10. Juni 2025
Landkreis LandshutRegion Landshut

Einst: Ungarische Cowboys und ihre Vieh-Trails nach Deutschland

(ra) Über mehrere Jahrhunderte, zwischen 1300 und 1850, trieben ungarische Reiter große Herden von Ochsen aus der Pußta bis nach Süddeutschland und Polen – vergleichbar den Cowboys im Mittleren Westen von Amerika im 19. Jahrhundert: Über diese heute weitgehend vergessenen Handelsbeziehungen, die der Versorgung weiter Teile Mitteleuropas mit Fleisch dienten, referiert die Regensburger Historikerin Gudrun Malcher am Dienstag, 26. März um 19.30 Uhr im Vortragssaal der VHS Landshut beim Historischen Verein für Niederbayern.

Der Vortrag mit dem Titel „Die Oxen-Connection“ hat einen sehr aktuellen Bezug: Wie in allen regionalen Medien berichtet, siedelt der Landschaftspflegeverband (LPV) für Stadt und Landkreis Landshut in wenigen Wochen in der Ochsenau vier ungarische Graurinder an. Das Areal umfasst etwa drei Hektar Weidefläche, die Ochsen stammen aus dem Nationalpark „Neusiedler See – Seewinkel“.

Von etwa 1300 bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden große Herden ungarischer Graurinder aus der Pußta in den süddeutschen Raum getrieben. Der Landschaftspflegeverband (LPV) für die Region Landshut siedelt in diesem Frühjahr wieder vier solcher Ochsen an im Rahmen eines ökologischen Projekts in der Ochsenau im Osten von Landshut. – Foto: Helmut Naneder, LPV Landshut

Bis zu 200.000 solcher Steppenochsen sind früher pro Jahr über ein weitverzweigtes Handelswegenetz von Ungarn nach Norden getrieben worden, um dort den Fleisch- und Materialhunger (Leder) zu stillen: Abnehmer fanden sich besonders in den großen Städten von Wien, Linz und Regensburg bis Landshut, Augsburg und Frankfurt und Krakau. Die Referentin stellt bei ihrem Vortrag die brillante Logistik dieser aufwändigen Handelsgeschäfte dar: Akteure des riskanten, aber auch äußerst lukrativen Geschäfts waren Viehbarone und Metzger ebenso wie Adelige, Pfarrer und die wagemutigen Hirten und ungarischen Cowboys.

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Das Lebensmittel- und das Gastgewerbe profitierten enorm von diesen Wirtschaftsbeziehungen, aber auch viele Handwerks-Zweige, das Militär und der Bergbau. Schriftquellen wie Urkunden und Prozess-Akten, Dokumente von Metzger-Zünften, das Geschäftsbuch der Runtinger (sie waren eine der führenden Regensburger Kaufmanns-Familien) oder auch Zollregister liefern wertvolle Fakten über dieses große Kapitel europäischer Wirtschaftsgeschichte, das mehr als ein halbes Jahrtausend umfasst. Die Schreibweise mit „x“ für Ochsen stammt übrigens aus alten süddeutschen Schriftquellen. Ergänzt werden diese Informationen durch die Ergebnisse archäologischer Ausgrabungen, der Altstraßen- und Flurnamen-Forschung sowie der Kunstgeschichte und der Volkskunde.