Start einer Erfolgsgeschichte mitten im Bayerischen Wald, die heute die Herzen von Gourmets und Öko-Fans gleichermaßen höherschlagen lässt.

Ludwig Maurer stammt aus einer alteingesessen Gastronomen- und Wirtsfamilie aus Schergengrub, das rund eine Autostunde östlich von Regensburg liegt. Zum Maurerhof gehörte über viele Jahrzehnte auch eine Viehzucht. Die stellten die Eltern ein, als sich der Verkauf der Tiere immer weniger lohnte. „1994 wurden alle Tiere verkauft und alle landwirtschaftlichen Flächen verpachtet“, erinnert sich Maurer, der mit 15 Jahren eine Ausbildung als Koch begann. Später absolvierte er eine Lehre als Hotelfachmann, absolvierte und qualifizierte sich danach zum staatlich geprüften Küchenmeister weiter.
2003 trifft er seinen kulinarischen „Ziehvater“, den Sternekoch Stefan Marquard. Mit ihm verbindet ihn bis heute eine tiefe Freundschaft. Für ihn hat er über zehn Jahre lang Events und Kochveranstaltungen in führender Position umgesetzt. Stationen waren neben ganz Deutschland auch die Schweiz, Dänemark, Ungarn, Griechenland, die Türkei und Australien.

Die 36 Hektar Fläche des elterlichen Guts, auf denen bis in die neunziger Jahre noch Kühe gegrast hatten, waren inzwischen zu einer Plantage für Weihnachtsbäume geworden. 2006 übergaben Luckis Eltern dem Sohn und seiner Frau Stephanie den Hof. Und dann kam die große Frage: Was wird aus dem Hof? Zuerst probierten es die beiden mit Gourmet-Lämmern, die aber eben nicht den gewünschten betriebswirtschaftlichen Erfolg brachten. 2007 wagte er mit 26 Jahren dann den großen Schritt, der sein Leben verändern sollte: er startete mit der Zucht von Wagyu-Rindern auf Öko-Basis – ein Experiment, das vorher noch niemand in Deutschland gewagt hatte.
„Wagyu-Rinder sind schwarz und vom Aussehen den Angus-Rindern ähnlich. Sie dienten vor einigen hundert Jahren den japanischen Bauern ausschließlich als Zugtiere bei der Arbeit in den terrassenförmigen Reisfeldern“, sagt Maurer. Das Besondere an Wagyufleisch ist die feine Fettmarmorierung. Der höchste je auf einer Auktion gezahlte Preis für japanisches Koberind betrug 43.000 Euro pro Kilo.
Heute umfasst Lucki Maurers Herde 60 Tiere. „Die beiden Stierkälbchen Tango und Kassandro waren die ersten beiden Wagyu-Rinder, die in Bayern geboren wurden und entstammen der belgischen Edelzucht der Chateaux-Serie“, sagt er. Seitdem er selbst zum Rinderzüchter geworden ist, hat sich auch Lucki Maurers Blick auf Lebensmittel, Ernährung und Fleisch verändert. Er propagiert heute eine Philosophie, die das Tier als Fleischlieferanten nicht nur auf die besten Stücke reduziert. Sein Credo heißt: ein Lebewesen vom Kopf bis zum Schwanz komplett zu verarbeiten – aus „Respekt gegenüber dem Lebensmittel Fleisch“, wie er sagt.

Mit seinem Wissen rund um den Genuss, der auch in sonst verschmähten Stücken jenseits von Roastbeef und Rinderfilet steckt, ist Maurer heute als Autor und Experte im Fernsehen gefragt. Zu seinem Spezialgebiet Fleisch und der ganzheitlichen Verarbeitung gibt er Praxisworkshops für Köche und unterrichtet angehende Küchenmeister. Mit seinem 270 Seiten starken Werk „Fleisch“, ausgezeichnet unter anderem mit dem „World Cookbook Award“, avancierte er in der Koch- und Gastroszene und auch bei den Medien endgültig zum „Fleischexperten“.
Zur Weltausstellung 2015 in Mailand bekochte Lucki Maurer drei Tage lang als oberster „kulinarischer Botschafter“ der Bundesrepublik die Gäste im VIP-Restaurant des deutschen Pavillons. Ein Fernsehsender engagierte ihn als Gastjuror für das Kochformat „The Taste“. Auch mit seinem Cateringangebot hat sich Maurer weit über die Region hinaus einen Namen gemacht.

Momentan konzentriert sich Lucki auf sein neuestes Projekt, das – ganz im Bayerwald-Dialekt gehalten – „Stoi“, also Stall heißt. Gemeinsam mit seiner Frau verwandelte der Fleischexperte und Naturliebhaber den ehemaligen Stall in ein Restaurant mit Kochschule und „Wagyumanufaktur“. 2016 öffnete der „Gourmet-Stall“ nach dem erfolgreichen Abschluss des aufwendigen Umbaus, den Maurer in Eigenregie stemmte, für die ersten Kochkurse. Dabei steht der 38-Jährige stets selbst am Herd und er führt seine Gäste auch zu den edlen Tieren.

Vor zwei Jahren machte der naturverbundene Kochprofi aus dem Bayerwald nun Ernst mit seinem lang gehegten Traum: „Der ‚Stoi“ ist seit über 400 Jahren fest in Schergengrub verwurzelt und empfängt seither wieder Gäste als Pop-Up-Restaurant“, sagt er. Das Konzept: Es gibt keine regulären Öffnungszeiten und keine „Standard-Speisekarte“. Spitzenköche aus ganz Europa, vor allem Ausnahmeköche ohne eigenes Restaurant kochen stattdessen im „Stoi“ ihr „Signature-Menü“. „Das jeweilige Menü soll durch Kunst und Musik des Schöpfers, korrespondierende Getränke, ausgezeichneten Service sowie den geschichtsträchtigen Mauern des Restaurants zu einer einmaligen Komposition werden“, so der Stoi-Betreiber.
Mehr Informationen: https://www.ludwigmaurer.com – Fotos: (c) by Ludwig Maurer